Roth
"Das ist eine echte Umkrempelung"

SPD macht sich beim Sozialempfang in Roth für Barrierefreiheit stark

09.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:13 Uhr

Mit Ruth Waldmann (links) hat Helga Schmitt-Bussinger die Fachfrau der SPD in Sachen Barrierefreiheit nach Roth geholt. - Foto: Schmitt

Roth (rsc) „Bayern barrierefrei“ lautet die Forderung, die sich die bayerische SPD auf ihre Fahnen geschrieben hat. Bei einem Sozialempfang in Roth haben die mittelfränkischen Abgeordneten jetzt zum einen regionale Akteure der Politik für Menschen mit Behinderung zusammengeführt.

Zum anderen nutzte die SPD die Gelegenheit, um Kritik an der Staatsregierung zu üben und die eigenen Absichten zu unterstreichen.

Barrierefreiheit ist „für zehn Prozent der Bevölkerung notwendig, für 30 Prozent hilfreich und für alle eine Bereicherung“, sagte Helga Schmitt-Bussinger den Slogan der Landtags-SPD. „Wir wollen Anregungen mitnehmen und motivieren“, so die Schwabacher Landtagsabgeordnete insbesondere in Richtung einiger Bürgermeister aus dem Landkreis und des Landrats. Dafür hatte sie sich Unterstützung aus München mitgebracht. Ruth Waldmann ist bei der SPD-Landtagsfraktion die Fachfrau in Sachen Inklusion und Barrierefreiheit.

Die 44-jährige Soziologin war vor ihrem Einzug ins Parlament 2013 stellvertretende Geschäftsführerin der Münchner Arbeiterwohlfahrt, saß 15 Jahre lang im oberbayerischen Bezirkstag und leitet nun innerhalb der Landtagsfraktion die entsprechende Arbeitsgruppe. Ihrer Meinung nach weiß die CSU-Staatsregierung trotz großer Worte des Ministerpräsidenten „nicht wirklich, was in Bayern los ist“. Seehofer habe sich für seine Ankündigung, Bayern werde 2023 barrierefrei sein, zwar „feiern lassen und große Hoffnungen geweckt“. Aber letztlich laufe das auf eine Riesenenttäuschung hinaus. Schließlich habe eine große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion ergeben, dass „es keine Datengrundlage, kein Förderkonzept und keinen Aktionsplan“ für konkrete Projekte gebe. Auch ein Programm für die Kommunen fehle.

Laut Waldmann pocht Finanzminister Söder auf Kostenneutralität. „Das funktioniert jedoch nicht, Barrierefreiheit ist nicht umsonst zu haben.“ Die Landtagsfraktion strebe deshalb eine echte Bestandsaufnahme in Bayern unter Einbeziehung der Betroffenen an. Per Internet will man Hinweise auf den Handlungsbedarf im gesamten Freistaat sammeln. „Nennen Sie uns die Fundstellen“, appellierte Ruth Waldmann an Menschen mit Handicap, ihre Angehörigen und ihre Verbände. Die Herstellung von Barrierefreiheit sei eine Querschnittsaufgabe für alle Akteure des politischen Prozesses. „Das ist eine echte Umkrempelung, aber ein barrierefreier öffentlicher Raum muss selbstverständlich sein.“

Gegenwärtig ist er im Landkreis Roth und in Schwabach alles andere als das. „Von den Sitzungssälen in 16 Rathäusern sind ganze drei für Menschen mit Behinderung zugänglich“, erklärte Paul Rösch vom Inklusionsnetzwerk Roth. Im Rahmen einer Interviewrunde betonte er die Bedeutung der Einbeziehung Betroffener bei der Gestaltung von Barrierefreiheit. „Sonst muss manches für teueres Geld neu gemacht werden“, sagte Rösch.

Simone Bald aus Schwabach ist wie Paul Rösch aufgrund einer Multiple-Sklerose-Erkrankung gehbehindert. Die zweifache Mutter setzt sich innerhalb des Schwabacher Bündnisses für Familie für ein behindertengerechtes Wohnumfeld ein. Sie vertrat dieselbe Auffassung wie Rösch: „Wir brauchen mehr Betroffene, die sich beteiligen.“

Paul Rösch ist es mit dem Inklusionsnetzwerk jedenfalls gelungen, einen Antreiber für Barrierefreiheit im Landkreis ins Leben zu rufen. Dafür wird er nun der erste Träger des neu geschaffenen Preises der AWO-Stiftung sein.

Für Georgensgmünds Bürgermeister Ben Schwarz (SPD) ist Barrierefreiheit in den Kommunen nur möglich, wenn die Finanzierung stimmt. Schwarz hält die Kommunen für überfordert. „Wir können nicht alles tun, weil uns die Finanzen fehlen“, sagte er und forderte den Freistaat zu Förderprogrammen und Investitionen auf.