Appertshofen
"Ein Stück Lebensqualität geht verloren"

Weil immer weniger Kunden kamen, macht der Dorfladen in Appertshofen am Samstag zu

26.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:56 Uhr

Stammkunden vor der Kasse des Dorfladens in Appertshofen: Dieses Bild wird bald der Vergangenheit angehören, denn das Geschäft macht am Samstag, 29. November, zu. Die Geschäftsführerin der Unternehmergesellschaft, Waltraut Fogl (2. von rechts), und Verkäuferin Maria Kappelmeier werden damit arbeitslos - Foto: K. Heimisch

Appertshofen (DK) Die Stammkunden sind traurig, manche sogar entsetzt: Der Dorfladen in Appertshofen macht an diesem Samstag zu. Der Hauptgrund für die Schließung: zu wenig Kunden und damit zu wenig Umsatz.

Nach nicht einmal drei Jahren kommt somit das Aus für den kleinen Laden an der Dorfstraße – das einzige Lebensmittelgeschäft in dem Ort mit seinen knapp 1000 Einwohnern. „Wir mussten die Notbremse ziehen, bevor das Schiff endgültig sinkt“, sagt Waltraut Fogl. Sie ist eine von drei Geschäftsführern der Unternehmergesellschaft, die Träger des Dorfladens ist. Weil die Umsätze seit über einem Jahr immer mehr gesunken seien, hat Fogl kürzlich den rund 160 stillen Gesellschaftern die Schließung des Geschäfts nahegelegt – und die meisten dieser Anteilseigner sprachen sich dafür aus.

Damit war das Schicksal der „Einkaufsoase im Dorfzentrum“, wie der Dorfladen bei der Einweihung im März 2012 euphorisch bezeichnet wurde, besiegelt. Das Bedauern in der Bevölkerung über die Schließung ist mitunter groß: „Gerade für die ältere Generation geht damit ein Stück Lebensqualität verloren“, meint eine Rentnerin aus Appertshofen – eine von rund 110 Stammkunden.

Auch der Geschäftsführerin tut es leid, dass der Dorfladen zumacht. „Aber mit den paar Stammkunden rechnete sich das Ganze nicht mehr“, betont Fogl. Zu wenig Appertshofener und Auswärtige haben nach ihren Worten hier eingekauft. Sie ist enttäuscht. „Bei vielen Bewohnern fehlte einfach das Verständnis dafür, dass ein Dorfladen der Mittelpunkt des Ortes sein soll.“ Dabei sei der Lebensmittelladen bis zum Sommer vorigen Jahres „gut gelaufen“, so die Geschäftsführerin. „Dann war der Wurm drin.“ Warum? Fogl kann nur mutmaßen: „Wahrscheinlich ist die Anfangseuphorie der Bevölkerung mit der Zeit verflogen.“ Auch die wachsende Konkurrenz im Umland habe dazu geführt, dass immer weniger Kunden in den Dorfladen gekommen seien. Fogl: „Vor allem in Lenting sind doch die Supermärkte wie Pilze aus dem Boden gewachsen.“

Und schließlich führt sie die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro im nächsten Jahr ins Feld. „Diesen Stundenlohn hätte die Unternehmergesellschaft bei diesen geringen Umsätzen nicht mehr zahlen können.“ Die sechs Verkäuferinnen im Laden, die jetzt ihren Job verlieren, haben 6,50 Euro bekommen. „Ich hätte auch für diesen Lohn weitergearbeitet“, versichert Verkäuferin Maria Kappelmeier.

Die Stammkunden trifft es besonders hart, wenn der Dorfladen am Samstagmittag seine Türen für immer schließt. „Ich war richtig geschockt, als ich davon erfahren habe“, meint beispielsweise Resi Weidenhiller. Die Hausfrau war fast täglich da. Ab nächster Woche kann die Appertshofenerin nicht mehr zu Fuß oder mit dem Fahrrad ihre Einkäufe erledigen. „Jetzt muss ich mit dem Auto zu einem Supermarkt in der Umgebung fahren. Das dauert alles länger.“

Auch andere Appertshofener, die gerne in den Dorfladen gegangen sind, klagen darüber, dass sie nun weitere Wege für ihre Besorgungen in Kauf nehmen müssen. „Gerade alte Leute, die kein Auto haben, bekommen nun Probleme mit dem Einkaufen“, meint Sandra Bauer. Die 22-Jährige fand den Dorfladen gut – auch deshalb, „weil man hier mit anderen Leuten aus dem Ort ratschen konnte“. Da kann Andrea Nadler nur beipflichten. Hier habe sich Alt und Jung getroffen.

Den „persönlichen Kontakt mit den netten Verkäuferinnen“ schätzte Claudia Zimmermann besonders. Zu den Stammkunden gehörte auch Peter Reinecke. Der 72-Jährige nimmt kein Blatt vor den Mund: „Es ist eine Riesenschweinerei, dass hier so wenig Leute eingekauft haben.“ Sogar einige Anteilseigner hätten einen weiten Bogen um den Laden gemacht, merkt Verkäuferin Maria Kappelmeier kritisch an.

Und was geschieht nach dem Aus für den Dorfladen mit der haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft? „Sie löst sich in den nächsten Tagen auf“, kündigt Waltraut Fogl an. Sie und die zwei weiteren Geschäftsführer sowie die beiden Vorstände werden nach ihren Aussagen demnächst zurücktreten.