Hilpoltstein
Mindorfer misst Tempo in Pyeongchang

Ingenieur Stefan Mödl hat Radargerät für Skifahrer und Bobs entwickelt - Olympia als Krönung

22.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:47 Uhr
In jedem Olympiabob steckt ein kleines Radarmessgerät des Mindorfers Stefan Mödl. Seine Erfindung ist fast jeden Tag im Fernsehen zu beobachten. −Foto: David Davies, dpa

Pyeongchang/Mindorf (HK) Der Olympiazuschauer hat sich längst daran gewöhnt: Wenn ein Bob mit über 130 durch die Eisbahn rast, wird im Fernsehen gerne mal das Tempo eingeblendet. Doch ohne Stefan Mödl aus Mindorf gäbe es das nicht. Der Diplom-Ingenieur hat nämlich die Radarmessung im Bobsport erfunden.

In Echtzeit gibt ein Kästchen im Bob die Daten per Funk an die Fernsehsender weiter. Auch bei den Alpinskirennen kommt Mödls Entwicklung zum Einsatz.

"Olympia ist das Größte", sagt Stefan Mödl, 50, aus Mindorf. Nicht nur für Sportler, auch für ihn. Denn entwickelt hat er sein ebenso kleines wie präzises Radarmessgerät für Bobs und Skifahrer schon vor sieben Jahren. Getestet wurde es im Weltcup und bei den Weltmeisterschaften 2017. "Doch Olympia geht nur, wenn alles funktioniert. Es ist das Höchste, was kommen kann", sagt Mödl. Es ist der Ritterschlag für sein System.

Deswegen verfolgt Stefan Mödl die Spiele in Pyeongchang mit besonderem Interesse und mit Stolz. "Ich habe Bobfahrer Nico Walther die Daumen gedrückt." Denn mit ihm als Testpiloten hat Mödl sein Radarmessgerät für Bobs entwickelt. Auf der Bahn in Altenberg im Erzgebirge tüftelte Mödl 2014 drei Monate lang an seiner Erfindung, bei Kälte und Schneefall. Keine leichte Aufgabe. "Das Eis ist spiegelglatt, da kommt wenig Signal zurück", sagt der Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik, der am Fraunhoferinstitut in Erlangen arbeitet. Dort entwickelt er Chips für die Luftfahrt- und Autoindustrie, das Radarmessgerät ist eigentlich nur sein Hobby. "Eis ist das Worst-Case-Szenario für Radar." Deswegen werden im Bobsport nur die besten Sensoren eingesetzt. "Die sind handverlesen", sagt Mödl.

Probleme gab es auch im Windkanal. Denn der Radarsensor saß anfangs auf einem der kleinen Flügel an der Spitze des Bobs. In einer Sportart, bei der Windschnittigkeit eine entscheidende Rolle spielt ein absolutes "No Go". Außerdem flog bei einem Test in den USA ein Sensor durch die Luft, weil eine Halterung durch die enorme Kälte brach. Der Sensor musste also in den Bob. Jetzt sitzt er unsichtbar hinter einer lackierten Kunststoffblende an der Front und liefert permanent seine Daten. Nur ein Antennenstummel am Bob verrät das. Für Mödls Messsystem mussten übrigens alle Bobs umgebaut werden, alle Verbände mussten zustimmen.

Wesentlich einfacher funktioniert Mödls Messsystem beim Skifahren. Als Aksel Lund Svindal in der Abfahrt von Pyeongchang zum Olympiasieg raste, fuhr hinten am Skistiefel ein Radarsensor mit. "Beim Skifahren stört das Kästchen weniger", sagt Mödl. Und das Radargerät misst auch nach hinten exakt. Getestet wurde das schon bei den Weltmeisterschaften in St. Moritz 2017. Erst als die Generalprobe ohne Probleme verlief, gab es das Okay für Pyeongchang. Beim Skifahren liefert Mödl allerdings nur die Sensoren und die Basissoftware, die Feinheiten muss der Abnehmer Swiss Timing vor Ort abstimmen. Da kommt es auf den Bewegungsablauf, Wind- und Schneeverhältnisse an.

Entstanden ist Mödls Radargerät aus einem kleinen Kästchen für Jogger und Radfahrer, das er in seiner Freizeit entwickelt hatte. Ihn störte Anfang der 2000er Jahre, dass es keine exakte Messung für Tempo und Entfernung gab. Deshalb entwickelte er sein Radarsystem, bei dem ein Strahl vom Sensor auf den Boden geworfen wird. Anschließend misst der Sensor die Zeit, bis der Strahl wieder ankommt. "Das war an Genauigkeit deutlich besser, als alles, was auf dem Markt war", sagt Mödl. Cyclosport hieß das erste Gerät, dass sich Mödl im Jahr 2000 patentieren ließ. Schon Cyclosport lieferte exakte Daten beim Joggen, Radfahren und Skifahren und hatte eine kleine Anzeige. Auch die ersten Tests im Bob wurden damit gemacht. Mödl gewann mit dem Gerät etliche Preise und gründete eine kleine Zwei-Mann-Firma, Sonic Instruments. Damit vermarktete er später seine Messgeräte für Jogger, 65 Gramm leicht und kaum größer als eine Streichholzschachtel. Doch der Pulsuhrenhersteller, mit dem Sonic Instruments zusammenarbeitete, lieferte nicht die gewünschte Ware, es gab viel Ärger mit Kunden. Außerdem setzte sich die Messung per GPS durch. Die ist zwar längst nicht so exakt, aber günstiger, handlicher und reicht für Jogger völlig aus. Mödl stellte den Vertrieb ein.

Seinem Messsystem blieb er aber treu, auch wenn sich damit nicht das große Geld verdienen lässt. "Nice to have, aber es ist kein Geschäft", sagt Mödl. Aber es macht ihn stolz, dass seine Erfindung auf der ganzen Welt gesehen wird. Und es funktioniert absolut problemlos, das haben die Olympischen Spiele in Pyeongchang endgültig bewiesen.