Hilpoltstein
Der Wolf ist zurück

Aufnahmen von Wildkameras und Beobachtungen bestätigen lang gehegte Vermutungen

23.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:19 Uhr
Der Wolf ist wieder da. Zwar hat sich im Landkreis Roth noch kein Rudel niedergelassen, jedoch streifen regelmäßig Jungtiere durch die Region, die beispielsweise aus Grafenwöhr kommen. −Foto: Ingo Wagner/dpa

Hilpoltstein (cyb) Die Wölfe sind schon im Landkreis Roth angekommen. "Es gibt mehrere Beobachtungen und sogar Aufnahmen auf Wildkameras", sagt Andreas von Lindeiner, Artenschutzreferent des LBV. "Das ist aber kein Hinweis auf ein Rudel, sondern das sind Jungtiere, die auf der Suche nach einem eigenen Revier durchziehen."

"Es waren bestimmt schon mehr bei uns, als wir glauben", sagt auch Dirk Ullmann, der einzige Berufsjäger im Landkreis Roth und Chef der Hegegemeinschaft Roth-Hilpoltstein. Zwar stand er noch keinem Wolf von Angesicht zu Angesicht gegenüber, doch gebe es durchaus handfeste Hinweise, wie beispielsweise gerissene Rehe. "Aber wenn das Tier dann mehrere Tage liegt, bis wir es entdecken, ist es schwer, mit absoluter Sicherheit zu sagen, dass es ein Wolf war." Weitere Hinweise sind für Ullmann vereinzelte Fährten und die Erfahrungen in seinem Revier. "Man merkt es am Verhalten der Rehe, wenn da etwas im Busch ist." Der Wolf werde laut Ullmann jedoch kaum entdeckt, weil er dämmerungs- und nachtaktiv ist. "Doch er läuft pro Tag ohne weiteres 40 oder 50 Kilometer weit."

"Es ist faszinierend, dass sich die Wölfe einenalten Lebensraum wieder erschließen."

Andreas von Lindeiner

 

In direkter Nähe des Landkreises Roth haben sich laut von Lindeiner bereits einige Rudel angesiedelt. So hätten sich die Tiere bereits im Landkreis Neumarkt, in Ansbach, im Nürnberger Land, im Veldensteiner Forst sowie auf den Truppenübungsplätzen Hohenfels und Grafenwöhr niedergelassen. "Ein junger Wolf ist von Grafenwöhr aus in zwei Tagen bei uns", sagt von Lindeiner. Wann sich ein Rudel ansiedelt, ist laut dem Artenschutzexperten äußerst schwer zu sagen. Sicher ist dagegen: "Es gibt keinen ungeeigneten Platz, unsere Kulturlandschaft bietet ihm genügend Wald und auch genügend Nahrung."

"Ich bin davon überzeugt, dass wir schon in ein oder zwei Jahren ein eigenes Rudel haben", sagt dazu Hans-Jörg Dittmann, der stellvertretende Vorsitzende der Jägervereinigung im Kreis Roth-Schwabach.

Hans Heyder, Kreisjagdberater am Landratsamt Roth, ist bei Hinweisen auf Wölfe, insbesondere von Spaziergängern, eher vorsichtig: "Die sind mit Sicherheit zu 95 Prozent falsch, weil die Leute keine ausreichende Fachkenntnis haben. "Selbst für einen Jäger ist ein Schäferhundmischling von einem Wolf schwer zu unterscheiden", sagt er.

Dass bereits etliche Wölfe durchziehen, steht auch für Heyder außer Frage. Und er denkt, dass es schnell klar sein wird, wenn sich die Tiere im Landkreis erst einmal ansiedeln: "Wenn ein Rudel mal ein halbes Jahr bei uns ist, wird man das an Reh- oder Schafrissen sehr schnell sehen." Heyder kann natürlich ebenfalls nicht voraussagen, wann es so weit ist, "doch der Wolf kann für uns in den nächsten 10 bis 15 Jahren durchaus zu einem Problem werden". Laut Heyder gebe es schon jetzt rund 300 Wölfe in Deutschland. Da zumindest die Leitwölfin in einem Rudel pro Jahr vier bis sechs Tiere zur Welt bringt und diese innerhalb von nicht einmal zwei Jahren geschlechtsfrei werden "können sie sich explosionsartig vermehren".

Der Wolf geniest derzeit einen hohen Schutz, unter anderem durch das Washingtoner Artenschutzabkommen, die Berner Konvention aber auch das Bundesnaturschutzgesetz. "Das ist im Moment auch in Ordnung", sagt Heyder. Trotzdem dürfe man den Wolf auf Dauer "nicht grenzenlos schützen", sagt er. "Der Wolf ist bei uns das größte Raubtier", warnt er. "Irgendwann wird er einer Oma beim Spaziergang den Dackel aus der Leine fressen."

An dieser Theorie hat von Lindeiner allerdings seine Zweifel. "Ich glaube gern, dass bei jemandem, der mit seinem Hund Gassi geht und einem Wolf begegnet, das Adrenalin nach oben schießt", sagt er. "Aber wenn man sich dann zügig entfernt, wird nichts passieren." Aussagen, dass der Wolf sogar Menschen angreift, hält von Lindeiner für weit hergeholt, da die Tiere scheu sind und Menschen aus dem Weg gehen. "Wir haben derzeit 70 Rudel in Deutschland und es ist noch nichts passiert", sagt er. "Ich weiß nicht, warum in Bayern alles anders sein soll", fügt er schmunzelnd hinzu.

Von Lindeiner verdammt die Ansiedlung von Wölfen genauso wenig, wie er sie feiert. "Aber es ist faszinierend, dass sich die Wölfe einen alten Lebensraum wieder erschließen."