Roth
Hilfe aus der Schuldenfalle

Beratungsstelle wird 20 Jahre alt – 800 Fälle pro Jahr

30.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:10 Uhr

Der Schuldnerberater Wolfgang Hunner von der Arbeiterwohlfahrt hilft Menschen in Not. - Foto: Tschapka

Roth (HK) Ihr 20-jähriges Bestehen hat die Schuldnerberatung Roth-Schwabach am Montag gefeiert. Dass es eine solche Einrichtung überhaupt braucht, sei zwar kein Grund zur Freude, sagte der Landeschef der Arbeiterwohlfahrt, Thomas Beyer, der die Arbeit der Rother Beratungsstelle jedoch für vorbildlich erklärte.

Am Anfang im Jahr 1994 gab es einen Sozialpädagogen mit Sekretärin, drei Aktenordner und eine Reiseschreibmaschine in einem kleinen Büro der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schwabach. Nach dem ersten Zeitungsbericht über die Arbeit, die in diesem Büro geleistet wird, stand jedoch das Telefon nicht mehr still. Heute ist die Schuldnerberatung des Wohlfahrtsverbandes eine gut ausgestattete und hoch angesehene Fachberatungsstelle mit zwei Standbeinen. Und das Telefon klingelt nach wie vor recht häufig. Wolfgang Hunner für den Landkreis Roth und Sabine Albuscheit für die Stadt Schwabach betreuen 800 laufende Fälle pro Jahr.

Zur 20-Jahr-Feier der Schuldnerberatung Roth-Schwabach an diesem Montag war nicht nur AWO-Landeschef Thomas Beyer, sondern auch der Mann der ersten Stunde in die AWO-Werkstatt „Auf Draht“ in Roth gekommen: Ulrich Kuhlmann hat die Schuldnerberatung in Schwabach mit aus der Taufe gehoben und 14 Jahre lang dort gearbeitet. Wolfgang Hunner kam dann im Jahr 2000 für den Landkreis Roth hinzu.

„Die Fallzahlen waren von Anfang an hoch, es kamen jährlich hunderte von Menschen dazu – und das wird auch so bleiben“, sagte Kuhlmann. Zugleich wies der Sozialpädagoge darauf hin, dass kein Wohlfahrtsverband in Schwabach zunächst die Beratung von Schuldnern übernehmen wollte. „Dann hat Hermann Vogel gesagt: Das machen wir“, erinnerte Kuhlmann an den verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden des AWO-Kreisverbandes Roth-Schwabach. Heute sind Schuldner- und Insolvenzberatung vereint. Sie werden von den Kommunen und dem Freistaat finanziert. 87 000 Euro pro Jahr leistet der Landkreis Roth, 56 000 Euro kommen aus München und 42 000 Euro steuert die Stadt Schwabach bei.

Michael Weinhold, der Leiter der Nürnberger Beratungsstelle, wies in seinem kurzen Referat über die Geschichte der Beratung für überschuldete Menschen auf die Zweistufigkeit des Beratungsziels hin. Die Schuldnerberatung war ab 1994 auf die Existenzsicherung ausgerichtet. Hoch verschuldete Menschen sollten nicht obdachlos werden und weiter Strom beziehen können. „1999 trat dann die Insolvenzordnung für Privatleute in Kraft“, so Weinhold. Sie machte die Schuldnerberatung zur Pflichtaufgabe der Kommunen, führte die Insolvenzberatung als Aufgabe der Bundesländer ein und ermöglichte bei Wohlverhalten eine Restschuldbefreiung nach sieben Jahren.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blickte AWO-Landeschef Thomas Beyer auf die Arbeit der Schuldnerberatung. „Soll man sich freuen, dass sie 20 Jahre nötig war“, fragte Beyer, hob aber die Bedeutung der Arbeit eines Wohlfahrtsverbandes in beide Richtungen hervor. „Unsere Aufgabe ist es sehr wohl, dafür zu sorgen, dass man solche und ähnliche Einrichtungen nicht mehr braucht, aber wer in Not ist, darf nicht ohne Hilfe bleiben“, so Beyer. „Solange es also Schuldnerberatungsstellen geben muss, wünsche ich mir, dass sie so laufen wie die der AWO Roth-Schwabach“, erklärte der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete. „Schließlich ist sie eine unserer Vorzeigeberatungsstellen“, lobte Beyer und wandte sich dann an die Vertreter der AWO ebenso wie an die der beteiligten Kommunen: „Sie dürfen stolz sein auf Ihre Arbeit“, sagte Beyer.

AWO-Kreisvorsitzender Hartmut Hetzelein erklärte, die Schuldnerberatung sei notwendiger denn je. „Die Gefahr in die Schuldenfalle zu tappen, wird immer größer“, war Hetzelein überzeugt. Das führe zu tragischen Einzelschicksalen. Oft könne dann allein ein professioneller Berater einen Weg heraus aus der finanziellen Krise weisen, so der AWO-Chef.

Landrat Herbert Eckstein gratulierte für die „Leistung über einen langen Zeitraum“. Denn es sei schwierig, angesichts menschlichen Leids die Spannung zu halten. Im Landkreis habe sich mittlerweile das geflügelte Wort „Der Hunner kommt“ durchgesetzt, so Eckstein. Dies sei aber keine Drohung, sondern dann werde vielen Menschen geholfen.