Wendelstein
Von Barcodelesern bis zum U-Boot-Bau

Sill Optics aus Wendelstein entwickelt und fertigt Spezialgläser für Medizin, Messtechnik und Maschinenbau

22.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:05 Uhr

Foto: Kai Bader

Wendelstein (HK) Maschinen für die Beschriftung, optische Systeme für Laserschmelzverfahren, Geräte zur Handyendkontrolle und hochpräzise Laserschneidgeräte: Nichts davon kommt ohne die Technologie und die Spezialgläser von Sill Optics aus Wendelstein aus.

Eine Halbkugel aus Glas dreht sich mit hoher Geschwindigkeit in einer Stahlform, während ein konvex geformter Stempel mit Spezialbeschichtung immer wieder über die Innenseite der Form rotiert. Schicht für Schicht wird das Glas abgetragen, bis es eine absolut klare und verzerrungsfreie Oberfläche bildet. Was auf den ersten Blick wie eine einfache Salatschüssel anmutet, ist ein sogenannter Glasdome für U-Boote. Durch ihn können später die vor Wasser geschützten Messinstrumente zum Beispiel den Meeresboden abtasten.

Der Dome wird später eines der wenigen Dinge sein, die ein aufmerksamer Beobachter von dem, was Sill Optics herstellt, auch einmal zu Gesicht bekommt. "Denn sonst machen wir nur optische Systeme, die nie jemand sieht, die im inneren spezieller Maschinen und Apparate untergebracht sind", sagt Berndt Zingrebe, der Chef der Wendelsteiner Firma. Der heute 75-Jährige hat sich mit seinen inzwischen 210 Mitarbeitern darauf spezialisiert, Gläser und Linsen zu entwickeln und zu fertigen, die in solcher Präzision kaum ein anderer Betrieb anbietet.

Doch den schlanken Firmennamen wird man kaum auf einem Produkt entdecken. "Wir fertigen keine Amateurprodukte", sagt Zingrebe lächelnd und meint damit auch mehrere Tausend Euro teuere Objektive von Fotoapparaten. Was in Wendelstein die Firma verlässt, hat so geringe Fertigungstoleranzen und so hohe optische Eigenschaften, dass sie ein Fotograf weder benötigen noch bezahlen könnte.

Wer an einen Laserstrahl denkt, denkt an einen haarfeinen, gestochen scharfen Lichtstrahl. Doch Zingrebe winkt ab. "Zu groß, zu eiferförmig, zu ungenau." Mit den Systemen von Sill Optics wird der Laserstrahl erst einmal aufgeweitet, um den diffusen Lichtstrahl dann hochpräzise bündeln zu können. Solche Systeme kommen dann sowohl für das Laserschmelzverfahren als auch beim wasserstrahlgeführten Laserschneiden zur Anwendung.

Beispiele aus dem täglichen Leben, an denen Sill Optics bei der Entwicklung maßgebend beteiligt war, gibt es trotzdem: Beschriftungen von Tastaturen beispielsweise, bei denen die auf den Tasten aufgebrachte Farbe in Sekundenbruchteilen abgebrannt wird, bis nur noch der präzise geformte Buchstabe stehenbleibt. Oder ein Barcodeleser, über den die Verkäuferin im Supermarkt das Produkt nur kurz ziehen muss, um sowohl den Artikel als auch dessen Preis zu wissen.

Sill Optics entwickelt und fertigt diese Linsen mit innovativen Technologien im eigenen Haus, führt eine genaue Oberflächenkontrolle durch und liefert sie direkt an Industriekunden. Nur Kleinserien laufen in Wendelstein laut Berndt Zinngrebe vom Band. "Eine Serie mit 50 Stück ist schon vergleichsweise viel", sagt der Chef der Firma.

Dies sind dann jedoch umso präzisere Komponenten. "Nicht umsonst fließen 15 Prozent unseres Umsatzes pro Jahr in immer neuere, immer genauere Maschinen." Doch die allein nützen ihm wenig ohne seine Mitarbeiter: Physikingenieure, Feinoptiker und Feinwerkmechaniker. "Ausbilden müssen wir allerdings selbst, wir haben sehr spezielle Anforderungen." Über die Hälfte seiner Mitarbeiter sind übrigens Frauen. Zingrebe zuckt mit den Schultern: "Sie haben einfach das bessere Händchen, die richtige Gabe für die nötige Präzision."