Hilpoltstein
Aus Papua-Neuguinea nach Hilpoltstein

Verena Fries wird am Samstag als evangelische Pfarrerin eingeführt – Stadt schon seit Juli kennengelernt

07.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:27 Uhr

Lässt sich nicht ärgern: Hilpoltsteins neue Pfarrerin Verena Fries, im Bild mit Tochter Thalia - Foto: Leykamm

Hilpoltstein (HK) Nürnberg, Niederbayern und das ferne Papua-Neuguinea hat sie schon als Seelenhirtin kennengelernt. Am morgigen Samstag nun wird Verena Fries als neue evangelische Pfarrerin in der Hilpoltsteiner Christuskirche eingeführt.

Die Gläubigen dürfen sich auf eine Geistliche freuen, der die Menschen am Herzen liegen und deren Sicht auf Gott und die Welt ohne Plattitüden auskommt. Das haben die künftigen Schäfchen schon im Sommer dieses Jahres erfahren dürfen. In Eckersmühlen hielt Verena Fries nämlich schon eine Testpredigt und ging dabei schon mit den Hilpoltsteiner Gläubigen auf Tuchfühlung. Über die Bibelstelle „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“, ließ sie sich damals aus. Wo ihr Schatz denn ist? Ganz sicher bei den Lieben in ihrer Familie, aber auch bei all den lieb gewonnen Menschen an ihren bisherigen Wirkungsstätten – und seit gut einem Vierteljahr immer mehr auch in Hilpoltstein und seinen Menschen.

Derzeit lebt die 47-Jährige dort mit Ehemann Thomas Hellfritsch und Tochter Thalia in einer Ferienwohnung. Die Elfjährige besucht das Hilpoltsteiner Gymnasium und ist auch schon in der Triathlonabteilung des Turnvereins aktiv. Ab und zu musizieren Mutter und Tochter auch gemeinsam. Thalia stehen Saxofon und Geige zur Auswahl, der Mutter Gitarre und Klavier. Auch Spieleabende kommen nicht zu kurz. Da darf der Papa dann seine Nervenstärke beweisen, wenn seine Spielfigur bei „Mensch ärgere Dich nicht“ wieder einmal vom eigenen Nachwuchs lächelnd und erbarmungslos kurz vorm Einzug ins Häuschen des Bretts verwiesen wird.

Die Renovierung des Pfarrhauses liegt indessen in den letzten Zügen. Die Wandfarben stehen zur Entscheidung an. „Hauptsache, es ist ein heller Ton“, spricht die neue Pfarrerin in ihr Mobiltelefon in der Ferienwohnung, während ihr Mann im Pfarrhaus mit dem Maler über die Farbgebung entscheiden muss. Fries und Hellfritsch, der ebenfalls Pfarrer ist, bilden ein eingespieltes Team. Das müssen sie auch, denn die beiden teilten sich in den vergangenen 14 Jahren jeweils dieselbe Pfarrstelle: Die ersten zehn Jahre im niederbayerischen Gangkofen, die anschließenden vier Jahre im östlichen Hochland Papua-Neuguineas. Das Paar hat auch kurz überlegt, länger dort zu bleiben, wollte allerdings dann der Tochter eine Schullaufbahn in Deutschland ermöglichen.

Von einer Bekannten kam der Tipp für Verena Fries, sich doch für die vakante Stelle in Hilpoltstein zu bewerben. Gehört, getan – und den Zuschlag bekommen. Mitte Juli landete das Trio in Deutschland und bezog sein neues, wenn auch noch vorübergehendes Do-mizil in der Burgstadt. Ihre neue Pfarrstelle muss Fries – die Namensähnlichkeit zum bisherigen Pfarrer z.A. Michael Frieß ist übrigens reiner Zufall – nun aber ganz alleine stemmen, denn ihr Mann ist weiterhin für Mission EineWelt in Neuendettelsau tätig. Doch die 46-Jährige ist guten Mutes: „Ich habe hier schon viel Unterstützung erfahren,“ betont die Geistliche, die sehr angetan ist von der offenen Atmosphäre an ihrer neuen Wirkungsstätte. Außerdem sei Hilpoltstein „einfach eine tolle Ecke.“

Was ihren Beruf anbelangt, ist Fries deutlich „vorbelastet“, wie sie sagt. So wurde sie in eine echte, wenngleich eher liberale denn traditionalistische Pfarrersfamilie hineingeboren, deren Eltern Anne und Gottfried beide ebenfalls aus einer solchen stammen. Geboren wurde Verena Fries in Nürnberg. Trotz der Prägung trat sie als Heranwachsende zunächst nicht in die Fußstapfen ihrer Familie, sondern studierte Jura. Das Streben nach Gerechtigkeit ist ihre Triebfeder. Deswegen engagierte sie sich auch schon in jungen Jahren: für Amnesty International war sie aktiv, demonstrierte in Wackersdorf, verkaufte fair gehandelten Kaffee.

In all der Zeit blieb sie ihrem Leitthema treu und landete schließlich bei den „urprotestantischen Wurzeln“, so Fries, nämlich der Kernaussage Martin Luthers, dass der Mensch „durch Gott gerecht gemacht ist“. Eine Erkenntnis, die einst das Leben des Reformators auf den Kopf stellte und auch bei Fries biografische Weichenstellungen nach sich zog. So wechselte sie vom Jura- ins Theologiestudium. Ihren Ehemann Thomas Hellfritsch, ein gelernter Landmaschinenschlosser aus dem Raum Würzburg, lernte sie während des Vikariats kennen. Beide wurden nicht nur ein persönliches Paar, sondern auch ein berufliches Duo.

Dass sie als Pfarrerin ihre Berufung lebt, wird auch aufgrund ihrer Persönlichkeit deutlich. „Ich habe schon immer gerne zugehört“, sagt die Seelsorgerin, die als solche über eine Kernkompetenz verfügt, die selten anzutreffen ist: Sie wollte schon immer andere Menschen verstehen, hat so zeit ihres bisherigen Lebens den eigenen Horizont erweitert. Während des Studiums in Tübingen etwa, als sie in einer Groß-WG im Leibniz-Haus wohnte, wo die verschiedensten Spezies Mensch anzutreffen waren: Handwerker, Punks und Künstler.

Nach ihrem Wirken in Papua-Neuguinea ist nun ihr Welt- und Gottesbild noch diversifizierter. Ihr Kerncredo? „Es lebt sich leichter, wenn man nicht ständig um Anerkennung ringen muss“, so Fries. Und das könne gelingen, weil der Mensch „ohne Wenn und Aber von Gott geliebt wird“. Doch diese Art Glauben habe sehr viele Spielarten. Und so zeigt sich Fries auch froh, dass genau diese Vielfalt auch ihren Widerhall in Hilpoltstein findet. „Viele Prägungen haben hier ihren Platz, es darf alles da sein“, sagt Fries. Eine Diversität, die genau nach ihrem Geschmack ist.

Sie selbst will unter anderem die kirchlichen Angebote für Familien stärken und ausbauen. Und ihre Erfahrungen aus Papua-Neuguinea einbringen. Dort hat sie Gelassenheit gelernt und dass Beziehungen wichtiger sind als alles andere. Aber auch sich durchzubeißen. Denn in Papua-Neuguinea kennt man keine Ordination der Frauen, die dort ohnehin eine untergeordnete gesellschaftliche Rolle haben. Und die gerade deswegen vom Evangelium begeistert sind, das beiden Geschlechtern die gleiche Wertigkeit einräumt. Deswegen hungert es den Frauen dort auch nach geistlicher Auferbauung. „Die wollen gar keine neutrale Hilfe“, entlarvt Fries eine Forderung westlicher Missionskritiker als bloßes Klischee.

In Hilpoltstein deutet derzeit nichts darauf hin, dass sie sich wird durchbeißen müssen. Stattdessen kann sie sich einer Woge der Sympathie erfreuen, die nun an der Einführung wohl erst recht aufschäumen wird. Dann werden auch ihre Eltern da sein. Die beiden in Wien wohnenden erwachsenen Söhne aus erster Ehe (der ältere von ihnen hat Fries auch schon ein Enkelkind beschert) werden hingegen erst an Weihnachten zum Antrittsbesuch nach Hilpoltstein kommen. Hier heißt es nun heimisch werden, im neu gestalteten Pfarrhaus – in hellen Farben gehalten.