Hilpoltstein
Schneller, sicherer, standardisierter

Digitalisierung ist in der Medizin alles andere als ein Selbstzweck Hohe Kosten bremsen die digitale Klinik

21.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

Ein Klick und das Ultraschallbild ist verfügbar, künftig soll das mit allen Patientendaten möglich sein. - Foto: Messingschlager

Hilpoltstein (HK) Die digitale Welt hat in der Medizin schon lange Einzug gehalten. Ohne Computer, Bildschirme, Datentransfers, Netzwerke und ständigen Zugriff auf Datenbanken geht es kaum noch. Allerdings auch nicht ohne den Menschen. Es müsse immer einer die Entscheidung treffen, sagt Chefarzt der Inneren Medizin in der Kreisklinik Roth, Dirk Asshoff. Das könne man nicht den Computern überlassen.

 

Aber Computer können vieles beschleunigen, gerade in einem Bereich wie der Medizin, wo Minuten und Sekunden entscheiden können, ist das von hohem Wert. Beispielsweise bei einem Schlaganfall. Wobei hier zudem die Telemedizin ins Spiel kommt. Wird ein Patient in die Rother Klinik eingeliefert, schaue man als Erstes, ob er Blutungen hat, sagt Asshoff. In der Zeit werde über das "Schlaganfallnetzwerk mit Telemedizin in Nordbayern" (Steno) der Kontakt hergestellt.

In diesem Netzwerk sind 17 Regionalkliniken mit den Schlaganfallzentren in Nürnberg, Erlangen und Bayreuth verbunden. Von Roth aus werden die Daten und Bilder des Patienten direkt an eines der Zentren übertragen, wo sie von Spezialisten interpretiert werden. Dank extrem hochauflösender Bilder wird der Rother Patient aber auch von den Spezialisten in Erlangern oder Nürnberg in Augenschein genommen. "Dieser kann differenzierte neurologische Untersuchungen vornehmen", sagt Asshoff. Das alles sei rund um die Uhr möglich.

Diese 24-Stunden-Verfügbarkeit ist ein sehr wichtiger Baustein der modernen Medizin. Denn nicht nur Netzwerke sind rund um die Uhr verfügbar, sondern auch Wissen. Wo früher dicke Bücher erst gesucht und dann gewälzt wurden, genügt heute der Griff zu Laptop, Tablet oder gar Smartphone. Dann steht eine riesige medizinische Datenbank namens UpToDate zur Verfügung. "Das ist schnelle Verfügbarkeit von aktuellem Wissen auf dem neuesten Stand." Ob es sich nun um Stichworte, Problemstellungen, aktuelle Forschungsergebnisse, internationale Leitlinien oder Bewertungen handele. Seit Anfang April stehe es, auch weil der Förderverein die Hälfte der Lizenzgebühren übernimmt, der Klinik zur Verfügung. Da der Zugriff sehr leicht sei, nutze er es oft - auch am Krankenbett. Da die Datenbank weltumspannend von sehr vielen genutzt werde, wachse sie schnell.

Verfügbarkeit ist auch das Stichwort, wenn es um die Daten der Patienten geht, sprich, die digitale Patientenakte. "Alles fließt da ein, wobei das Ziel, die papierlose Akte mit Foto- sowie Videodateien, Vorgeschichte und natürlich Online-Betrachtung der Laborergebnisse ist", sagt Asshoff. Um dann beispielsweise bei der Visite mit dem Laptop auf alles zugreifen zu können. Wenn der Patient etwas frage, sei der Befund sofort da. "Ein Teil davon ist ja schon Realität, aber es ist noch nicht komplett."

Natürlich sei die Digitalisierung kein Selbstzweck, so Asshoff, man müsse die Dinge nutzbringend anwenden. Aber die Schnelligkeit bei der Verfügbarkeit von Ergebnissen und Wissen sowie beim Austausch über Netzwerke sei ein wichtiger Faktor. Auch Dokumentationen ließen sich extrem schnell zusammenführen. Zudem sei eine systematischere Archivierung möglich. Diese modernen Mittel kombiniert mit einer strengen Standardisierung, das verbessere das Ergebnis für den Patienten. Aber auch den Sicherheitsaspekt will der Mediziner nicht vernachlässigen. Durch Kontrollalgorithmen habe man mehr Sicherheit - nahezu auf jedem Gebiet. Beispielsweise sei die Möglichkeit des Vertauschens stark zurückgegangen.

Für die Zukunft erwartet Asshoff eine weitere Automatisierung der Abläufe. Dort, wo Computer einspringen, ist stets eine 24-Stunden-Aufmerksamkeit möglich mit kontinuierlichen Datenanalysen und Warnsystemen. Eine Optimierung erwartet er auch beispielsweise bei Blutzuckereinstellungen. Heute bekomme die Pumpe ihre Anweisungen noch mechanisch. Die Optimierung der Digitalisierung führe zudem zu immer kleineren Apparaten bei Herzschrittmachern oder Defibrillatoren. "Aber da ging das schon immer parallel zur Rechnerentwicklung."

Speziell für Krankenhäuser ist der Weg zu noch mehr Digitalisierung allerdings kein leichter, denn vieles ist mit extrem hohen Kosten verbunden. Die Pflege des Systems koste Geld, ständige Updates, neue Software, neue Geräte, zählt Asshoff auf. Und: "Wenn irgendwo Medizin draufsteht, dann ist es gleich deutlich teuerer, das kennt man ja." Dagegen sei die finanzielle Ausstattung des Krankenhauses knapp. Man könne schon sagen, dass die digitale Klinik durch die Kosten gebremst werde.