Thalmässing
Appelle wider das Vergessen

Politik und Kirche laden zur Gedenkstunde zum 75. Jahrestag der Pogromnacht in Thalmässing

10.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:27 Uhr

Knapp drei Dutzend Teilnehmer finden sich am Freitagabend vor dem Gedenkstein in der Thalmässinger Merleinsgasse ein - Foto: Leykamm

Thalmässing (HK) Was am 9. November vor 75 Jahren in der Pogromnacht seinen unseligen Anfang nahm, ist zu schrecklich, als dass es jemals dem Vergessen der Geschichte anheimfallen darf. In Thalmässing erinnert seit 2003 eine Gedenkfeier in der Nähe der einstigen Synagoge an die Geschehnisse.

Knapp drei Dutzend Teilnehmer fanden sich vor dem Gedenkstein in der Merleinsgasse ein. Er erinnert an die jüdische Gemeinde in Thalmässing, deren Ursprünge sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen lassen und die sich zu einer der bedeutendsten im fränkischen Raum entwickelte. Dann, im Jahr 1933, „änderte sich das Zusammenleben der jüdischen und nichtjüdischen Bevölkerung schlagartig“, wie Thalmässings stellvertretende Bürgermeisterin Ursula Klobe ins Gedächtnis rief. Viele Thalmässinger Juden sahen sich gezwungen, ihre Geschäfte aufzugeben und ihren Besitz zu verkaufen. 1938 lebten nur noch vier jüdische Familien im Ort.

„Am Morgen des 10. November waren auch deren Schaufenster eingeschlagen und die Auslagen geplündert. Sie wanderten ab.“ Die Synagoge wurde in der Reichspogromnacht nur deshalb verschont, weil sie damals schon als Getreidelager genutzt worden war. Klobe machte deutlich, dass auch heute die Bürger gefordert sind, aus dem Schrecken der damaligen Zeit zu lernen. Damit sich Ähnliches nicht wiederholt. Deswegen sei es „wichtig, sich wachsam und aktiv an der Demokratie zu beteiligen.“ Klobe verwies in diesem Zusammenhang auch auf „extremistische Bewegungen wie Freies Netz Süd oder Division Franken, die nicht weit von uns agieren. Gerade da sind wir gefordert, nicht wegzuschauen, nicht zu ignorieren.“

Doch genau dies geschah wohl vor 75 Jahren, wie der evangelische Pfarrer Rudolf Hackner betonte. Er zeigte den Versammelten ein Bild der Kitzinger Synagoge, umringt von einer Menschentraube, die den Flammen zusah. Die Ereignisse der Pogromnacht hätten sich tags darauf fortgesetzt. „Es geschah am helllichten Tag . . .“, wie der Geistliche vor Augen führte.

Bei der Gedenkstunde am Freitag legten die Besucher kleine Steine am großen Gedenkstein ab als Zeichen der eigenen Erinnerung. „Danke, dass ich dabei sein konnte“, erklärte danach Alfred Pfaller aus Biburg, der seit Jahren an jedem 9. November die Veranstaltung mit dem Fahrrad besucht. Seine Schwester war einst als Kind von der HJ misshandelt worden, weil sie einem jüdischen Mitbürger geholfen hatte.