Steindl
Die Faschingsmuffel sind los

Neue Brauchtumsgruppe aus dem Fränkischen Seenland scharrt mit den Hufen Gründung 2016 in Steindl

20.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:37 Uhr

Mit einem Flammenkranz um den Mantel wollen d'Faschingsmuffl nicht nur den Winter vertreiben, sondern auch die Herzen erwärmen. Die neue Brauchtumsgruppe startet heuer erstmals in eine Session, nachdem Gründer Andreas Pfeiffer 2016 noch Einzelkämpfer war. - Foto: Lehnert

Steindl (HK) Brauchtumsgruppen sind ein Bestandteil der fränkischen Fasnacht, die die Vergangenheit mit der Moderne verbindet. Seit einem Jahr hat die Region eine mehr davon: d'Faschingsmuffl vom Fränkischen Seenland.

Andreas Pfeiffer ist ein richtiger Faschingsmuffel. Trotzdem hat er eine Faschingsgruppe gegründet: die Brauchtumsgruppe "D'Faschingsmuffl vom Fränkischen Seenland". Was ihn dazu bewogen hat? "Vor etwa zehn Jahren bin ich auf dem Hummelremmidemmi in Pleinfeld gelandet - und war begeistert", erzählt er, während er an seinem Küchentisch aus schweren, dunklen Holzbalken in einem Bauernhaus in Steindl sitzt. "Die feierten anders Fasching als die typischen Faschingswagen", sagt er. Nämlich "ohne die Bumm-Bumm-Wagen", dafür "mit Guggenmusik und handgeschnitzten Masken". Als Zimmerer und Schlagzeuger konnte er sich mit diesem Gesicht der Fasnacht plötzlich identifizieren.

Wenige Jahre später hob Pfeiffer mit den Faschingsfreunden Thalmässing die Thalmässinger Faschingswächter aus der Taufe. Am 11.11.2011 gründeten sich die "Wölfe", die sich seither zu einer stattlichen Brauchtumsgruppe entwickelt haben. Am Aschermittwoch 2015 jedoch legte Pfeiffer seine Wolfsmaske ab und widmete sich seinem neuen Projekt. "Der Gedanke an eine eigene, unabhängige Gruppe, die keinem Verein angehört, war schon da, als ich noch bei den Wächtern war", berichtet er im Rückblick über seine Pläne.

Der Name "d'Faschingsmuffl" war schnell gefunden, denn Pfeiffers persönliche Faschingshistorie als Faschingsgegner "hat auch in der Bevölkerung eine lange Geschichte", weiß er sich in ehemals guter Gesellschaft. Den Namen dann seiner engagierten Truppe zu geben, nimmt die Ignoranten des fröhlichen Treibens auf den Arm. Der Widerspruch zwischen Namen und Tun habe auch schon die Mitglieder des Fastnachtverbandes Franken (FVF) irritiert und amüsiert, sagt er. "Faschingsmuffl, hopp so mach mer's!", lautet ihr Schlachtruf.

Beim FVF und beim Bund Deutscher Karneval (BDK) sind die Faschingsmuffl registriert. Pfeiffer selbst ist seit 2015 außerdem Beirat im Ausschuss für fastnachtliche Bräuche Mittelfranken im FVF. Das Netzwerk hilft der jungen Gruppe zu wachsen. Zusätzlich setzt Pfeiffer auf die sozialen Medien. Als Abgeordneter des FVF oder als Faschingsmuffl ist er auf derartigen Plattformen in der närrischen Zeit viel unterwegs und berichtet über seine Besuche bilderreich.

Eine Brauchtumsgruppe neu zu gründen, scheint auf den ersten Blick widersinnig. D'Faschingsmuffl stehen dabei aber nicht alleine da. Ebenfalls in ihr zweites Faschingsjahr startet die Narrenzunft Reichsstadthexen Dinkelsbühl. Nur manchmal fußt eine Neugründung tatsächlich auf alten Traditionen. Das war etwa in Großhöbing der Fall: "Vier Jungs haben alte Fosenigl-Masken auf dem Dachboden gefunden und diese jetzt wiederbelebt", weiß Pfeiffer.

Er hat eine Erklärung, woher die wachsende Begeisterung für Brauchtumsgruppen an Fasching kommt: "Die typischen Faschingsbälle mit ihrer Freuen-Sie-sich-jetzt-Mentalität sind vielen ein Graus", hat Pfeiffer beobachtet. Ein Umzug "ohne die lauten Wagen", dafür mit kunstvollen Figuren und "echten Hinguckern", finde bei einem großen Publikum eher Anklang, meint er. Viele Veranstalter würden ihr Aufgebot außerdem jedes Jahr mit Aktionen und besonders spektakulären Gästen versehen - beispielsweise das Trattnachtal Inferno mit seiner Feuershow. Diese Gruppe aus Oberösterreich wird, ebenso wie d'Faschingsmuffl, heuer auch beim Brauchtumsumzug der Thalmässinger Faschingswächter dabei sein. Ihren eindrucksvollen Beitrag wollen nun auch d'Faschingsmuffl leisten. Die Idee für Maske und Kostüm sollte "den griesgrämigen Faschingsgegner und das Winteraustreiben vereinen", blickt Pfeiffer auf das Ziel zurück.

Mit einer überzähligen Maske der Schnitzerei Stiegeler aus Grafenhausen in Schwaben fing das Design an. Das Einzelstück gefiel Pfeiffer auf Anhieb, telefonisch beriet er sich mit dem Handwerker zu einigen Änderungen, bevor er das Hauptstück seiner Kostümierung Mitte Januar 2016 in Händen hielt. "Genau, wie ich es mir vorgestellt hatte" - und gerade rechtzeitig für den ersten Auftritt des Faschingsmuffl auf dem Narrenbaumtreiben in Mitteleschenbach. Dort trat er noch ohne fertiges Kostüm an. "Nur einen schwarzen Mantel herum und einen schwarzen Hut drauf" - das war die Ausstattung für die Premiere.

Das Schwarze ist geblieben, denn "es symbolisiert die grimmig kalten Nächte im Winter", erklärt Pfeiffer. Der solle aber eben ausgetrieben und der Mensch gewärmt werden, trieb er das Konzept weiter und entschied, einen gelb-roten Flammenkranz zu ergänzen. "Auch die Herzen wollen wir damit erwärmen, um noch weitere Faschingsmuffel zu überzeugen", zeigt er sich missionarisch. Noch einen Besen zum symbolischen Auskehren dazu - fertig war die Grundausstattung des Faschingsmuffl .

"Manche haben's belächelt, manche fanden's richtig cool", erinnert sich Pfeiffer an die vergangene erste Saison seiner Figur. Zwischenzeitlich hat er überzeugte Mitstreiter gefunden. Einige seien schon in den Startlöchern gestanden, andere seien über die Veranstaltungen 2016 und über die sozialen Medien dazugestoßen. Allerdings nur ein einziger echter Faschingsmuffel habe sich bekehren lassen: "Conny, unser Ältester - alle anderen waren schon immer Faschingsbegeisterte", gesteht Pfeiffer. Das Einzugsgebiet seiner Gruppe ist groß und reicht von Großweingarten bis Meckenhausen und von Georgensgmünd bis Steindl.

Die Mannschaft hat sich im vergangenen Jahr jeden Monat getroffen, um zusammenzuwachsen und um die Kostüme der Neuzugänge zu gestalten. Die zehn neuen Holzmasken waren dabei die größte Herausforderung, die beinahe in einem "großen Desaster" geendet habe, wie Pfeiffer erzählt: Denn ein neuer Schnitzer war beauftragt, die erste Maske zu kopieren. Der eröffnete ihm nach Monaten, er habe sich beruflich verändert und könne die Masken nicht mehr fertigen, so Pfeiffer. Damaliger Produktionsstand: "Null!" Einigermaßen fassungslos wandte sich Pfeiffer an einen Hobbyschnitzer aus Pleinfeld. Der sprang ein. "15 bis 20 Stunden Schnitzarbeit pro Stück, plus die Zeit fürs Bemalen - und das alles neben dem Beruf", zählt Pfeiffer dessen Leistung auf, die er im Namen der Faschingsmuffl mit einem Orden des FVF würdigte.

Voll ausgestattet können D'Faschingsmuffl vom Fränkischen Seenland mit nunmehr elf Muffln und fünf Kindermuffln die Session genießen. In wechselnder Besetzung stehen 17 Umzüge im Kalender. Bis zum großen Brauchtumstreffen des BDK in Tauberbischofsheim führen dabei ihre Wege. Interessenten nimmt die junge Gruppe gerne auf und bittet um Kontaktaufnahme mit dem "Obermuffl" per E-Mail an: Andy.Pfeiffer1@web.de.

Wie die Gruppe in Zukunft weitermachen und sich entwickeln soll, dafür habe er Ideen zur Genüge, sagt Pfeiffer und versichert: "Ich fühle mich angekommen. Noch eine neue Gruppe gründe ich nicht."