"Die meisten haben es schadlos überstanden"

Bisher gab es 70 Corona-Fälle am Stammsitz von Audi - Inzwischen kaum mehr Neuinfektionen

05.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:13 Uhr
Sicherheitsmaßnahmen und Warnhinweise gibt es nicht nur an den Toren, sondern überall im Audi-Werk. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Nach und nach wird die Produktion bei Audi weiter hochgefahren, dementsprechend kehren immer mehr Mitarbeiter in das Werk an der Ettinger Straße zurück.

Warnhinweise, eine weitreichende Maskenpflicht, Bodenmarkierungen und etliche Schutzmaßnahmen zeigen ihnen, dass noch längst keine Normalität herrscht. Aber die Lage ist inzwischen kontrollierbar - in der Region wie im Audi-Werk. Es gibt kaum mehr neue Corona-Fälle.

"Was uns gefreut hat, war, dass die Menschen wieder froh waren, arbeiten zu dürfen - und erfreut waren, zu sehen, was präventiv alles getan wurde", sagt Andreas Haller, der Leiter des Audi-Gesundheitswesens. Die Arbeitsschutzkommission, in der auch der Betriebsrat vertreten ist, war jeden einzelnen Bereich des Unternehmens durchgegangen, hatte Schwachstellen identifiziert und sie dann - so weit es möglich war - beseitigt. In der Produktion künden davon etwa Plexiglasscheiben und Plastikvorhänge, die einzelne Arbeitsbereiche voneinander trennen. In Kantinen gibt es strenge Abstandsregeln, und natürlich wurden alle Mitarbeiter intensiv geschult. Seit es in der Region keine Maskenknappheit mehr gibt, hat das Unternehmen zudem jedem Audianer eine Maske zur Verfügung gestellt. Als Mitte April Bundesarbeitsminister Hubertus Heil die Corona-Sicherheitsstandards für Unternehmen bekanntgab, waren bei Audi alle Maßnahmen längst eingeführt. "Wir waren schon stolz, dass das Arbeitsministerium unseren Vorgaben gefolgt ist - ohne sie zu kennen", sagt Haller lächelnd. Sein Unternehmen habe dementsprechend keine Anpassungen mehr vornehmen müssen.

Über die vergangenen Wochen habe es - soweit bekannt - 70 Fälle im Ingolstädter Werk gegeben, erklärt Haller. "Die meisten haben es schadlos überstanden. " Zum Glück habe es offenbar auch keine Infektionsketten innerhalb des Werks gegeben, die Mitarbeiter hätten sich alle außerhalb angesteckt. Die größten Infektionsherde waren übrigens auch bei den Audianern Skigebiete, Starkbierfeste sowie Karnevalsveranstaltungen. "Inzwischen wissen die meisten nicht mehr, wo sie sich angesteckt haben", sagt Haller. Aber die Zahl der Neuinfektionen mit Covid-19 sei auch deutlich zurückgegangen - was sicher nicht nur an den Schutzmaßnahmen außerhalb und innerhalb des Werks liegt, sondern auch an der Kurzarbeit des Unternehmens.

Die Bereitschaft, sich an alle Vorgaben zu halten, habe natürlich inzwischen nachgelassen, wie Haller einräumt. "Wir sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die Menschen tun sich schwer, die Abstandsregeln zu wahren. "Aber gerade deshalb müsse man immer weiter für das Thema sensibilisieren.

Da lohnt auch ein Blick in andere Länder: Das Gesundheitszentrum ist nicht nur für die Werke in Ingolstadt und Neckarsulm zuständig, sondern auch für die Standorte in Ungarn, Belgien und Mexiko. "Mexiko ist der Hotspot, da ist die Situation dramatisch", sagt Haller. Die medizinische Versorgung sei dort alles andere als gut, dazu biete die vorherrschende Sozialstruktur mit etlichen Großfamilien, die auf engstem Raum zusammenleben, ähnlich wie in Italien ideale Bedingungen für die schnelle Ausbreitung des neuartigen Coronavirus. Das mexikanische Gesundheitsministerium meldete am Freitag einen Anstieg auf mehr als 12000 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19. Das Audi-Werk in San José Chiapa im Bundesstaat Puebla ist zurzeit komplett geschlossen, zum 15. Juni sollen allerdings nach DK-Informationen voraussichtlich rund 1500 der gut 5200 Mitarbeiter ins Werk zurückkehren - unter ebenso strengen Sicherheitsvorkehrungen wie an den anderen Audi-Standorten.

Es gebe starke Unterschiede in der Pandemiebewältigung der Länder, sagt Haller. Mexiko teste beispielsweise nur sehr wenige Menschen, während sich hier mittlerweile die Testergebnisse vervielfacht hätten. Um die Region mache er sich keine Sorgen. Audi arbeite als größtes Unternehmen auch gut mit der Stadt sowie den umliegenden Landkreisen zusammen, alle seien gut aufgestellt. Doch Haller betont: "Wir müssen aber auch mit mehr Fällen im Winter rechnen. "

DK