Nürnberg
Geschäftsidee aus dem Kaffeesatz

Der 34-jährige Start-up-Unternehmer Ralph Haydl lässt Pilze aus dem Karton wachsen

29.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:24 Uhr

Mit seinem gelben Lastenfahrrad bringt Ralph Haydl die Pilzpakete zur Post. Und sammelt unterwegs bei den Gaststätten Kaffeesatz ein, der dann den Nährboden für die Pilzkulturen bildet. - Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Ralph Haydl verschickt Pakete, mit denen man Pilze zu Hause selber züchten kann. Der Clou: die Pilze wachsen auf altem Kaffeesatz. „Ich habe mich schon immer für Nachhaltigkeit interessiert“, sagt der 34-jährige „Pilzpaket“-Gründer aus Nürnberg.

Die Idee ist ihm beim Kaffeetrinken gekommen. „Aus dem Kaffeesatz müsste sich doch was machen lassen“, dachte sich Ralph Haydl und forschte im Netz nach Möglichkeiten, aus dem wertlosen Abfallprodukt ein Geschäft zu machen. „Ich bin dann tatsächlich fündig geworden“, erinnert sich der 34-jährige Start-up-Unternehmer: „Pilze! Auf Kaffeesatz gedeihen Pilze prächtig!“ Die Idee ließ ihn nicht mehr los. In Amerika fand er eine Firma, die bereits Pilzesets zum Selberzüchten verkaufte. „Wenn es da funktioniert, muss es hier auch funktionieren“, sagte sich der gelernte Betriebswirt und machte sich an die Arbeit. Ein Jahr hat er herumexperimentiert. Hat Pilzexperten konsultiert und Fachbücher durchforstet.

„Ich hatte vorher von der Pilzzucht wirklich keine Ahnung“, erzählt er und präsentiert stolz seine Küche. Hier wachsen Pilze wie im Märchenwald. Die rosa Knollen sprießen seitlich aus seinem Pilzpaket in den Himmel. „Man kann pro Pilzpaket zwei bis vier Mal ernten. Die Menge nimmt aber mit der Zeit ab, weil die Nährstoffe im Kaffeesatz geringer werden“, erklärt er. Besonders für Kinder sei das faszinierend.

„Wenn man das Paket aufmacht, muss man es mit Wasser besprühen.“ Wenige Tage später strecken die ersten Pilze ihre Köpfe in die Luft. Danach kann man ihnen beim Wachsen förmlich zuschauen, wenn sie in der Küche von Tag zu Tag größer werden. „Die wachsen schneller als jedes Basilikum.“ Gießen muss man die Pilze natürlich auch. „Das Pilzpaket muss man ein bis zwei Mal am Tag mit etwas Wasser besprühen, damit die Pilze nicht austrocknen.“ Wer keine Sprühflasche zur Hand habe, könne auch mit dem Löffel ein paar Wassertropfen über die Pilze träufeln. „Aus einem Pilzpaket kann man 300 bis 500 Gramm ernten.“

Bei konstanter Temperatur wachsen seine „Pilzpakete“ in einem klimatisierten Raum heran. „Hier gebe ich die Pilzbrut zu dem Kaffeesatz hinzu. Das werden einmal schöne Rosaseitlinge.“ Zwei Wochen bei gleichbleibenden 22 Grad Celsius brauche es, bis es sich die Sporen in dem ehemaligen Kaffeepulver gemütlich gemacht haben. „Der Kaffeesatz ist dann von den weißen Pilzfäden komplett durchzogen und zu einem festen Block herangewachsen.“ Jetzt wandert der harte Kaffeesatz mit dem herangereiften Pilz in einen Karton. „Fertig ist das Pilzpaket. Das bringe ich jetzt zur Post“, sagt Ralph und schwingt sich auf sein gelbes Lastenfahrrad.

Auf dem Weg klappert er gleich die Kaffeehäuser ab, um frischen Kaffeesatz einzusammeln. „Das Thema Nachhaltigkeit hat mich schon immer beschäftigt“, sagt der Pilzunternehmer und tritt noch ein bisschen kräftiger in die Pedale. „Demnächst will ich auch Austernpilze und Zitronenseitlinge anbieten.“ Ein Pilzpaket kostet knapp 14 Euro. Damit sind die selbstgezüchteten Pilze etwas teurer als die Pilze aus dem Supermarkt.

„Den meisten Leuten geht es nicht um den Preis. Sie wollen den Pilzen beim Wachsen zuschauen können oder sie verschenken das Pilzpaket“, erzählt er zurück in der Küche und schmeißt ein paar Rosaseitlinge mit gehackten Zwiebeln in die Pfanne. „Die schmecken wirklich toll. Ein bisschen süßlich“, sagt er und vertilgt genüsslich die gebratenen Fruchtkörper, die rosa auf dem Teller leuchten.

Pilze, die auf der eigenen Fensterbank wachsen: Leichter kann man Pilze wirklich nicht „finden“. Und das zu jeder Jahreszeit! Außer man geht in den Supermarkt. Aber das ist nur halb so schön wie die kleine Pilzfarm im Küchenregal.