Hilpoltstein
"Mir stiegen die Tränen in die Augen"

Gudrun Reichard über ihre Erlebnisse als Pfalzgräfin beim Burgfest

08.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:40 Uhr

−Foto: Schmidt, Sophie, Buxheim

Hilpoltstein (HK) Vom Spektakel der letzten Tage merkt man Gudrun Reichard nichts an. Sie sitzt wie an einem gewöhnlichen Dienstag über der Lohnbuchhaltung der Firma Kegler. Dabei hatte die 50-Jährige in den letzten Tagen das ehrenvolle Amt der Pfalzgräfin inne.

„Das Burgfest ist an sich ja schon ein Event, aber das Erlebnis als Pfalzgräfin kann man nicht in Worte fassen“, sagt Reichard am Dienstagmorgen. Viele neue Eindrücke habe sie gesammelt, unter anderem ging es das erste Mal aufs Pferd. Dass sie vorher schon einmal im Sattel saß, daran kann sich Reichard nicht erinnern, aber ihre Premiere als Reiterin empfand sie als angenehm: „Wenn man mal oben sitzt, ist das eigentlich kein Problem mehr“, sagt sie und lacht, „auch der Damensattel war bequem, schließlich wurde ich von zwei Haken an den Schenkeln gehalten und stand noch im Steigbügel“.

Dann war endlich der Burgfestfreitag da: Die Stadtkapelle holte die Pfalzgräfin vor ihrer Haustüre ab, für die Hilpoltsteinerin ein bewegender Moment: „Da stiegen mir das erste Mal Tränen in die Augen.“ Mit ihren beiden Töchtern und der „Leihtochter“ ging es in der Kutsche auf den Marktplatz. Der Empfang dort sei mehr als gebührend gewesen.

Der Burgfestsamstag sah für Reichard in den vergangenen Jahren so aus: Gleich früh um sieben Uhr schlenderte sie über den Trödelmarkt, „da kommt man noch gut durch“. Doch an diesem Samstag hatte sie Verpflichtungen bei den Kleintierzüchtern und auch die Töchterkutsche musste noch geschmückt werden.

Der wichtigste Tag in der „Karriere“ einer Pfalzgräfin stand dann am Sonntag an: Um halb sieben stand die Gräfin auf. „Geschlafen hab ich ganz gut, nur ein bisschen wenig“, erzählt sie, „aber daran gewöhnt man sich“. Dann hieß es Brotzeit packen, die Haare machen lassen und das Kleid mit all seinen Accessoires überstreifen. „Das Anziehen ist selbst schon eine Zeremonie, Haken für Haken, das dauert eine Weile.“

Um 12.30 Uhr stand wieder eine Kutsche vor der Tür „diesmal allerdings eine andere“, erklärt Reichard. Es war das Gefährt, um sie zum Umzug und Burgfestspiel zu bringen. Aufgeregt sei sie aber zu keinem Zeitpunkt gewesen, „das war eher ein erwartungsvolles Kribbeln“. Am Feuerwehrhaus wurde die Pfalzgräfin noch für die Lautsprecheranlage verkabelt, dann durfte sie endlich auf dem Marktplatz einreiten – „das war der Wahnsinn“, sagt sie stolz.

Exakt dort, wo sie mit ihrem Pferd anhielt, stand dann eine Gruppe aus Mauk mit einem meterlangen Transparent: „Mauk grüßt die Burggräfin“. Reichards Mann kommt aus Mauk und die Bekannten wollten dem Paar eine Freude machen – was ihnen gelang. Das Banner hängt nun mit Kabelbindern befestigt am Zaun von Reichards Elternhaus. Der Blick vom Pferd herab auf die zahlreichen Zuschauer und das Burgfestvolk habe sie dann sehr beeindruckt. Auf der Bühne hätte dann zwar kurz ihr Mikrofon gestreikt, aber das konnte schnell behoben werden.

Von da ab – auf dem Weg zum Festplatz – lief es allerdings nicht mehr so rund: Auf Höhe der Heidecker Straße habe das Pferd den Pferdeführer am rechten Fuß erwischt und dieser sei hingefallen. „Plötzlich lag er vor mir“, erzählt die Gräfin. Doch derjenige, der auch sonst für die Pferde verantwortlich ist, griff sich schnell die Zügel. „Das Tier wird ja schon immer sehr eng geführt, keine Ahnung, was passiert, wenn man die Zügel loslässt“, erzählt die 50-Jährige. Doch das Pferd blieb ruhig.

Als diese Schrecksekunde überwunden war, beschlich die Gräfin aber ein ungutes Gefühl: „Ich hatte den Eindruck, der Sattel rutscht nach rechts.“ „Nein, der sitzt fest“, beruhigte sie der Pferdeführer. Doch die Gräfin bekam immer mehr Schlagseite. „Da musste ich mich einmal kurz umwuchten, dann ging’s wieder“, lacht sie.

Nach dem gemeinsamen Picknick am Kreuzwirtskeller, das zum Ende mit Teelichtern beleuchtet „fast romantisch“ gewesen sei, verbrachte die Burggräfin noch einen besonderen Abend. Gegen halb elf wurde sie von Fanfarenspielern und Trommlern auf die Burg geleitet – „fast wie ein zweiter Festzug“ –, wo Reichards Burgspielerkollegen warteten. „Sie haben mir ein Ständchen gespielt und mir hinter der Burg, wie es Tradition bei uns ist, einen Campingstuhl freigehalten. Dort hab ich dann mit einem Glas Sekt den Abend unter dem Sternenhimmel ausklingen lassen.“

Und am Montag ist die Gräfin angerückt, um mit den anderen „die Burg aufzuräumen“, um halb zehn stand sie bereit. Dann ging es für ein Schaschlik und eine Maß auf die Festwiese – zwar „in zivil“, doch die Leute erkannten sie trotzdem.

Besonders nett fand Reichard ihr Blumenmädchen Leni: „Die sagte ’wenn du es noch mal machst, mach ich es nächstes Jahr auch wieder’“, erzählt Reichard. Besonders bedanken möchte sie sich nach den ereignisreichen Tagen bei allen Helfern und Freunden. „Es war ja schon schön, den Anruf zu bekommen, aber noch viel schöner, wie sich die Leute mit mir gefreut haben.“