Heideck
Sensibilisieren und verbessern

Fachleute und Bürger schauen, wie es um die Barrierefreiheit in Heideck steht

23.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:36 Uhr

Anhand der Pläne zur Sanierung des Heidecker Freibades wurde aufgezeigt, dass schon bei der Planung solcher Projekte die Belange von blinden und sehbehinderten Menschen einfließen sollten. - Foto: Peschke

Heideck (HK) Blinde und sehbehinderte Menschen werden bei ihrer Orientierung und Fortbewegung im Straßenverkehr, in öffentlichen Verkehrsmitteln und in öffentlichen Gebäuden behindert, wenn taktile, visuelle oder akustische Informationen fehlen. Grund genug für den Heidecker SPD-Ortsverein zu dieser Thematik Fachleute des BBSB (Bayerischer Blinden- und Sehbehindertenbund) einzuladen.

Zu der Aussprache in der Bürgerbegegnungsstätte mit der SPD-Ortsvorsitzenden Maria Brunner, Angelika Lamml, Koordinatorin für Barrierefreiheit, Schulungen und Kommunikation in der Bezirksgruppe Mittelfranken im BBSB, Paul Rösch vom Rother Inklusionsnetzwerk für einen barrierefreien Landkreis und der Blinden- und Sehbehindertenberaterin des Landratsamtes, Elfriede Meyer waren auch einige sehbehinderte Bürger ins Rathaus gekommen, um vor Ort über mögliche Verbesserungen zu diskutieren. Auch die blind aufgewachsene Anja Pfaffenzeller, die in Brasilien mit "Bats in Action" blinde und sehbehinderte Kinder und junge Erwachsene so früh und umfassend als möglich auf ein aktives und selbstbestimmtes Leben vorbereitet, war dabei.

Es wurde schnell deutlich, dass es großer Anstrengungen bedarf, gerade öffentliche Gebäude und Einrichtungen bis ins Detail barrierefrei zu gestalten. Als barrierefrei gelten bauliche Anlagen, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise ohne besondere Erschwernisse und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Es besteht ein wachsender Handlungsbedarf, da in der Bundesrepublik durchschnittlich jeder vierte Bürger beginnend ab dem 60. Lebensjahr Probleme mit dem Sehen bekommt. Es geht nun um praxisorientierte Lösungen, die blinden und sehbehinderten Menschen die selbstständige Orientierung deutlich zu erleichtern. Anhand der Pläne zur Sanierung des Heidecker Freibades machten Angelika Lamml und Paul Rösch darauf aufmerksam, dass schon bei der Planung solcher Projekte die Belange von blinden und sehbehinderten Menschen einfließen sollten. Die Bezirksgruppe Mittelfranken biete der Stadt gerne schon in der Planungsphase Beratung an, die letztlich Kosten sparen helfe.

Auch im Rathaus selbst gebe es Bereiche, die einer Verbesserung der Orientierung bedürfen. Nachdem dort kein Aufzug zur Verfügung steht, sollte das Treppengeländer zumindest beidseitig ausgeführt sein. Sehbehinderte Menschen benötigen eindeutige visuelle Kontraste, beispielsweise bei Stufenmarkierungen, an Glastüren und bei Bedienelementen. Eine blendfreie Beleuchtung ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Barrierefreiheit. Für gehörgeschädigte Menschen wäre eine Induktionsschleife im Bürgersaal hilfreich.

Bei Beschilderungen sei darauf zu achten, dass die Schrift kontrastreich ist, Braille- und Pyramidenschrift sollten bei der Beschilderung von Sanitärräumen und wichtigen Büros angebracht werden. Piktogramme sind für sehbehinderte Menschen nicht geeignet. Der rote Alarmhandzug in der Behindertentoilette müsse bis zum Boden reichen, damit jemand, der gestürzt ist, ihn ertasten könne. Es wurde auch eine Verbesserung der Lesbarkeit von Infotafeln angesprochen. Anhand von Simulationsbrillen konnten Besucher erproben, wie stark eingeschränkt die Orientierung von Menschen mit grauem Star oder Makuladegeneration tatsächlich ist.

Auch der Rathausvorplatz wurde untersucht. Es zeigte sich, dass keine eindeutige tastbare gesicherte Abgrenzung zur Fahrbahn vorhanden ist. Hier wäre ein mindestens drei Zentimeter hoher Bordstein hilfreich, weil die Wasserrinne nicht ausreiche. Anja Pfaffenzeller wies auch darauf hin, dass es in den Heidecker Banken keine Geldautomaten gebe, in denen blinde und sehbehinderte Menschen eigenständig Geld abheben könnten. Es wurde auch angeregt, am Rathaus einen behindertengerechten Parkplatz auszuweisen. Angeschaut wurde noch der Kreuzungsbereich nach Schloßberg und Rudletzholz . Eine Überquerung ist dort für blinde und sehbehinderte Fußgänger sehr gefährlich und selbstständig nicht möglich. Nach Meinung der Fachleute besteht dringender Handlungsbedarf.

Der Meinungsaustausch sollte, so Angelika Lamml abschließend, dazu dienen, die Entscheidungsträger für die berechtigten Belange von Menschen mit Sehbehinderungen im Alltag zu sensibilisieren und für Verbesserungen zu sorgen. Sie stehe gerne für Beratungen zur Verfügung. Paul Rösch machte deutlich, dass Barrierefreiheit eine wichtige Voraussetzung für Inklusion ist. Das heiße, dass Menschen mit und ohne Behinderung ganz selbstverständlich zusammenleben, lernen, wohnen und arbeiten können.