Lehrer droht lange Haftstrafe

Urteil im Prozess wegen sexuellen Missbrauchs auf späteren Termin verschoben

24.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr

Nürnberg (HK) Ein sportbegeisterter Mittelschullehrer aus Nürnberg soll eine Vorliebe für Knaben gehabt haben. In 27 Fällen hat der leidenschaftliche Volleyballer laut Anklageschrift minderjährige Jungen missbraucht. Den Prozess ins Rollen gebracht hat ein heute 28-Jähriger, der im Schulalter zum Opfer geworden sein soll.

Zwei weitere Zeugen haben den Lehrer im Prozessverlauf schwer belastet.

Draußen scheint die Frühlingssonne. Drinnen hockt der angeklagte Lehrer und lässt die Schultern unter seinem grauen Sakko nach unten hängen. Mit gesenktem Kopf lauscht der 59-Jährige einer Erklärung, die sein Verteidiger vorträgt. Harald Straßner klagt, dass eine leitende Ermittlerin nicht alle Gespräche mit Zeugen in die Ermittlungsakten aufgenommen habe. Dadurch, so Straßner, könnten der Verteidigung womöglich wichtige Erkenntnisse vorenthalten worden sein. Staatsanwalt Matthias Engelhardt zerpflückt den Einwand postwendend. Die Ermittlerin müsse nicht jede Sekunde ihres Lebens dokumentieren. Außerdem dürfe sie entscheiden, was wichtig oder unwichtig für die Ermittlungen ist. Die Aufzeichnungen der Ermittlerin seien korrekt.

Der Richter scheint von diesem Scharmützel zum Auftakt des sechsten Verhandlungstags unbeeindruckt. Dann geht es um die Beweisanträge, die die Vereidigung am letzten Verhandlungstag vor einer Woche überraschend gestellt hatte. Die Ex-Freundin des Nebenklägers soll nach dem Willen der beiden Verteidiger in den Zeugenstand, um die Aussagen des Hauptbelastungszeugen zu entkräften. Dummerweise lebt die Frau in Australien. Der Richter hat den Beweisantrag aber nicht aufgrund der großen Entfernung abgelehnt. Vielmehr sei es für ihn nachvollziehbar, dass der Nebenkläger die sexuellen Übergriffe erst einer späteren Freundin anvertraut habe. Die frühere Freundin könne in Australien bleiben und müsse nicht für eine Zeugenaussage, von der sich der Richter nichts verspricht, nach Deutschland jetten. Gleich nach dieser müssen die renommierten Strafverteidiger noch eine kleine Niederlage einstecken. Auch den zweiten Beweisantrag schmettert der Richter ab.

Die Verteidigung gibt sich daraufhin nicht geschlagen. Peter Doll und Harald Straßner beantragen stattdessen eine Unterbrechung der Verhandlung. Dieser Vorschlag bringt Staatsanwalt Matthias Engelhardt beinahe auf die Palme. "Wenn das so weiter geht, sitzen wir hier noch in einem halben Jahr", ärgert sich der Staatsanwalt. Peter Doll zuckt mit den Schultern und sagt: "Wir brauchen die Zeit, um die Begründung zu studieren und unsere Schlüsse für den weiteren Prozessverlauf zu ziehen." Schließlich gehe es um etwas in diesem Prozess. Genauer gesagt geht es um eine hohe Haftstrafe von mindestens einem und maximal fünfzehn Jahren, die dem Angeklagten droht.

Beim nächsten Prozesstermin wollen sich die Verfahrensbeteiligten in aller Herrgottsfrühe treffen, um die Plädoyers zu halten und endlich ein Urteil fällen zu können. Zu einem schnellen Urteil wird es sicher nur kommen, wenn die juristischen Scharmützel irgendwann beendet werden.