Keine Angst vor Rückrufaktion

VW Passat und Audi A 4 mit Schummelsoftware werden ab Montag umgerüstet Händler sind entspannt

24.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:10 Uhr

Hilpoltstein (HK) Die größte und teuerste Rückrufaktion in der Geschichte von Volkswagen, die am kommenden Montag beginnt, löst bei den hiesigen Vertragswerkstätten keine Unruhe aus. "Da kommt nichts Außergewöhnliches auf uns zu", sagt etwa Günter Müller, Betriebsleiter des Autohauses Rothsee, Vertragswerkstatt für VW und Audi.

"Eine Rückrufaktion in dieser Größenordnung hatten wir noch nicht", sagt Müller zwar, aber bange ist ihm nicht. Es werde weder Sonderschichten noch Überstunden in seiner Werkstatt geben. "Es ist nichts anderes als ein Software-Update." Für Werkstätten dank der vielen Elektronik im Auto inzwischen ein alltägliches Geschäft. Das Update werde maximal eine Stunde pro Fahrzeug dauern, so Müller.

Begonnen hat die Umrüstung der Dieselfahrzeuge mit Schummelsoftware, die einen geringeren Schadstoffausstoß vortäuscht, bereits. Allerdings mit dem seltenen VW-Modell Amarok, einem Pickup, von dem es in Hilpoltstein nicht einmal eine Handvoll gibt. Deswegen hat Müller noch keinerlei Erfahrung mit dem Update. Noch haben weder Audi noch Volkswagen die neuen Softwarepakete zur Verfügung gestellt. Laut Müller soll die Umrüstung aber weder Leistung noch Spritverbrauch negativ beeinflussen. Sollte es trotzdem so sein, werde man das natürlich dem Hersteller melden.

Der ADAC bietet seinen Mitgliedern einen unabhängigen Test an (siehe Kasten). Allerdings werden zunächst nur zehn Fahrzeuge in ganz Deutschland ausgewählt. Deutschlandweit sind rund 2,4 Millionen Dieselautos der Marken Audi, VW, Skoda, Seat von der Rückrufaktion betroffen.

Kosten entstehen durch die Umrüstung weder dem Kunden noch der Werkstatt. "Wir merken nichts von verärgerten Kunden. Der Großteil steht weiterhin loyal zu VW", sagt Günter Müller. Ob das so bleibt, wird sich spätestens Anfang März zeigen. Dann beginnt bei Audi die Rückrufaktion mit dem A 4 2,0 TDI. VW startet am 29. Februar, mit dem Passat, ebenfalls mit Zweiliter-Motor. Im Gegensatz zum Amarok sind das sogenannte Volumenfahrzeuge, also Autos, die oft verkauft werden. Wann der Verkaufsschlager Golf an der Reihe ist, steht noch nicht fest. Autos mit den kleineren 1,2-Liter-Motoren sollen ab 30. Mai in die Werkstatt kommen, Motoren mit 1,6 Liter Hubraum sind ab dem 5. September an der Reihe. Volkswagen will bis Ende Februar alle betroffenen Kunden anschreiben und Details und Datum der Umrüstung nennen. Eine Entschädigung bietet der Konzern deutschen Kunden bislang nicht an.

Auch bei der VW-Tochter Seat hat die Rückrufaktion begonnen. Seit 15. Februar werden die Kunden angeschrieben. Rund 700 000 Fahrzeuge sollen betroffen sein. "Ab 21. März läuft bei uns die erste Welle", sagt Johann Pfaller von der gleichnamigen Vertragswerkstatt in Mörlach. Die Umrüstung beginnt mit dem Modell Exeo 2,0 TDI, Ende Mai soll der Seat Leon folgen. "Wir kennen nur den Fahrplan", sagt Pfaller. Genaueres über den tatsächlichen Ablauf könne er erst sagen, wenn Mitte März die nötige Software freigeschaltet werde. Dann komme der spannende Moment, wenn hunderte von Händlern gleichzeitig auf den Server zugreifen.

"Das Update soll in einer halben Stunde erledigt sein", sagt Pfaller, "aber nur, wenn alles klappt". Nicht eingerechnet seien Verzögerungen durch Internetprobleme und die anschließende Probefahrt. "Auf sein Auto zu warten ist eigentlich ein Unding", sagt Pfaller. Größere Schwierigkeiten erwartet er zwar nicht, trotzdem will er anfangs mehr Zeit für die Umrüstung einplanen, bis er verlässliche Ergebnisse hat. Falls der Kunde ein Ersatzauto brauche, bekomme er es.

Die betroffenen Autofahrer würden alle sehr besonnen reagieren, sagt Pfaller. "Da ist keiner dabei, der sich jetzt verrückt macht. Die Autos funktionieren ja einwandfrei." Einige Kunden hätten daher schon gefragt, ob man die Umrüstaktion nicht einfach bleiben lassen könne. Das wäre zwar rein technisch möglich, aber rechtlich unzulässig. Wer nach der dritten Aufforderung des Kraftfahrtbundesamtes nicht reagiert und sein Auto umrüsten lässt, verliert die Betriebserlaubnis. "Dann kommt die Polizei und entstempelt die Nummernschilder", warnt Pfaller.