Ingolstadt
"Wir sind hier nicht im Kindergarten"

Blick hinter die Mauern des Kapuzinerklosters zeigt: Ordensbrüder leben alles andere als abgeschottet

23.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:00 Uhr
Reduziert aufs Wesentliche: Bereitwillig zeigte Pater Wolfgang am Samstag sein Zimmer im Kapuzinerkloster Ingolstadt. Stundenlang konnten sich die Bürger die Räume ansehen und die besondere Lebensform der Patres kennenlernen. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Wer glaubt, Mönche leben abgeschottet von der Welt und ganz nach strengen Regeln, der sieht sich im Fall Ingolstadt getäuscht: "Wir wohnen mitten in der Stadt und leben mit der Stadt. Bei uns geht es recht locker zu", sagt Pater Wolfgang vom Kapuzinerkloster. Am Rande des Tags der offenen Klöster am vergangenen Samstag gab er bereitwillig Einblicke in den Alltag der Ordensbrüder.

Der 80-Jährige hat festgestellt, dass sich "seit 10 bis 15 Jahren viel im Klosteralltag geändert hat". Äußeres Zeichen der neuen Zeit: Alle fünf Kapuzinerbrüder, die gleich neben der Franziskanerkiche leben, tragen oft keinen Habit mehr - sondern ganz normale Freizeitkleidung. "Früher sind wir den ganzen Tag mit der Mönchskutte rumgelaufen", erzählt der aus Niederbayern stammende Priester ganz offen im Gespräch mit dem DONAUKURIER. Und das Handy hat der sympathische Herr immer einstecken.

Die fünf Geistlichen (vier Patres und ein Laienbruder) im Kapuzinerkloster, in dem bis vor wenigen Jahren noch Franziskanermönche wohnten, halten sich natürlich an die Hausordnung und die Regeln des heiligen Franziskus. So leben sie in Armut und Ehelosigkeit. "Der Tag läuft dagegen nicht mehr so starr geregelt ab wie es noch vor Jahrzehnten war", sagt Pater Wolfgang Eggerbauer.

Nichtsdestotrotz: Pflicht sei das Morgengebet. Dazu treffen sich die Ordensbrüder bereits um 6.30 Uhr in der Kapelle des Klosters. Dreimal am Tag wird übrigens gemeinsam gebetet. Nach dem Frühstück beginnt dann der Arbeitsalltag der Franziskaner. Pater Wolfgang: "Ich halte entweder einen Gottesdienst in der Franziskanerbasilika, oder ich bereite mich am Vormittag auf eine Predigt, auf Taufen oder Beerdigungen vor."

Beim Mittagessen im Speisesaal werde dann viel geredet. "Wir sprechen über das Tagesgeschehen, wir politisieren auch mal und lachen oft", erzählt der 80-Jährige. Der Nachmittag steht dann (oft) zur freien Verfügung. "Wenn das Wetter passt, fahre ich mit dem Radl durch die Gegend, oder ich lese ein Buch." Aber es gebe auch bestimmte Termine. So betreut Wolfgang Eggerbauer sterbende Bewohner des Elisabeth-Hospizes in der Stadt. Und ab und zu gartelt der gebürtige Vilsbiburger auch mal hinter dem Kloster.

Punkt 18 Uhr kommen die fünf Brüder jeden Tag zur Vesper zusammen. Danach steht das Abendessen an. Später schaltet Pater Wolfgang, der 1966 zum Priester geweiht wurde, den Fernseher an. "Ich mag die Nachrichten und die Sportschau." Auch Spazierengehen steht oft auf dem Programm. Und wie sieht es mit der Bettruhe aus? "Die gibt es bei uns nicht. Wir sind doch lauter g'standne Manna und hier nicht im Kindergarten!", antwortet der humorvolle Mann sofort.

Eggerbauer, der seit 2010 im Kapuzinerkloster Ingolstadt lebt, ist glücklich: "Es ist wunderbar hier. Wir Brüder verstehen uns gut, und es ist ziemlich ruhig. " Das war nicht immer so: Denn jahrzehntelang war der studierte Theologe Pfarrer in München. Als Seelsorger hilft der 80-Jährige immer noch aus, wenn Not am Mann ist - also, wenn der Ortspfarrer krank ist oder sich um Urlaub befindet. "Da komme ich bis in die Hallertau."

Ob sich Pater Wolfgang ein anderes Leben vorstellen kann? "Nein", sagt er bestimmt. Besonders gefällt ihm an seinem "Beruf", dass "ich immer mit Menschen zu tun habe, bei einer Taufe oder Firmung".

Karlheinz Heimisch