Am eigenen Schopf aus dem Jammersumpf

Margit Hertlein begeistert Besucherinnen beim Dekanatsfrauentag – Workshops für Leib und Seele

27.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

 

befreien kann.

Greding/Thalmässing (HK) Die neue Frau trägt orange Pappnase oder Krönchen und motiviert zu dieser ungewöhnlichen Geste hat sie Margit Hertlein. Beim Dekanatsfrauentag hat die Motivationstrainerin den Frauen mit viel Humor und Selbstironie gezeigt, wie man sich selbst aus dem Jammersumpf befreien kann.

Es widerspricht den Gesetzen der Physik und dennoch ist es möglich: Sich wie der Lügenbaron von Münchhausen am eigenen Haarschopf aus dem Sumpf zu ziehen, ist nicht leicht, aber man kann es lernen. Dazu hat die Motivationstrainerin Margit Hertlein die vielen Besucherinnen aus den Dekanaten Weißenburg und Pappenheim beim evangelischen Frauentag in Pappenheim ermuntert.

„Wenn das so einfach wäre“ – auch der Pappenheimer Dekan Wolfgang Popp nahm Anleihen bei Münchhausen, schilderte den ersten, zu kurzen Sprung des Lügenbarons über den Sumpf, die Kehrtwendung in der Luft und den zweiten Sprung mit der Landung im Morast und der ungewöhnlichen Rettung. „Der Tag soll Mut machen, den Sprung über den Sumpf zu wagen und sicher auf der nächsten Seite zu landen“, wünschte er den Besucherinnen des Dekanatsfrauentags, für den das Vorbereitungsteam um Brigitte Reinard aus Eysölden und Petra Münch-Popp aus Pappenheim ein ansprechendes Wohlfühl-Programm für Leib und Seele, aber vor allem eine interessante Rednerin organisiert hatte.

Margit Hertlein, Motivations- und Kommunikationstrainerin, lieferte am Montag eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie dieser Sprung samt Landung jenseits des Sumpfes gelingen kann.Unnachahmlich komisch und unterhaltsam, vor allem aber mit großem Wiedererkennungspotenzial, wie das zustimmende Gelächter der Frauen zeigte. Mit vielen Beispielen aus ihrem eigenen Leben gestaltete Hertlein dabei nicht nur den Vortrag äußerst amüsant, sondern führte die Frauen auch peu à peu in Richtung Selbsterkenntnis.

Dass sich ein Hotel, in dem sie öfter Seminare abgehalten hat, jetzt in ein Frauenhotel verwandelt hat, findet sie völlig unnötig. „Wer braucht schon gepolsterte Kleiderbügel“, fragt sie ratlos. Auf keinen Fall benötigt sie aber die nächste Sonderausstattung – einen Ganzkörperspiegel. „Ich muss mich nicht in der Früh komplett im Spiegel sehen, um mir den Tag zu versauen“, sagt sie mit Anspielung auf ihre Figur. Dass sie „eine Brutpflegefalte wie ein Pinguin“ habe, habe sie als junges Mädchen nicht lustig gefunden. Damit aus ihr ein „Rehlein“ wird, habe sie Ballett, Tennis, Squash und Jazzdance ausprobiert. Auf die Neugierde auf diese Sportarten folgte aber recht schnell die Ernüchterung. Ebenso wie beim Joggen. „Da habe ich ein Jahr jeden Tag eine Dreiviertelstunde auf die angekündigten Endorphine gewartet“, klagte sie. Auch auf die guten Ideen wartete sie beim Laufen vergeblich, die kommen ihr eher im Bett. „Seitdem biete ich Hängemattenseminare für Führungskräfte an. Sie glauben gar nicht, wie dankbar die sind.“

Da das Ziel, mit Hilfe von Sport die Figur zu verändern, das falsche war, suchte sie sich ein neues: Diäten nach Atkins, die Ananasdiät oder die Trennkost. Auch das war nach kurzer Neugierphase wohl nicht das Richtige für sie. Jetzt hätte sie im Jammersumpf versinken können, entschied sich aber für einen anderen Weg. „Manchmal muss man aus diesen Schleifen raus und sich überlegen, ob das anvisierte Ziel das richtige ist“, riet sie ihren Zuhörerinnen. Man müsse sich dabei auch fragen, ob das Ziel wirklich das eigene sei oder eines, das die Umwelt einem gegeben habe. Statt ihren Körper zu verändern, habe sie sich als neues Ziel gesetzt, sich mit ihrem Körper zu versöhnen. Das ist ihr anscheinend gelungen, wie ihre selbstironische Einschätzung verriet: „Ich bin ein Rehlein, gefangen im Körper eines Wasserbüffels.“

Ihr anderes Ziel, Seminare und Workshops zu halten, gefalle ihr gut. Allerdings habe sie auch erkennen müssen, dass die Bühne nicht unbedingt ein gemütlicher Ort sei, denn „der macht dich als Frau sichtbar“. Und das, wo doch schon im Poesiealbum vieler Mädchen das Lebensmotto stehe: „Sei wie ein Veilchen bescheiden.“ Oft seien diese Sätze, die einen das ganze Leben begleiten und beeinflussen, ja gut gemeint – so wie der ihrer Grundschullehrerin, die ihr zwar Talent zum Singen, aber nicht zum Malen attestiert hatte. Also habe sie auf die Kritik, dass ihre Flipcharts aussehen, als sei ein Huhn darübergelaufen, stets geantwortet: „Ich kann halt ned malen.“ Bis ihr klar geworden sei, dass das eigentlich gar nicht ihr Satz sei. Also habe sie sich ein Comic-Zeichenlernbuch für Kinder gekauft und zu üben begonnen. Statt zu jammern, weil die ersten Zeichnungen nicht aussahen wie im Buch, habe sie geübt und immer wieder geübt. Jetzt funktioniere das Zeichnen und bringe ihr sogar Lob ein.

Manchmal dürfe man aber gerade beim Dranbleiben und Durchhalten das Ziel nicht aus den Augen verlieren und müsse verhindern, dass man sich so überfordere, dass man nur noch auf Knien vorwärtskomme, zum Beispiel bei der Pflege von Angehörigen. „Auf Knien sieht man sein Ziel gar nicht mehr“, warnte die Referentin. Ob bei der Pflege alter Menschen oder der Betreuung der Kinder – Frauen engagierten sich intensiv, hätten aber oft das Gefühl, dass das keiner zu würdigen wisse. Auch im Beruf entwickle sich oft ein „Keiner-erkennt-mein-Genie-Gefühl“. Aber bevor man komplett im Jammersumpf versinke, solle man lieber ein Faschingsprinzessinnen-Diadem aufsetzen, weil dieser skurrile Anblick verhindere, dass man in Empörungstiraden hineinstolpere. Fürs Autofahren habe sie als andere Strategie eine orange Clownsnase, die helfe, Staus besser zu überstehen.

Die richtige Mischung macht es: sich nicht zu ernst nehmen, aber auch immer wieder zu loben. „Lobe dich selber, denn ned g’ lobt wer ma ja scho“, so Margit Hertleins Rat. Das Lob von außen, ob in der Familie oder im Beruf, komme selten so, wie man es brauche. Aber: „Lob ist wie Nahrung, die braucht man immer wieder.“ Die praktische Übung, bei der alle Frauen mitmachten, lässt sich auch ganz leicht lernen und in den Alltag einbinden. Eine Hand formt ein Schüsselchen, die andere tunkt ein und verteilt „Rougestreifen“ auf den Wangen. Dabei werden Sätze wie „Ich bin toll“ gesprochen. Dass diese Übung vor allem in Situationen, die nicht mehr lustig sind, ganz wichtig seien, das machte die Rednerin auch deutlich. „Und wenn dann jemand fragt ,spinnst du’, dann sag ja. Das kürzt die Diskussion ab.“ Dieses Schüsselchen immer wieder zu füllen, mit Lob und mit Lachen, dazu ermunterte die Referentinnen die Frauen. Denn damit gelinge das physikalische Wunder – sich an den eigenen Haaren aus dem Jammersumpf zu ziehen.

Der frenetische Beifall der Besucherinnen bewies, dass Margit Hertleins Botschaft angekommen war. Und weil man sich immer wieder selbst etwas Gutes tun muss, um die oft beschwerlichen Wege zu seinem Ziel durchzuhalten, genossen die Frauen diesen Tag in vollen Zügen. Ob Bibelarbeit, meditatives Gespräch, Seelsorge, meditativer Tanz, Singen, Thai Chi, Massagen und Kneipp oder Pralinenherstellung und Filzen – die Workshops waren allesamt gut besucht. Traditionell beendete ein gemeinsamer Gottesdienst den Frauentag, der Kraft gegeben hat, zum Sprung über den Jammersumpf anzusetzen oder sich selbst am Schopf zu packen.