Ingolstadt
Beutezug im Badeanzug

Bandenmäßig organisierte Ladendiebe benutzen ungewöhnliche Masche und müssen ins Gefängnis

20.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Fälle an sich klingen fast nach Bagatellkriminalität. Doch im Detail hatte es in sich, wofür zwei Rumänen am Ingolstädter Amtsgericht zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Als Teil einer Bande begingen sie Ladendiebstähle teils mit ungewöhnlichen Maschen: Einer trug dabei einen Damenbadeanzug.

Wer braucht schon Dutzende Tuben Zahncreme, Akku-Batterien oder Tafelsalz aus einem Supermarkt? Oder wer trinkt zwölf Flaschen Whiskey und nimmt sie auf einmal mit? Im Normalfall kein Kunde. Und auch kein normaler Dieb, der sich die Sachen vielleicht nicht leisten kann oder will. Somit lag es schon auf der Hand, dass die zwei Fälle und die zwei Angeklagten, mit denen sich das Schöffengericht am Ingolstädter Amtsgericht beschäftigen musste, trotz des überschaubaren Beutewertes von rund 150 sowie rund 300 Euro doch etwas Besonderes waren. Und zwar Teile einer organisierten Bande, die sich offenbar unter anderem darauf spezialisiert hat, solche einfachen Ladendiebstähle mit ausgesuchten Waren zu begehen.

Das Sammelsurium mit Zahncreme und Salz steckten die Diebe heuer Ende Mai in einem Supermarkt in Beilngries ein, den Schnaps im August vor einem Jahr in Reisbach (Niederbayern). Bei dem jüngsten Fall wurden sie auf frischer Tat vom Ladendetektiv geschnappt und saßen seitdem in Untersuchungshaft. Den anderen konnte man einem der beiden Angeklagten durch DNA-Spuren nachweisen, der andere war damals nicht beteiligt.

Beide reumütigen Männer legten vollumfängliche Geständnisse ab. Der an beiden Fällen beteiligte Haupttäter belastete sich im Prozess zusätzlich massiv, als er von drei Beteiligten in allen beiden Fällen berichtete, was so bisher nicht klar war. „Ab drei ist man eine Bande!“, staunte selbst Richter Christian Veh über diese Offenheit und verband sie mit der juristischen Einordnung. Somit kamen zwei Fälle des schweren bandenmäßigen Diebstahls zusammen.

Dass sie Teil einer großen Bande waren, gestanden die Männer aus Rumänien im Alter von 28 und 27 Jahren ein. Das konnte aber auch der Ladendetektiv aus Beilngries aus eigenem Augenschein bestätigen. Er berichtete, dass einer der Diebe die Ware per Handzeichen ausgewählt hätte und dann verschwand, der andere sie in den Warenkorb legte und zum dritten Mann in die Getränkeabteilung brachte. Dieser musste sie dann in der Kleidung verschwinden lassen und sollte sie aus dem Laden schaffen. In jenem Fall trug der 27-Jährige als Letzter in der Kette tatsächlich einen entsprechend elastischen Damenbadeanzug, in den er das Diebesgut am Körper stopfte. „Sonst läuft man damit in einer Badeanstalt herum. Oder am Strand von Waikiki“, sagte Richter Veh.

Die ungewöhnliche Diebesmasche sei „eine kuriose Randerscheinung“, aber auch ein Beweis dafür, „dass man es hier nicht mit Anfängern zu tun hat“, so der Richter weiter. Dennoch dürfte es sich bei beiden Angeklagten um Herren aus der zweiten Reihe oder nur flüchtigen Mitgliedern der Organisation handeln, auch wenn sie bereits einschlägig aufgetreten sind. Der 27-Jährige hat zwei Vorstrafen, der 28-Jährige bereits sieben, alle wegen Diebstahls, fast immer kleinere Sachen. Mehrere davon in Italien, wo er früher arbeitete.

„Das sind jetzt keine Fälle mehr, für die es Bewährungsstrafen gibt“, urteilte Richter Veh nun und verhängte Freiheitsstrafen von einem und zwei Jahren für die Männer. Er berief sich dabei auf die Verteidigung der Rechtsordnung. „Das soll auch eine Warnung sein: Leute, wenn Ihr meint, dass Ihr bei uns stehlen könnt, wandert Ihr ins Gefängnis!“

Man müsse, so Veh, aber schon die Dimension im Blick behalten. Obwohl Ladendiebstähle „ein Ärgernis und eine Plage“ seien, seien es hier eben nur Ladendiebstähle – und keine Einbrüche oder andere schwerere Delikte.

Staatsanwältin Gaube wollte dennoch hart durchgreifen und hatte dreieinhalb Jahre beziehungsweise zwei Jahre und zwei Monate Haft beantragt. Auf Vehs maßvollem Urteil hin verkündete sie allerdings einen Rechtmittelverzicht, nachdem die drei Verteidiger und die beiden Angeklagten das kurz davor schon getan hatten.

Das Urteil ist damit rechtskräftig.