Ingolstadt
Lernende Leistungssportler

Seit drei Wochen gibt es an Apian-Gymnasium und Fronhofer-Realschule Sportklassen für Talentierte

27.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Leistungssport und Schule - das ist für viele Kinder und Jugendliche ein Drahtseilakt. Die neu ins Leben gerufenen Sportklassen des Apian-Gymnasiums und der Fronhofer-Realschule sollen 40 sportliche Fünftklässler zusätzlich fördern.

Wie jeden Tag ertönt um kurz vor 8 Uhr der Gong zum Schulbeginn, Schüler und Lehrer begeben sich in die Klassenzimmer. Einige der Kinder haben sich allerdings in Sportklamotten geworfen und warten gespannt in der großen Turnhalle des Schulzentrums Südwest. Sportunterricht gehört zwar wie Mathe und Deutsch zum Standardprogramm der Schüler, doch diese 40 Fünftklässler sind Teil eines besonderen Projekts: die neu ins Leben gerufenen Sportklassen, eine Kooperation zwischen dem Apian-Gymnasium und der Fronhofer-Realschule sowie drei Ingolstädter Profivereinen.

Die jungen Sportler - sie alle sind besonders talentiert in unterschiedlichen Disziplinen - sitzen im Kreis auf dem Turnhallenboden und lauschen den Ansagen von Christoph Heckl, Sportlehrer am Apian. Er ist schon seit 2008 dahinter, eine spezielle Förderung für junge Sportler an Schulen ins Leben zu rufen: "Das ist auch auf meinem Mist gewachsen", erzählt der Pädagoge. Heuer startete das erste Schuljahr mit Sportklassen, und darauf sind er und seine Kollegen Stefanie Haberkern und Thomas Irro, beide von der Fronhofer-Realschule, sichtlich stolz. Sie tauschen sich viel aus, stimmen sich ab und bieten den Kindern unterschiedliche Möglichkeiten, sich auch über ihre Paradedisziplinen hinaus koordinativ weiterzuentwickeln.

Es handelt sich um eine spezielle Förderung für Kinder, die versuchen, den anspruchsvollen Leistungssport und die Schule in Einklang zu bringen - ein Drahtseilakt für viele, die regelmäßig zum Training gehen. Ziel ist deshalb die Kombination von guten Leistungen im Verein und im Klassenzimmer, was nicht immer einfach ist.

Inzwischen sind die elf Mädchen und 29 Jungs in Gruppen eingeteilt worden. Die drei Lehrkräfte haben zuvor die Mehrzweckhalle vorbereitet und dreigeteilt: Ein Abschnitt für die Fußballer ("Das sind mit Abstand die meisten"), einer für die Mädchen, die aus vielen unterschiedlichen Sportarten kommen ("in der Überzahl sind die Schwimmerinnen") und ein Bereich für die Eishockeyspieler. Unter den Schülern sind jedoch auch Exoten, beispielsweise ein Karateka. Nach einigen Aufwärmrunden über Hindernisse beginnen sportartspezifische Übungen. Die jungen Fußballer zeigen ihr Können am Ball, filigran dribbeln sie durch die Halle und umkurven Stangen. Sie erhalten heute ein besonderes Training, denn zwei Übungsleiter vom FC Ingolstadt 04 betreuen sie über die zwei Schulstunden. Jochen Strobl, pädagogischer Leiter des Vereins, und Christoph Kappl (Trainer U 15 und verantwortlich für die Schulförderung) erklären die Übungen, machen sie vor und versuchen, die Kinder stetig zu korrigieren.

Die beiden Schulleiter Karl-Heinz Haak (Apian-Gymnasium) und Silvia Retzer (Fronhofer-Realschule) beobachten von den Zuschauerrängen aus das sportliche Treiben. Beide sind selbst Sportlehrer und brennen für das Projekt. "Es ist ein Traum, den ich immer hatte, da ich auch selbst Leistungssportler war", berichtet Haak. Ganz wichtig sei es ihm dabei, dass Kinder aus allen Sportarten bei dem Projekt dabei sein können, nicht nur vom Eishockey, Fußball oder Schwimmen. Ein weiteres großes Plus sei auch die schulartübergreifende Arbeit. In der Halle zählt nur der Sport.

Während sich die beiden Schulleiter noch an ihre eigene Schulzeit erinnern, üben die Kinder koordinative Fähigkeiten mit anspruchsvollen Ballübungen. Vor allem für die Schwimmerinnen des SC Delphin ist das eine willkommene Abwechslung zum "Kachelnzählen", wie Oberstudienrat Heckl das Training im Becken beschreibt. Die Buben und Mädchen, die sonst auf dem Eis unterwegs sind, machen Trockenübungen mit Schlägern. Nach etwa 60 Minuten tauschen die beiden Gruppen - Eishockeyspieler machen Ballübungen, die Mädchen wechseln an die Kellen. Nur die Fußballer bleiben heute in ihrem Metier. "Das sieht so einfach aus", ruft eine Schülerin, die sich schwer am ungewohnten Spielgerät tut. "Am Ende des Jahres macht ihr das in einer Monster-Geschwindigkeit", beruhigt sie Sportlehrer Thomas Irro. Auch er macht die Übungen selbst vor - genau wie die anderen beiden Sportpädagogen.

"Das war ja erst der Anfang", berichten die drei wie aus einem Mund. Seit drei Wochen läuft das Projekt, doch nicht nur die Verantwortlichen sind überzeugt von der Initiative: "Bisher war es total cool, die Lehrer machen einen netten Eindruck. Wir haben schon Basketball gespielt, am Donnerstag schwimmen wir zum ersten Mal", erzählt der elfjährige Fußballer Leon. Er spielt in der U 12 der Schanzer, hat aber auch viel Spaß an anderen Sportarten.

Für viele endet der zweistündige Sportunterricht heute viel zu früh. Während die Lehrkräfte abbauen und sich im Kreis über den heutigen Morgen unterhalten, müssen sich die Kinder schon wieder umziehen. Nach einer kurzen Pause geht es für sie wieder in den Schulalltag: Mathe, Deutsch, Englisch. Die Bildung soll bei dem ganzen Projekt selbstverständlich nicht vernachlässigt werden - ganz im Gegenteil.