Hilpoltstein
"Die Gefühle muss man ausblenden"

Drei Mitglieder des THW Hilpoltstein erzählen von ihrem Hochwassereinsatz in Deggendorf

26.06.2013 | Stand 02.12.2020, 23:59 Uhr

Sie halfen den Flutopfern, wo sie nur konnten: Egal ob Deggendorf oder Regensburg, die Mitglieder des THW Hilpoltstein waren in mehreren Hochwassergebieten unterwegs. Überall trafen sie auf Menschen, die trotz zerstörter Häuser und Einrichtungen nach vorne schauen - Foto: THW

Hilpoltstein (HK) Sie waren in Deggendorf, um zu helfen. Und sie sahen, was Wasser anrichten kann. Am Wochenende kehrten die Führungskräfte des Technischen Hilfswerks Hilpolt-stein (THW) nach Hause zurück und berichten nun von ihren Erlebnissen im Hochwassergebiet.

Sie kamen in der dritten Woche der THW-Hilfsarbeiten im Hochwassergebiet Deggendorf. Am Samstag, 15. Juni, begannen Felix Erbe, Christian Arendt und Josef Walter (Fotos, von oben nach unten) ihren Einsatz. „Das schlimmste Wasser war da schon weg“, erzählt Erbe, der als THW-Zugfüh-rer in Deggendorf war. „Die Aufräum-arbeiten hatten begonnen, und die Leute haben die Massen von Sperrmüll weggeräumt.“ Zum Teil seien ganze Erdgeschosse herausgerissen worden, beschreibt Erbe die Arbeiten. „Das waren oftmals neue oder renovier-te Häuser“, berichtet der THWler.

Es habe gedauert, bis er das Ausmaß der Katastrophe verarbeitet hatte. „Da hängen wirklich Schicksale dran“, sagt Erbe. Dennoch habe in Deggendorf „keine Katastrophenstimmung“ geherrscht: „Überall wurde gearbeitet. Wir haben auch merkwürdige Sachen gesehen, wie eine Frau, die ihre Treppe geputzt hat. Da dachten wir uns, dass das doch wirklich nicht notwendig ist. Aber die Leute haben eben alle schon wieder nach vorne geschaut.“

Gegenüber den Rettungskräften hätten sich die Deggendorfer sehr dankbar gezeigt. „Sie hatten Plakate an ihren Häusern hängen. Auf denen stand: Vielen Dank an alle Helfer“, erinnert sich der Zugführer. Beeindruckt hat Erbe auch die Stimmung untereinander: „Es gab einen riesigen Zusammenhalt unter den Helfern – egal ob THW, Feuerwehr, Polizei, Studenten oder Pfadfinder – alle haben Hand in Hand gearbeitet.“ So habe Erbes THW-Gruppe bei der Bundespolizei etwas zu essen bekommen und bei der Feuerwehr übernachtet.

Auch Josef Walter, der Leiter der THW-Fachgruppe Führung und Kommunikation, lobt die Organisation. „In der Sporthalle haben wir auf einem Matratzenlager geschlafen – das war top vorbereitet“, erklärt er. Ein guter Schlafplatz war für den Fachgruppenchef wichtig, denn er hatte einen langen Tag: „Ich habe um 5.30 Uhr angefangen und bis 22 Uhr gearbeitet.“

Walter war dafür zuständig, das Personal und die Verbrauchsgüter des THW zu verwalten. „Als wir gekommen sind, ist der Donaupegel stetig zurückgegangen. Nur die Ortsteile Natternberg und Fischerdorf waren noch abgeschnitten“, beschreibt Walter die Lage. Dort habe das Wasser erst abgepumpt werden müssen, damit die Bewohner in ihre Häuser zurückkehren konnten. „Trotzdem war der Einsatz schon am Abklingen – deswegen war es nicht mehr so stressig“, erzählt Walter.

Angestrengt habe ihn nur die Hitze. Damit er trotzdem die nötige Energie für seine Aufgaben hatte, war es für den THW-Helfer wichtig, keine Emotionen zuzulassen. „Die Gefühle muss man ausblenden“, erklärt er, „man hat einen Auftrag und den muss man erfüllen. Darauf sollte man sich konzentrieren.“ Walter findet jedoch, dass die Politik Lehren aus der Hochwasserkatastrophe ziehen sollte. „Man sollte sich wirklich Gedanken machen, ob man Baugebiete so nah an Flüsse ransetzen muss.“

Auch Gruppenführer Christian Arendt war mehrere Tage in Deggendorf im Einsatz. „Ich habe mitbekommen, dass die Hilfsbereitschaft unter den Zivilisten sehr hoch war“, berichtet er. „Und überall wollten uns die Leute danken. Vor Deggendorf war ich Regensburg. Da haben mich Leute auf der Straße angehalten und mir viel Lob ausgesprochen“, erzählt Arendt. Weniger gern erinnert sich der THWler allerdings an die Gerüche im Hochwassergebiet. „Wir waren nahe einer Separationsanlage. Da wurden Wasser und Öl voneinander getrennt – ein furchtbarer Gestank.“