Hilpoltstein
Mit Hut, Humor und Hellebarde

Gottfried Gruber hört nach über 20 Jahren als Nachtwächter und Gästeführer auf

10.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:14 Uhr
Gottfried Gruber kennt jeder Hilpoltsteiner in seiner Rolle als Nachtwächter . Jetzt hängt er seinen schwarzen Filzhut an den Nagel. −Foto: Bader

Hilpoltstein (HK) Eine Ära geht zu Ende: Gottfried Gruber, der tausende Menschen Tag und Nacht durch die Hilpoltsteiner Innenstadt, zur Burg und die Residenz, von den Mühlen und sogar durchs ganze fränkische Seenland geführt hat, hört auf. "Weil ich alt genug bin, sagt der 76-Jährige schlicht.

1996 hat Gruber mit den Führungen angefangen. Auf gutes Zureden von Willi Stengl, dem damaligen Chef des Hilpoltsteiner Kulturamts. Und damit er weiß, was er tut, hat Gruber unzählige Lehrgänge absolviert, hat sich in Eichstätt als Kirchenführer ausbilden lassen, Seminare in Hirschberg besucht und sogar den Schein als Seenlandführer erworben. "Ich habe mich da reingehängt, denn ich wollte es gut machen", sagt Gruber.

Und er hat sich auch nicht mit dem normalen Job als Gästeführer begnügt, sondern 1999 den Nachtwächterrundgang aus der Taufe gehoben - wie übrigens auch das Ritterfest, dass sich unter der Regie von Jutta Quiring und dem Namen Mittelalterfest als erfolgreichste Veranstaltung Hilpoltsteins etabliert hat.

Bevor er zum ersten Mal als Nachtwächter auftrat, hat er sich das nötige Outfit zusammengesucht. Jutta Quiring hat ihm im Internet einen Mantel bestellt, sein Trinkhorn hat er vom Trödelmarkt und den markanten Hut hat er sich für immerhin 200 Mark filzen lassen. "Wolle vom schwarzen Schaf. Das passt zu mir", sagt er. Markenzeichen ist aber heute neben der Hellebarde auch seine Laterne. Ein echtes Erbstück. "Rund 200 Jahre alt und von der Paulusmühle, die früher meiner Mutter früher gehört hat."

Das umfangreiche Wissen über Hilpoltstein hat er sich schnell angeeignet. Handfeste Fakten kamen von Anton Strobl, der damals viel im Kirchenarchiv geforscht hat. "Alles andere war Quack-quack, also das, was mir Leute erzählt haben."

Mit fundiertem Wissen und noch mehr Geschichten hat er unzählige Menschen fasziniert. Vor allem die Geschichten sind es, die bei den Menschen laut Gruber hängenbleiben. "Geh mir doch mit den Jahreszahlen. Die hat jeder an der nächsten Hausecke vergessen", sagt er. "Wenn ich aber erzähle, wer in den Häusern gelebt, und wie es dort zugegangen ist - das bleibt im Kopf."

Und er hat damit Kinder wie Erwachsene gleichermaßen fasziniert. Manche als sie noch ganz klein, und noch einmal, als sie 20 Jahre später längst erwachsen waren. "Einmal war einer bei einer Führung, der mir von der Geschichte vorgeschwärmt hat, die ich ihm als Kind erzählt habe", sagt Gruber. Ein Schauermärchen übrigens, von einem toten Amtsrichter, der mit einer lautlosen Kutsche nachts ruhelos durch die Stadt gegeistert ist, weil er im Leben so furchtbare Urteile gesprochen hat. "Es ist schön, wenn sich einer daran noch erinnert", sagt Gruber. Den Schauermärchen für den jungen Bub folgte dann 20 Jahre später die Geschichte von den "Freudenhäusern, also den Badehäusern Hilpoltsteins".

Gruber hat übrigens auch die heute so beliebte Gastrotour als Wirtshaustour aus der Taufe gehoben. Anfangs haben sich die Wirte noch gestritten, wer das Hauptgericht machen darf, weil er da am meisten verdient. Deshalb hat es Gruber es eine Zeit lang einschlafen lassen. Jetzt sind die Zankereien längst vorbei und die Ausflüge bei Wirten wie Besuchern beliebt.

Grubers Erfolgsrezept: "Ich bin grad heraus, ich sag meine Meinung. Und ich bin mit jedem per Du, egal wie er ausschaut." So hat er übrigens auch mal eine Grube durch Hilpoltstein geführt und wie immer erst einmal nach den Namen gefragt. "Ich bin der Gottfried. Und du?" Ein knappes "Richard" kam damals von einem Mann im feinen Zwirn. Gruber hat sich weiter keine Gedanken gemacht, sich nur gewundert, warum Ziel der Führung in der Residenz mit Bürgermeister und Büfett erwartet wurde. "Richard Bartsch war es - unser Bezirkstagspräsident", sagt Gruber und schmunzelt.

Übrigens ist es dem Gruber am liebsten, wenn die Touren im Veranstaltungskalender angekündigt sind. "Dann kommt die schönste Mischung an Leuten zusammen." Er hat dabei ein feines Gespür für die Menschen. "Ich weiß, wann ich Witze erzählen kann", sagt er. "Mit anderen habe ich dagegen nach einer Kirchenführung gemeinsam ein Vaterunser gebetet."

Seine letzte offizielle Tour ist übrigens am 29. Dezember. "Treffpunkt ist um 19 Uhr an der Residenz" sagt Gruber und schaut kurz nachdenklich aus dem Fenster. "Es ist nicht leicht aufzuhören", sagt er leise. "Das merke ich erst jetzt so richtig, wo die letzte Tour immer näher kommt."

 

Abschied im Ausschuss

Eine Sitzung des Ausschusses für Kultur, Sport und Tourismus Hilpoltstein findet am Mittwoch, 15. November, statt. Beginn des öffentlichen Teils ist um 19.30 Uhr im Sitzungssaal. Im Mittelpunkt steht dabei die Ehrung und Verabschiedung von Gottfried Gruber als Stadtführer. Darüber hinaus gibt es Informationen zum Projekt Fairtrade-Stadt Hilpoltstein und zur Kunst im öffentlichen Raum in Hilpoltstein.