Ingolstadt
Ein Traum in Luftwaffengrau

29.10.2010 | Stand 03.12.2020, 3:31 Uhr

Ewiges Faszinosum Feuerwehr: Bernhard und Walter Jenisch (v. l.) karrten den Oldtimer am Freitag aus dem Depot – zur Freude von Museumsdirektor Ansgar Reiß (2. v. r.), und Harald Kneitz. - Fotos: Herbert

Ingolstadt (DK) Das ehrenamtliche Restauratorenteam des Kulturamts geht wieder ans Werk: Jetzt versetzen sie ein seltenes Feuerwehrauto aus dem Depot des Armeemuseums in den Originalzustand des Baujahrs 1941. Damals war der Zehntonner vom Typ Henschel Ts 2,5 ein modernes Schnellangriff-Fahrzeug.

Die altehrwürdigen Rohre vor dem mächtigen 150-PS-Motor dürften schon mit einer Menge brennender Wracks konfrontiert worden sein, denn die Feuerwehrfahrzeuge aus den Kasseler Henschel-Werken kamen im Zweiten Weltkrieg vornehmlich auf Fliegerhorsten zum Einsatz, und die wurden heftig bombardiert. Auch viele der Zehntonner samt zwölf Litern Hubraum vom Typ Henschel Ts (die Abkürzung steht für Tankspritze) blieben auf der Strecke, und da eh weniger als 700 davon gebaut wurden, sind Überlebende rar; keine zehn gibt es noch.

Einer parkt seit den Siebzigern im Depot des Bayerischen Armeemuseums. Am Freitag karrten die freiwilligen Feuerwehrautoprofis des Kulturamts das Gefährt ans Tageslicht, um es wieder in den Zustand des Baujahrs 1941 zu versetzen.

Das meiste ist noch original. Sogar der Tetra-Handfeuerlöscher an der rechten Fahrzeugseite. "gefüllt am 22 1 41" steht da eingestanzt. Walter Jenisch, sein Sohn Bernhard und Harald Kneitz vom Kulturamt geraten angesichts dieser feuerwehrhistorischen Preziose ins Schwärmen. Seit zehn Jahren restaurieren und pflegen sie zusammen mit Wolfgang Clus und Klaus Schauer unentgeltlich alles, was rot ist, Räder hat und mal der Brandbekämpfung diente. Die Tankspritze Henschel 2,5 (allerdings nicht rot, sondern grau) ist ihr Werk Nummer fünf. Es dürfte frühestens 2014 vollendet sein, denn die Restauratoren arbeiten in ihrer Freizeit.

Zunächst steht eine Befundaufnahme an, danach Quellenforschung, erklärt Bernhard Jenisch. "Wir suchen nach alten Bedienungsanleitungen, Plänen und Fotos." Möglicherweise ist noch etwas erhalten. Die Firma Henschel existiert nicht mehr, aber der feuerwehrtechnische Aufbau stammt aus dem Traditionshaus Magirus in Ulm. Jenisch wird das Archiv des Unternehmens bald inspizieren.

Sollte er nicht fündig werden, "aktivieren wir halt unser Netzwerk", sagt der Feuerwehrbeamte und Betriebsschlosser. Harald Kneitz bewundert diese Fachkunde: "Bernhard Jenisch ist ein wandelndes Lexikon."

Trotz des guten Zustands des Wagens mit der Seriennummer 669 gilt es einiges zu rekonstruieren. "An der Pumpe fehlt was, auch die Schlauchtrommeln an der Seite sind weg." Sie wurden in den sechziger Jahren, als der benzinbetriebene Sechszylinder irgendeiner Dorffeuerwehr diente, durch zeitgemäße Technik ersetzt. Ein Exemplar der Baureihe war während des Krieges auch auf dem Manchinger Flugplatz stationiert, erklärt Jenisch – allerdings ein anderes.

Ansgar Reiß, der Direktor des Bayerischen Armeemuseums, weiß um den Wert des historischen Zehntonners: "Er war damals überaus innovativ, denn er konnte Wasser mit Schaum mischen und bereits während der Fahrt Druck aufbauen, weil die Pumpe an den Motor gekoppelt ist." In die Tanks passen 2500 Liter Wasser und 300 Liter Schaummittel. Die mussten – so lautete einst die Vorgabe des Reichsluftfahrtministeriums – spätestens fünf Sekunden nach dem Stopp am Brandherd aus drei Rohren schießen. Im Fachjargon nennt man das ein Schnellangriff-Fahrzeug.

In ihre bisherigen Wiederbelebungen haben die Restauratoren je 3500 Stunden Arbeit investiert. Wenn das neue Werk vollendet ist, und der Henschel wieder in schönem Luftwaffengrau schimmert wie damals im Krieg, ist die Feuerwehrsammlung der Stadt um eine Dauerleihgabe reicher. Kneitz weiß noch nicht, wo das edle Gefährt einmal zu sehen sein wird. Aber mit erwartungsvollem Strahlen merkt er an: "Für so etwas haben wir viele schöne Plätze!"