Ingolstadt
Alte Gräben beim Thema Stadtentwicklung

Stadtbaurätin Preßlein-Lehle mit 36 von 50 Stimmen vorzeitig bestätigt – Kritiker vermissen Impulse

22.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Glückwünsche zur Wiederwahl: OB Christian Lösel mit Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle nach der Stimmenauszählung - Fotos: Hauser

Ingolstadt (DK) Das Wahlergebnis war ein Vertrauensbeweis für die Bewerberin, doch die vorausgegangene Debatte offenbarte alte Gräben zwischen den Fraktionen und Gruppierungen in Sachen Stadtentwicklung: Mit 36 von 50 Stimmen ist Renate Preßlein-Lehle (CSU) gestern im Stadtrat für weitere sechs Jahre (bis 2021) zur Stadtbaurätin bestellt worden – bereits ein halbes Jahr vor Ablauf ihrer jetzigen Amtszeit.

Zwölf Bürgervertreter stimmten in der geheimen Wahl allerdings mit Nein, zwei Stimmen waren ungültig (laut Wahlleitung „nicht erkennbar“).

Zur Bestätigung der Referentin hätte bereits eine einfache Mehrheit gereicht. Weil sich SPD-Fraktion (zehn Sitze), Linke und Bürgergemeinschaft (je zwei Sitze) für eine Ausschreibung der Stelle und damit indirekt gegen die Wiederwahl ausgesprochen hatten, wären rein rechnerisch 14 Neinstimmen zu erwarten gewesen. OB Christian Lösel, der in der Diskussion vehement für seine Stadtbaurätin eingetreten war, sprach deshalb mit unverkennbarer Genugtuung von „der einen oder anderen Leihstimme“ für seinen Personalvorschlag.

Hat die Stelleninhaberin, über deren Wahl es vor fünf Jahren einen vehementen Hauskrach in der damaligen CSU-FW-Koalition gegeben hatte, ihre bisherige Amtszeit dazu genutzt, die Stadtentwicklung auf entscheidenden Feldern voranzubringen? Das war die zentrale Frage in der fast halbstündigen Debatte der Stadträte, bei der insbesondere SPD und Bürgergemeinschaft sehr kritisch mit der Arbeit von Renate Preßlein-Lehle (CSU) ins Gericht gingen. SPD-Fraktionschef Achim Werner betonte, dass Ingolstadt bei substanziellen Projekten nach wie vor „Impulse von außen“ brauche, dass „bei entscheidenden Themen in der Stadt nichts vorangeht“. Bei einer Ausschreibung könne die Amtsinhaberin sich ja bewerben „und uns erklären, wie sie die nächsten sechs Jahre gestalten will“.

Christian Lange von der Bürgergemeinschaft kreidete der Referentin vor allem ein fehlendes Gesamtkonzept für die Altstadt an, bemängelte in dieser Hinsicht, „dass wir im eigenen Saft vor uns hinbrodeln“. Seine Empfehlung: „Eine Ausschreibung täte der Stadt gut, würde von vielen Bürgern unterstützt.“ Was CSU-Fraktionschef Joachim Genosko völlig anders sah: Er lobte Renate Preßlein-Lehle als „hoch kompetente, bewährte Beamtin“, die auch „durchsetzungsfähig“ sei und deshalb das Vertrauen der Christsozialen genieße. Koalitionspartner Peter Springl beließ es hingegen bei der dürren Feststellung, dass man die Personalie bei den Freien Wählern – anders als bei der ersten Wahl 2009 – „unterstützt“. Seine kurze Wortmeldung sorgte im Plenum mehr für ein Raunen als für Applaus.

Auch Franz Hofmaier (ÖDP), Karl Ettinger (FDP) und Ulrich Bannert (Republikaner) sprachen sich für die Referentin aus. Hofmaier bedauerte zudem, dass der Abstimmung durch den SPD-Antrag auf Ausschreibung und die damit ausgelösten Positionierungen quasi der geheime Charakter abhandengekommen sei. Petra Kleine (Grüne) signalisierte zwar grundsätzliche Zustimmung zur Wiederwahl, wünschte sich allerdings von der Stadtbaurätin für die Zukunft „mehr offene Kommunikation“ und die eingehendere Prüfung von Alternativkonzepten.

Energisch reagierte OB Lösel auf die Nachfrage von Thomas Thöne (SPD), warum die Verwaltung der Vorlage für die Abstimmung einen gleich dreiseitigen Tätigkeitsnachweis der Referentin beigefügt habe. Bei der Wiederwahl anderer Referenten sei das bislang nie notwendig gewesen. Lösel betonte, dass er diese Auflistung persönlich veranlasst und sie eigenhändig auf das Nötigste („40 Hauptpunkte“) zusammengestrichen habe: „Sie zeigt, wie viel diese Referentin in den letzten Jahren geleistet hat.“ Sie habe ihr Ressort „exzellent im Griff“. Durch den SPD-Antrag und Pressemeldungen zu diesem Thema sei in der Öffentlichkeit ein völlig falsches Bild entstanden, das er mit dieser Leistungsbilanz habe korrigieren wollen, so der OB.

Der Abstimmung über die Stadtbaurätin waren im Plenum zwei offizielle Akte vorausgegangen: Rupert Ebner war als neuer städtischer Umweltreferent, Christoph Lauer als dessen Nachrücker in der Stadtratsfraktion der Grünen vereidigt worden.