Nürnberg
Durchbruch beim Augustinerhof

Nach jahrzehntelangem Streit um Nürnberger Filetgrundstück ist Baubeginn in Sicht

14.12.2012 | Stand 03.12.2020, 0:42 Uhr

Nürnbergs schönster Parkplatz: Die Nutzung spült zwar Geld in die Kasse, kann aber keine Lösung sein. - Foto: Kofer

Nürnberg (HK) Er sorgte für den einzigen Bürgerentscheid der Stadt, er war Chefsache, Prestigeobjekt, „Ratzenspielplatz“ und Schandfleck, er ruinierte Investoren und Bürgermeister, zuletzt war er Innenstadtparkplatz: der Nürnberger Augustinerhof. Nun bahnt sich endlich eine Lösung an.

„Der Augustinerhof steht nicht mehr auf meiner Problemliste“, sagt ein entspannter Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). Es gebe einen Eigentümer, der der Stadt bekannt sei und einen Plan, der eingereicht sei. „Ich bin zuversichtlich, dass der Parkplatz in einen hoffnungsfroheren Zustand übergehen wird“, sagt Maly. Das Problem, laut Maly „ein verbissener Nachbarschaftsstreit um 40 Zentimeter Traufhöhe“, sei gelöst. Der gelungene Plan des Berliner Architekten Volker Staab sei mühevoll überarbeitet und quasi tiefergelegt worden.

„Das ist richtig so“, bestätigt Josef Daum, Geschäftsführer der Nürnberger alpha-Gruppe des Immobilienentwicklers Gerd Schmelzer. Investor und Stadt hätten ein Arrangement getroffen, so Daum. Noch vor Weihnachten werde man einen geänderten Bauantrag bei der Stadt einreichen, die im Vorfeld bereits ihre Zustimmung signalisiert habe. Bis Mitte 2013 rechnet Josef Daum mit der Baugenehmigung, im Frühjahr 2014 könnte dann endlich der Bau des Augustinerhofes beginnen. „Dann müssten die Bagger rollen“, sagt Daum. Entstehen sollen auf dem rund 5200 Quadratmeter großen Areal mitten in der Sebalder Altstadt 60 bis 70 Wohnungen in Richtung Pegnitz, geplant sind außerdem ein Hotel, Läden, Praxen und Büros. Eine Hälfte sei für Wohnbau, die andere für Gewerbe vorgesehen, so Daum. 60 Millionen Euro soll der Bau kosten. Bis dahin wird das Gelände zwischen Karlstraße und Winklerstraße noch als Parkplatz genutzt.

Der betroffene Nachbar müsste schon gegen die Stadt klagen, wollte er das Projekt noch verzögern oder gar stoppen. Josef Daum vermeidet es daher, Öl ins Feuer zu gießen. „Der Nachbar hat berechtigte Interessen“, räumt er ein. Man hätte sich zwar schon vor Jahren geeinigt gehabt, dann habe man aber einen stützenlosen Bau bevorzugt, dessen Decken dann um zehn Zentimeter verstärkt werden mussten, was den Baukörper um jene umstrittenen 50 Zentimeter erhöht habe. „Das war kein böser Wille von uns“, versichert Daum heute. Gibt es keine Klagen, könnte der rund 22 Meter hohe Augustinerhof nach den Plänen von Volker Staab tatsächlich Wirklichkeit werden.

Ironie der Nürnberger Geschichte: Staab hat bereits das Neue Museum in Nürnberg gebaut. Dort läuft noch bis Februar 2013 die Ausstellung, die dem Lebenswerk des Zirndorfer Stararchitekten Helmut Jahn gewidmet ist. Seine, von den Altstadtfreunden als „aufgeplatzte Bratwurst“ verschmähte Augustinerhof-Lösung ist nie über das Entwurfsstadium hinausgekommen, war aber Grund- und Meilenstein in der über zwanzigjährigen Debatte. Im Januar 1991 wurde Jahns Entwurf einer 100 Meter langen und über 30 Meter hohen Einkaufspassage mit Hotel, Büros und Wohnungen präsentiert. Vor allem die Tonnenform erregte die Gemüter. Unpassend und überdimensioniert, kritisierten die Altstadtfreunde. 55 000 Unterschriften sammelte eine Bürgerinitiative gegen die „Bratwurst“. Am 14. Januar 1996 lehnte eine Mehrheit von knapp 69 Prozent im ersten und bislang einzigen Bürgerentscheid der Stadt Jahns Pläne ab. Investor Mohammad Abousaidy ging pleite über die lange Debatte, Oberbürgermeister Peter Schönlein (SPD) verlor die Wahl. Das Filetstück in der Sebalder Altstadt fiel an die Bank und versank im Dornröschenschlaf, bis es Gerd Schmelzer vor fünf Jahren wachküsste. Am 18. Dezember 2007 ersteigerte er das Grundstück für knapp 5,8 Millionen Euro. 2008 begann der Abriss der alten Gebäude, Volker Staab gewann den Architektenwettbewerb. Alles schien gut, dann stockte der Bau. Investor Schmelzer rechnete zwar mit Problemen bei Baugenehmigung, dass es so schwierig werden würde, hat auch er nicht geahnt. Im Dezember 2009, pünktlich zum Start des Christkindlesmarktes, wird das Areal zum Parkplatz für 150 Autos umfunktioniert.

„Deswegen haben wir es nicht gekauft“, widerspricht alpha-Geschäftsführer Josef Daum der Darstellung, man sei ganz zufrieden mit den Parkgebühren. „Die Vision ist wieder da“, sagt Daum nach einem Besuch der Jahn-Ausstellung im Neuen Museum. Die Achse von der Tuchgasse zum Trödelmarkt, das Eingangstor am Hauptmarkt, das alles sei geblieben. Auch wenn es über 20 Jahre in der Versenkung war.