Hilpoltstein
Ende der Rother Bürogemeinschaft

Nach dem Verlust des Mandats von Martin Kastler herrscht Katerstimmung im CSU-Kreisverband

26.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:39 Uhr

Geknickt: Dieses Wahlplakat in Hilpoltstein trifft die Stimmung bei der CSU im Rother Kreisverband nach dem verpassten Wiedereinzug von Martin Kastler ins EU-Parlament. Der CSU-Kreisvorsitzende Volker Bauer braucht jetzt einen neuen Ansprechpartner - Foto: Messingschlager

Hilpoltstein (HK) Die mittelfränkische CSU hat ihren Botschafter in Brüssel und Straßburg verloren: Das schlechte Abschneiden der Partei bei der Europawahl am Sonntag kostete Martin Kastler aus Schwabach den Job im EU-Parlament. Im Rother CSU-Büro herrscht deshalb Katerstimmung.

„Ich finde es einfach nur bedauerlich“, so kommentierte gestern der Rother CSU-Kreisvorsitzende Volker Bauer den Verlust des Mandats von Martin Kastler. „Da fehlt uns jetzt ein wichtiger Ansprechpartner und es bricht uns auch eine wichtige Stütze in unserem Büro weg.“ Seit der CSU-Kreisverband vor rund einem halben Jahr seine neue Geschäftsstelle eröffnete, hatte der bisherige Europaabgeordnete aus Schwabach neben seinen beiden Büros in Brüssel und Nürnberg auch noch einen Schreibtisch in dem Gebäude am Rother Rathaushof stehen.

„Jetzt müssen wir uns überlegen, ob und wie wir umstrukturieren“, sagte Bauer. Denn nicht nur auf Kastlers Arbeitsplatz hat das Wahlergebnis vom Sonntag massive Auswirkungen. Extra zur Unterstützung des mittelfränkischen EU-Abgeordneten ist nämlich eine 400-Euro-Stelle im Rother CSU-Büro eingerichtet worden. Was aber jetzt mit dieser Stelle passiert, die Julia Latson aus Heideck erst vor wenigen Wochen angetreten hat, konnte der Kreisvorsitzende gestern noch nicht sagen. Fest steht für Volker Bauer nur, dass die Rother CSU das Thema Europa nach Kastlers Abwahl nicht unbesetzt lassen sollte. „Dafür ist Europa zu wichtig.“

Bauers erster Ansprechpartner wird künftig wohl der wiedergewählte CSU-Abgeordnete Albert Dess (siehe Kasten) sein, der zusätzlich zur Oberpfalz auch Mittelfranken betreuen soll. „Das ist ein großes Gebiet. Da leidet natürlich die Vertretung“, sagte der Rother CSU-Vorsitzende, der seine Anliegen künftig nicht mehr einfach nur über den Schreibtisch schieben kann. „Jetzt wird der Weg eindeutig weiter. Meine Aufgabe wird es nun sein, diesen Weg wieder zu verkürzen.“ Deshalb strebt Bauer eine intensive Kooperation mit Albert Dess an, auch wenn dieser wohl keinen weiteren Schreibtisch nach Roth stellen wird.

Warum aber der Wähler am Sonntag wollte, dass die CSU im EU-Parlament künftig viel weniger Gewicht hat als bisher, liegt laut Volker Bauer an einer ganzen Reihe von Gründen: Einerseits ein „großes Alternativangebot“ auf dem Wahlzettel, andererseits das Wegfallen der Drei-Prozent-Hürde in Deutschland, was ganz neue Rahmenbedingungen für diese Abstimmung geschaffen habe. Hinzu kommen aus der Sicht des CSU-Kreisvorsitzenden „eine gewisse Wahlmüdigkeit“ in der Bevölkerung und die Beobachtung, dass Europa an den Herzen der Bürger vorbei gehe und einige Reizthemen wie das Freihandelsabkommen TTIP oder die Gentechnik ganz besonders der CSU angelastet würden.

Ein weiterer Punkt der Ursachenforschung sei aber auch eine gewisse Sorglosigkeit in der CSU. Der Glaube, dass es nach den zuletzt so erfolgreichen Wahlen auch dieses Mal gut laufe, sei wohl eine Fehleinschätzung gewesen, so Bauer. Im Gegensatz zu Martin Kastler, der sich vor einer Woche im Gespräch mit unserer Zeitung noch so zuversichtlich über seine Wiederwahl zeigte, hatte der CSU-Kreisvorsitzende nach eigenen Worten deutlich größere Sorgen, dass es nicht reichen könnte. Bei bislang acht CSU-Abgeordneten schien der siebte Listenplatz für Kastler zunächst zwar eine gute Ausgangsposition für den erneuten Einzug ins EU-Parlament. „Aber die Alternativen bei dieser Wahl waren nicht zu übersehen“, so Bauer. „Deshalb waren wir auch etwas vorsichtiger optimistisch.“ Dass es am Ende aber nur noch fünf EU-Abgeordnete der CSU sein würden, habe allerdings auch ihn überrascht.

Schwer geschockt hatte sich am Sonntagabend Martin Kastler gezeigt, als um 23 Uhr die europaweiten Hochrechnungen bekannt wurden. „Das ist schlicht frustrierend“, sagte er dem Schwabacher Tagblatt. „So einen Absturz der CSU hätte ich nicht für möglich gehalten.“ Als eine persönliche Niederlage nehme er das Ergebnis nicht. „Ich war sehr fleißig. Verloren hat die ganze Partei.“ Und verloren hat auch Mittelfranken, das künftig nur noch durch den wiedergewählten Linken-Abgeordneten Thomas Händel aus Fürth vertreten ist, aber nicht mehr durch die CSU. „Das ist eine Schwächung Frankens“, sagte Kastler. Seine persönliche Zukunft müsse er sich jetzt in aller Ruhe mit seiner Familie überlegen.

Alles andere als ruhig war jedoch die Nacht von Sonntag auf Montag für den 39-Jährigen. „Mit einem politischen Gewitter für die CSU ging ich schlafen“, schrieb der Schwabacher gestern auf seiner Facebook-Seite. „Und ein echtes Gewitter weckte mich auf.“ Seinen Dank sagte Kastler noch allen Unterstützern, Kollegen und Mitarbeitern für die gemeinsame Zeit, ehe er für den Rest des Tages nicht mehr erreichbar war. Sein bisheriger Bürokollege Volker Bauer hatte es gestern erst gar nicht probiert, den abgewählten EU-Abgeordneten am Telefon zu erreichen. „Er braucht jetzt sicher seine Zeit.“