Ein
Angedacht

23.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:46 Uhr

Ein lateinisches Sprichwort sagt: "Die Zeiten ändern sich." Vermutlich bestätigen Sie das aus Ihrer eigenen Wahrnehmung.

Zum einen plagen sich die Allergiker mittlerweile zu früher undenkbaren Jahreszeiten mit ihren Problemen. Zum anderen gibt es viele früher zeitbegrenzte Lebensmittel fast ganzjährig. So sichten wir nach dem Sommerurlaub die Lebkuchen und ganzjährig die Ostereier in den Regalen der Geschäfte.

"Die Zeiten ändern sich". Ja, das bemerke ich, wenn ich den Ablauf des Jahres beobachte. Stille Feiertage geraten in die Debatte und werden ausgehöhlt. Und auch die Struktur des Jahres gleitet durch die Finger und verschwindet. Dazu zähle ich, dass die Passionszeit nur noch von wenigen Menschen beachtet wird. Gewiss, Fasten ist irgendwo hoch im Kurs. Aber das Leiden Jesu, das eigentlich allem zugrunde liegt, interessiert nicht mehr so viel.

"Die Zeiten ändern sich", Gottes Mitleiden mit uns und seine Solidarität mit uns bleibt jedoch! Wir Menschen sind froh, wenn nur andere leiden und wir nicht selbst betroffen sind. Wir haben Angst vor Krankheit und Krisen, vor finanziellen Nöten und generell vor Unsicherheit.

In Jesus von Nazareth ist Gott da auf dieser Welt und bleibt bei uns. Kranke und Notleidende, aber auch rechtlich und gesellschaftlich Diskriminierte wie Frauen und Kinder hat er besonders wertschätzend im Blick. Gewiss, zu den Siegern geht er auch, aber die Leidenden versteht er besser und sucht ihre Nähe. Um zu trösten, zu stärken, um aufzurichten und Einsamkeit zu teilen und zu durchbrechen. Dafür steht - auch - die Passionszeit. "Die Zeiten ändern sich" - Gott sich nicht. Um unseretwillen.

Jürgen Habermann,

evangelischer Pfarrer von St. Paulus, Ingolstadt