Hilpoltstein
Schnitzeljagd in die Wüste

Gerlinde Palmy und Herwig Weigel aus Hilpoltstein starten bei der Allgäu-Orient-Rallye

18.04.2013 | Stand 03.12.2020, 0:15 Uhr

 

Hilpoltstein (HK) Gerlinde Palmy und Herwig Weigel lassen sich nicht in die Wüste schicken. Die beiden Hilpoltsteiner fahren freiwillig hin. Ende nächster Woche starten sie in Oberstaufen zur Allgäu-Orient-Rallye. Ein Abenteuer mit Ziel Jordanien, das ganz im Zeichen der Wohltätigkeit steht.

„Das hätte ich mir auch nicht träumen lassen, dass ich da nochmal hinkomme“, sagt der 71-jährige Herwig Weigel, der fast 50 Jahre nach seinem ersten automobilen Abenteuer noch einmal auf große Tour geht. „1964 bin ich schon mal rund ums Mittelmeer gefahren“, erzählt der Hofstettener. Mit einem VW Käfer machte er sich damals auf den Weg durch Südeuropa, Nordafrika und den Nahen Osten. „Eine wilde Reise“, sagt er. „Mit Pannen in der Wüste und unglaublich vielen Erlebnissen.“ Entsprechend gelassen sieht er jetzt der Allgäu-Orient-Rallye entgegen, und auch seiner Beifahrerin ist kein bisschen bange. „Sie ist wie ich ein sehr abenteuerlustiger Mensch“, sagt Herwig Weigel über Gerlinde Palmy.

Gemeinsam haben sie schon mehrere Reisen unternommen, zum Beispiel zwei längere Touren durch Palmys Heimat Rumänien. „Wir sind ein eingespieltes Team“, sagt die 44-jährige Hilpoltsteinerin. Deshalb zögerte sie auch nicht lange mit der Zusage, als ihr Herwig Weigel im Sommer des vergangenen Jahres von der außergewöhnlichen Rallye erzählte. Dessen Tochter hatte schon kurz zuvor einen der begehrten Startplätze für ihren Vater ergattert. Seitdem laufen die umfangreichen Vorbereitungen für die besondere Reise, die am Samstag, 27. April, in Oberstaufen beginnt und drei Wochen später in der jordanischen Wüste zu Ende geht. Der rund 6000 Kilometer weite und teils sehr schwierige Weg, der ohne Navigationsgerät gefunden werden muss, ist aber nicht die einzige Herausforderung. Unterwegs müssen die Piloten der genau 333 Fahrzeuge wie bei einer Schnitzeljagd eine Reihe von Aufgaben erledigen.

Schon im ersten, vergleichsweise einfachen Teil der Rallye vom Allgäu nach Istanbul haben Gerlinde Palmy und Herwig Weigel mehr zu tun, als den richtigen Weg zu finden. Nebenbei müssen sie auch einen kleinen Baum pflegen, den sie im Kofferraum dabei haben. Als Baumpaten – auch das gehört zur Aufgabe – gewannen sie Landrat Herbert Eckstein. Eingepflanzt wird der Baum in Istanbul auf einer gemeinnützigen Fläche, die in wenigen Jahren ein Erholungspark inmitten der rasant wachsenden Siedlungen Istanbuls sein wird.

Ebenfalls zu den Spielregeln (siehe Kasten) zählt, dass jedes Team ein Musikinstrument an den Start mitzubringen hat. Unter den Fahrern werden die Instrumente dann getauscht. In den drei Wochen bis zum Ziel muss jedes Team ein Stück einüben, das bei der Siegerehrung vorgetragen wird. Am Ende werden alle Instrumente gespendet, um eine Musikschule in Jordanien einzurichten.

Ebenfalls für einen guten Zweck in der Wüste bleiben die Fahrzeuge der Teilnehmer, die laut Reglement entweder über 20 Jahre alt oder maximal 1111 Euro wert sein dürfen. Allerdings ist die Sache mit der Auto-Spende viel schwieriger, als es im ersten Moment klingt: Fahrzeuge, die nach Jordanien eingeführt werden, werden normalerweise mit 120 Prozent Steuer belegt und dürfen gar nicht äber als fünf Jahre sein. Für die Allgäu-Orient-Rallye gilt aber dank der inzwischen sehr guten Beziehungen zum jordanischen Königshaus eine Sonderegelung. So gehen die Fahrzeuge mit dem Grenzübertritt in den Besitz einer gemeinnützigen königlichen Organisation über. Diese übernimmt – unter Aufsicht eines Ministeriums – die Verwertung der Fahrzeuge und das Verteilen des Ertrags an soziale Projekte in Jordanien.

Das Auto, das sich Gerlinde Palmy und Herwig Weigel für die Rallye angeschafft haben, ist ein altes Polizeiauto, ein VW Passat, der einer Dienststelle in Rostock als Hundetransporter diente. Knapp 300 000 Kilome-ter hat der Kombi auf dem Tacho. Eine Klimaanlage, die gerade in der Wüste eine Wohltat wäre, hat er dagegen nicht. „Viel zu reparaturanfällig“, sagt Gerlinde Palmy. Auch ihr Reisepartner verzichtet gerne auf den Komfort einer Klimaanlage, wenn der für 650 Euro gekaufte Wagen stattdessen bis Jordanien durchhält. Und falls nicht: Wie ein Auto mitten in der Wüste repariert wird, weiß Herwig Weigel ja schon seit 1964.