Nürnberg
Ein knappes Geständnis, aber kein Wort zum Motiv

Leiche in Baggersee bei Spalt: 23-jähriger Schwabacher gibt vor Gericht zu, seine 19-jährige Bekannte getötet zu haben

26.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:22 Uhr

Schweigend und starr sitzt der angeklagte Dani B. aus Schwabach neben seiner Pflichtverteidigerin Anna Lottner - Foto: Kofer

Nürnberg (HK) Der 23-jährige Dani B. aus Schwabach hat seine 19-jährige Bekannte Eleonara S. getötet. Dieses Geständnis hat der Angeklagte, der die Polizei im März zur Leiche der jungen Frau in einem Baggersee bei Spalt geführt hatte, beim gestrigen Prozessauftakt vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth wiederholt.

Zu den Hintergründen seiner Tat sagt der 23-Jährige jedoch kein Wort. Waren Drogen das Motiv oder verschmähte Liebe? Dani B. schweigt. Regungslos sitzt er auf der Anklagebank im Schwurgerichtssaal 600 des Landgerichts. Er trägt eine modische Frisur, einen grauen Anzug und Krawatte. Den einzigen Satz, den er gestern zu Beginn der Hauptverhandlung sagt, ist: „Ja, das ist richtig.“ Damit meint er die Erklärung seiner Pflichtverteidigerin Anna Lottner, die erklärte, ihr Mandant räume die Tat ein, er habe bei der Polizei auch schon ein umfangreiches Geständnis abgelegt, aber vor Gericht werde er nichts mehr sagen.

Auch aus diesem Grund müssen sich der Vorsitzende Richter Richard Caspar und die Geschworenen mit den Aussagen der Zeugen begnügen, die allerdings – sofern sie aus dem Bekanntenkreis von Täter und Opfer stammen – sehr vage und lückenhaft ausfallen. Das liegt zum einen daran, dass sie meist Anfang 20 sind und mehr mit sich selbst beschäftigt, und zum anderen, dass fast alle von ihnen Drogen konsumierten oder es noch tun. Sie wollen sich nicht selbst belasten und antworten gerne mit Phrasen wie „kann sein“ oder „Ich weiß nicht mehr“.

Fest steht bislang, dass der mutmaßliche Täter seit Herbst 2012 mit seinem späteren Opfer oft als Drogenkurier unterwegs war. Die junge Frau kaufte Extasy-Pillen, Speed und Amphetamine bei einer Freundin in Nürnberg ein und verkaufte sie meist mit einem deutlichen Preisaufschlag in Schwabach weiter. Er fuhr sie zu den Kunden. So war es auch am 25. Februar dieses Jahres geplant. Dani B. holte die 19-Jährige um kurz nach 18 Uhr von deren Freund ab und fuhr mit ihr Richtung Schwabach. 15 Extasy-Pillen hatte sie im Gepäck und eine große Tasche mit schmutziger Wäsche, die sie bei ihrer Mutter in Schwabach waschen wollte. Doch dort ist die junge Frau nie angekommen.

Auf dem Weg gerieten die beiden nach Ansicht von Staatsanwalt Thomas Strohmeier in Streit. Dani B. schlug seine Beifahrerin im Auto ins Gesicht, versuchte sie dort zunächst von vorne mit einem Kabel zu erdrosseln und erwürgte sie dann mit den Händen. Danach fuhr er die Leiche zu einem Baggersee bei Spalt, beförderte sie einen steilen Abhang hinunter und beschwerte sie später mit einem Gullideckel, den er in einem Kreisverkehr in Spalt gestohlen hatte. So zumindest hat es Dani B. bei seiner zweiten Vernehmung bei der Kriminalpolizei in Schwabach am 7. März geschildert.

In einer ersten Version hatte er den Beamten noch erzählt, er habe das Opfer an einer Unterführung in der Nähe des Schwabacher Bahnhofs abgesetzt und wisse nicht, wo sie dann geblieben sei. Doch die Aussagen waren widersprüchlich und teilweise unlogisch, wie ein Kriminalbeamter vor Gericht erklärt. Ein Spürhund fand zum Beispiel keine Spur des Opfers an der angeblichen Ausstiegsstelle. Fündig wurden die Spürhunde allerdings in Wolkersdorf, nach Schilderung von Dani B. der Tatort.

Vor dem Haus seines damaligen Chefs sei der Streit entbrannt, sagte Dani B. damals bei der Polizei. Er habe Stundenzettel in den Briefkasten werfen wollen, sie sei über den Umweg verärgert gewesen und habe ihn wegen seiner Drogengeschäfte anzeigen wollen. Außerdem sei ihm klar geworden, dass sie ihn die ganze Zeit über nur benutzt habe.

Dass sich die Tat ausschließlich im Auto abspielte, hält der ermittelnde Kripobeamte für unwahrscheinlich. „Es sprechen einige Gründe dagegen“, sagt er vor Gericht. Er gehe davon aus, dass sich ein Teil der Tat außerhalb des Wagens abgespielt habe und dass das Opfer von hinten erwürgt worden sei, so der Beamte. Der mutmaßliche Täter habe keine Abwehrspuren im Gesicht gehabt, obwohl sein Opfer in panischer Angst mit den Füßen einen Sprung in die Scheibe getreten hätte. Außerdem hätten die Spürhunde die Witterung von Dani B. erst auf einer nahen Freifläche aufgenommen.

Als die junge Frau wenige Tage nach der Tat von ihrer Mutter als vermisst gemeldet wurde, habe sich Dani B. als „besonders engagierter und interessierter Sucher“ hervorgetan, schildert der Ermittler vor Gericht. Im Nachhinein sei klar geworden: „Er wollte sich auf dem Laufenden halten.“ Eine Bekannte des Opfers schildert, dass der mutmaßliche Täter nach dem Verschwinden plötzlich von einer Randfigur in der Gruppe in den Mittelpunkt gerückt sei. Er habe sich nun mehr inszeniert und das Verschwinden des Opfers offen thematisiert. Ständig hätte er seine Sorge geäußert, „aber er wirkte dabei abgeklärt und unterkühlt“.

Wie denn das Verhältnis zwischen Opfer und mutmaßlichem Täter gewesen sei, will der Richter wissen. „Ich hatte das Gefühl, dass er fixiert war auf sie“, sagt die Bekannte. Eine langjährige Freundin aus Roth, die mit ihr in einer Wohngemeinschaft gelebt hatte, schildert das Verhältnis der beiden so: „Er hat alles für sie getan. Wir hatten alle das Gefühl, dass er was von ihr wollte. Sie hat ihn mehr oder weniger ausgenutzt.“

Dani B. sei ihr aber schon bei der ersten Begegnung unsympathisch gewesen. Er habe sich nicht vorgestellt und nichts Freundliches gesagt. Er habe immer nur vom Kiffen geredet. Auch ihre frühere Freundin habe ständig Drogen genommen. „Sie konnte nichts machen, ohne dass sie zuvor Drogen genommen hat. Ohne ihre Drogen war sie eine gute Freundin.“ Wegen der Drogen und der häufig wechselnden Freunde sei das Leben in der WG aber anstrengend gewesen, die Freundschaft sei in die Brüche gegangen. Ende 2012 zog das spätere Opfer deswegen aus. Beim Umzug geholfen hat Dani B.

„Für mich ist er ein ziemlich besonderer Mensch“, sagt ein guter Freund von Dani B. Er habe ihm immer geholfen und er habe offen mit ihm reden können. Vor allem haben die beiden wohl sehr viel Drogen zusammen genommen. Von der anfänglichen Aussage, „wir haben schon mal eine Kleinigkeit gekifft“ wird nach intensivem Nachbohren des Gerichts „wir waren harte Dauerkonsumenten“. Wie viel die beiden geraucht hätten, will Staatsanwalt Strohmeier vom Zeugen wissen. „Ich habe die Joints nicht gezählt“, sagt dieser. „So viel, wie die Zeit da war.“

Die Verhandlung wird heute um 9 Uhr unter anderem mit den Aussagen des Gerichtsmediziners und des psychologischen Gutachters fortgesetzt. Das Urteil soll am Dienstag, 3. Dezember, verkündet werden.