Thalmässing
Zweite Haut für kurvige Lieblinge

Folie statt Lack: Thomas Schuster gibt auch Youngtimern ein neues Outfit

12.06.2014 | Stand 02.12.2020, 22:35 Uhr

Drei Arbeitsschritte in der Werkstatt: Der Föhn erwärmt die Folie, die Thomas Schuster gerade zum Abtönen auf eine Autoscheibe klebt. Die warme Folie lässt sich faltenfrei über alle Rundungen ziehen. Bei der richtigen Temperatur kann man die Folie extrem verformen (Bilder im Uhrzeigersinn). - Foto: Karch

Thalmässing (HK) Die „Erlkönige“ der Autofirmen tragen sie, die Fahrzeuge der Polizei, der Bundeswehr und auch Taxis: Immer öfter sind Folien über dem Lack die zweite Haut eines Wagens. Thomas Schuster verwandelt damit in seiner Werkstatt in Thalmässing Karosserien komplett.

Der Föhn ist sein ständiger Begleiter: Wenn Thomas Schuster zu arbeiten beginnt, geht es heiß her. Nur wenn die Folie die richtige Temperatur hat, lässt sie sich in alle Richtungen ziehen, sanft über Kurven streichen, schmiegt sich an jede Rundung und hält bombenfest. Bis Schuster wieder zum Föhn greift, die Folie erhitzt und wieder abzieht.

Wenn ein Fahrzeug nach drei bis vier Tagen Thomas Schusters Werkstatt in Thalmässing verlässt, hat es sich komplett verändert. „Der Porsche war zuerst schwarz, dann wurde er rot“, sagt er und deutet auf ein Foto an der Wand. „Nach drei Jahren ist er jetzt wieder schwarz, weil der Besitzer ihn verkaufen will.“ Auch das Abfolieren hat Thomas Schuster wieder übernommen.

Bevor sich der gelernte Wasserinstallateur aber an Autos von Kunden herangetraut hat, hat er sich zuerst an den Autos der Freundin, des Bruders und des Schwagers versucht, wie er grinsend einräumt. Das Ergebnis war so überzeugend, dass er sein Gewerbe 2004 angemeldet hat. „Angefangen habe ich mit dem Scheibentönen.“ Aus diesen Anfängen hat sich viel entwickelt, entdecken doch immer mehr Autobesitzer die Vorteile einer Folierung gegenüber Lack. Mit Folie werden aus normalen Fahrzeugen Polizeiautos. Auch Testautos großer Autoformen bekommen durch Folie ihre Tarnung und werden so zum „Erlkönig“. Selbst die Bundeswehr setzt bei ihren Fahrzeugen auf Folie statt Lack – in Oliv natürlich. Die Taxis werden heutzutage bereits mit beiger Folie überzogen ausgeliefert. Aber auch die Besitzer von Leasingautos setzen auf die Folie als Schutz vor Steinschlag und Kratzern. „Autos in neutralen Farben kann man leichter wieder verkaufen“, lautet die einfache Begründung für das Ja zur Folie. Die Kunden, die zu Thomas Schuster kommen, möchten ihre Lieblinge allerdings eher nicht verkaufen, sondern fahren. „Wer Tausende von Euro in das Restaurieren eines alten Autos gesteckt hat, möchte es irgendwann einfach einmal fahren“, hat Schuster festgestellt. Das Geld für eine Folierung, die zwischen 1600 und 1800 Euro kostet, hat der Oldtimerfan dann schneller an der Hand als rund 4000 Euro, die für eine Lackierung fällig werden.

Thomas Schuster traut sich auch an Youngtimer ran, die normalerweise nicht foliert werden. Im Gegensatz zu den heutigen Autos hat ihre Karosserie noch keine Absätze, sodass es viel Fingerspitzengefühl erfordert, die Folie aufzubringen. „Aber auch bei alten Autos wird das kein Stückwerk“, verspricht Schuster und zeigt als Beispiel auf einen über 30 Jahre alten Ford Capri, dessen Folienkleid sich nahtlos über die geschwungene Karosserie legt.

Viel Sorgfalt bei der Arbeit ist das Geheimrezept. „Die Vorarbeit ist ähnlich wie beim Lackieren“, erklärt der Handwerker. Der Lack muss nicht nur gewaschen, sondern auch von Fingerabdrücken oder Hautschuppen befreit sein. Sauberkeit ist auch das A und O in der Werkstatt: Vor dem Aufbringen der Folie muss die Halle staubfrei sein, der Boden gewischt.

Die Folie wird mit dem Föhn erwärmt – mit viel Fingerspitzengefühl. Wird der Föhn einfach nur draufgehalten, brennt er ein Loch in die Folie. Wird sie nicht ausreichend erhitzt, geht sie in ihren Urzustand zurück. „Wenn die Folie allerdings klebt, ist sie sehr temperaturbeständig“, versichert Schuster. „Es macht gar nichts, wenn das Auto voll in der Sonne steht.“ Auch in die Waschanlage darf der Wagen. Zwischen sieben und zwölf Jahren hält die Folie – wenn der Besitzer nicht zwischendurch die Farbe wechseln möchte.