Roth
Alle Gitarrenfreiheiten dieser Welt

Tedeschi und Trucks eröffnen mit üppiger Südstaatenmusik die Rother Bluestage

26.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:25 Uhr

Fulminanter Auftakt der Bluestage in Roth: Die zehn Musiker der Tedeschi Trucks Band heizt dem Publikum kräftig ein. - Foto: Tschapka

Roth (HK) Eine üppige Eröffnung hat die Tedeschi Trucks Band den Rother Bluestagen am Samstagabend beschert. So üppig, dass die Bluestage ihre Heimstatt Kulturfabrik verlassen mussten und zum dritten Mal nach Bill Wyman und James Brown in die Rother Mehrzweckhalle zogen, denn weder die Musikerschar noch die Zuschauer wären in der Kufa untergekommen.

Die Tedeschi Trucks Band ist zweifellos eine Big Band oder ein Orchester des Bluesrock. Drei Sänger, drei Bläser, zwei Drummer, zwei Gitarren, ein Bass und Keyboards, das muss erst einmal untergebracht werden. Zwölf Köpfe, die wollen aber auch koordiniert werden, sonst entsteht schnell Chaos, dafür hat das Orchester den Dirigenten. Bei Tedeschi und Trucks braucht es das nicht, die Verteilung der Musiker zeigt, warum. Zehn Musiker bilden vom linken bis zum rechten Bühnenrand einen Rahmen für zwei: Susan Tedeschi und Derek Trucks. Die Band ist eine gut geölte Maschine. In bester Südstaatentradition geben die beiden Drummer Tyler Greenwell und JJ.Johnson unterstützt von Bassist Tim Lefebvre den Groove vor, so unprätentiös wie präzise. Darüber legt Keyboarder Kofi Burbridge einen feinen Teppich, Bläser und Backgrund Singer runden ab und sorgen für üppige Fülle. Ab und zu darf der eine oder andere mal ein bisschen in den Mittelpunkt, vor allem Sänger Mike Mattison und Saxer Kebbi Williams hinterlassen da einen guten Eindruck.

Die Hauptaufgabe der Band ist es aber, das Musikerpaar Susan Tedeschi und Derek Trucks in Szene zu setzen. Seit fast 16 Jahren sind die beiden verheiratet, seit etlichen Jahren machen sie Musik und seit 2010 in der gemeinsamen Band. Außer wenn Susan Tedeschi mit ihrer bluesigen Countrystimme singt, stehen sich die beiden in der Mitte der Bühne gegenüber. Sie schaut dabei meist auf seine Gitarre, er hat die Augen geschlossen. Dieses Bild bietet sich dem Betrachter rund zwei Drittel der Konzerts, denn Derek Trucks ist nicht nur der Neffe des legendären Drummers der Allman Brother, Butch Trucks, und war selbst lange Mitglied der Band, er führt auch die Tradition weiter - lange ausufernde Improvisationen, die der Gitarre alle Freiheiten der Welt lassen.

Trucks, der sich schon als Kind auf den Weg in den Gitarrenolymp machte, kann aber mit dieser Freiheit umgehen. Wenn also ein Stück wie "Bound For Glory" über 17 Minuten geht und das Solo davon gute 10 einnimmt, dann ist das keine bloße Demonstration von Fingerfertigkeit, sondern eine spannende Sache. Trucks €˜ Töne fließen harmonisch, fügen sich immer wieder zu neuen Melodien zusammen, sein Picking ist extrem akzentuiert, nie eiert er minutenlang auf einem Schema herum oder wiederholt sich ständig.

Natürlich atmet die Musik der Tedeschi Trucks Band den Hippiegeist der Allman Brothers, trotzdem ist es etwas anders. Denn wo es damals oft ins freie Jazzige ging, steht heute ein grooviger Soul. Dort allerdings, wo Südstaatenrock, Blues und Country dominieren, wandelt die Bühne eindeutig auf den Spuren der großen Vorbilder. Das wird auch gar nicht geleugnet, vielmehr zollt man den Heroen mit zahlreichen Interpretationen Tribut, wie beispielsweise mit einer feinen Version von "Revolution" von den Beatles.

Auffällig an der Band ist, dass die Ansagen eher selten und dann knapp sind und auf eine Publikumsanmache bis auf eine zaghafte Mitklatschaufforderung von Backgroundsänger Markt Rivers komplett verzichtet wird. Die Band spielt für das Publikum und bindet es nicht mit ein. Fast ist es wie bei einem klassischen Konzert, einfach nur zuhören und am Ende Applaus spenden. Aber bei einem introvertiert wirkenden Meister wie Derek Trucks wäre es auch kaum vorstellbar, dass er den Bühnenkaspar gibt oder Ausflüge ins Publikum macht. Hat er aber auch nicht nötig, denn wer über mehr als zwei Stunden ein derart feines und akzentuiertes Gitarrenspiel bietet, dem will man eigentlich nur zuschauen und zuhören. Und mit ein paar feinen Melodien im Ohr zufrieden nach Hause gehen.