Ingolstadt
Auf dünnem Eis

30.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:46 Uhr

In die Jahre gekommen: Seit 2006 fehlt dem ehemaligen Pantherkäfig das Dach. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Wer mag sich bei solchen Temperaturen mit dem Winter beschäftigen? Doch der Neubau des Hallenbades in der Stadtmitte macht es nötig. Für ihn könnte das Eisstadion an der Jahnstraße weichen. Die Parteien bereiten schon den Weg für eine Zeit danach vor – einige ERC-Fans kündigen Protest an.

Der Rahmen steht: Das Hallenbad Mitte wird neu gebaut. Es bekommt ein 50 Meter langes Becken, das zudem 25 Meter breit ist. Nur wo? Wonnemar oder ein Neubau auf dem bisherigen Standort des Hallenbads sind abgesoffen. So haben es die Stadträte bereits beschlossen. Am Freibad oder am Eisstadion – das sind die beiden verbliebenen Varianten.
 
Noch ist das Rennen offen. Doch in der CSU könnte man eine Tendenz herauslesen. Öffentlichkeitswirksam verbreitete die Fraktion einen Antrag an die Rathausspitze. Der OB möge mit dem Freistaat das Eislaufen und Eisstockschießen auf dem Künettegraben ermöglichen. Der künstliche Wasserlauf sei "in der Vergangenheit traditionell von den Ingolstädtern zur Erholung und zur Freizeitgestaltung in der kalten Jahreszeit genutzt worden". Ingolstadt ohne altes Eisstadion und der Künettegraben als Dauerersatz? Ob das zu realisieren ist, bleibt fraglich. Der Graben ist in den vergangenen Jahren äußerst unregelmäßig zugefroren gewesen. Das liegt wohl an zwei Punkten, weiß ein Insider: Die Schutter durchfließt ihn. Und sie bringt als Sammler von geklärtem Abwasser einiger Gemeinden westlich von Ingolstadt deutlich wärmeres Wasser als noch vor Jahrzehnten.
 
Auch die SPD baut für eine eine Zeit ohne Pantherkäfig vor. Die Genossen, vorneweg Klaus Mittermaier und Sabine Leiß, begleiten die Diskussion mit einer wiederkehrenden Forderung: Wenn schon das Eisstadion platt gemacht wird, "dann brauchen wir Ersatz". Gerne mobilen: Mittermaier ruft die Eisanlagen auf dem Paradeplatz (erstmals 2001) und auf der Audi-Piazza (2005 und 2006) in Erinnerung. Aber braucht man etwas Vergleichbares? Schließlich gibt es die Saturn-Arena und dazu inzwischen die Zweite Eishalle. Über 41 000 Besucher zählte die Stadtwerke Freizeitanlagen GmbH dort in der vergangenen Saison.
 
Doch die altehrwürdige Eisanlage an der Jahnstraße ist ebenfalls beliebt. Fast 17 000 Ingolstädter gingen dort diesen Winter aufs Eis, im Vorjahr waren es 20 000. Sie hat aber schon bessere Tage gesehen. 1974, als Entwurf des Architekten Helmut Stich eingeweiht, spielte bis 2003 der ERC hier. Ein Einschnitt erfolgte 2006. Da verlor der Pantherkäfig sein Dach. Die Stadt sorgte sich um die Statik. Kurz zuvor war das in Bad Reichenhall eingekracht. Der vielleicht letzte Schlag kam heuer. Mitte Februar ging die Eissaison zwei Wochen früher als geplant zu Ende. Die Kältetechnik ist kaputt. Wie Thomas Hehl, Chef der Freizeitanlagen mit seinem Team ausgerechnet hat, kostet es 1,75 Millionen Euro, "um das Stadion zeitgemäß zu sanieren". Repariert ist noch nichts. "Wir warten ab", sagt Hehl zum DK.
 
Vielleicht ist am 8. Juni im Stadtrat bereits das Ende der alten ERC-Heimat besiegelt. Hehl wird dann Animationen der Form des Bauwerks präsentieren. Damit die Stadträte sehen, wie das Bad im Umfeld des Schutterbergs und des Glacis wirkt. Das ist der Knackpunkt der Diskussion.
 
Wenig ins Gewicht fällt dabei der Nostalgiefaktor. Dabei haben die ERC-Fans in ihrem Pantherkäfig historische Momente erlebt. "Dieses Stadion darf auf keinen Fall abgerissen werden, es wäre zu schade", schreibt ein Anhänger im Vereinsforum. Er gehört zu einer Gruppe, die sich im sozialen Netzwerk Facebook unter "Pro Stadion an der Jahnstraße" organisiert hat und Protest ankündigte. Knapp 300 Unterstützer haben sich gemeldet. Der Initiator schreibt: "Auch wenn es wirtschaftlich nicht leicht ist, das Stadion zu erhalten, muss die Stadt alles dafür tun. Für uns ERC-Fans ist es in Bezug auf Ingolstadt wie für andere das Münster oder das Neue Schloss." Weitere Fanaktionen sind geplant – und wenn es am Ende nur eine Abrissparty ist.