Orgelbau in Eichstätt war ein hartes Brot

13.04.2008 | Stand 03.12.2020, 5:59 Uhr

Der Orgelbauer Josef Bittner starb heute vor 100 Jahren in Eichstätt, geboren wurde er am 2. Juni 1922 in Hilpoltstein. - Foto: oh

Eichstätt (EK) Genau heute vor 100 Jahren, am 14. April 1908, starb der Eichstätter Orgelbauer Josef Bittner. Aus diesem Anlass soll die Orgelbauergeschichte Eichstätts etwas beleuchtet werden.

Obwohl Eichstätt Bischofssitz war, dauerte es bis in die Hochbarockzeit, bis sich Johann Martin Baumeister als erster vollberuflich tätiger Orgelbauer von 1723 bis 1765 hier niederließ. Im Alter zog er zu seinen geistlichen Söhnen nach Spalt und später nach Berching, wo er auch verstarb. Seine bekannteste Orgel erbaute er für den Dom mit zwei Manualen und 22 Registern.

1789 bis 1855 waren dann in zwei Generationen die Orgelbauer Eckerle in Eichstätt tätig, sie konnten in ihrer Heimatstadt aber keine neuen Orgelwerke erbauen. Für bedeutendere Arbeiten im Dom und St. Peter wurden auswärtige Orgelbauer wie Augustin Bittner aus Nürnberg herangezogen. Franz Eckerle jun. starb 1855 in ärmlichen Verhältnissen, seine Witwe wanderte nach Amerika aus.

Die Auftragslage wurde durch weitere in der Nähe tätige Orgelbauer geschmälert: In Wettstetten Joseph Fleischmann, in Ingolstadt zeitweilig die Gebrüder Leis und in Neuburg/Donau die Orgelbauerfamilie Schin.

Joseph Bittner wurde am 2. Juni 1822 als jüngstes Kind des Schreinermeisters, Bildhauers, Malers und Orgelbauers Franz Joseph (1780 – 1863) und seiner Ehefrau Franziska, geborene Graf, in Hilpoltstein geboren. Er ging in der väterlichen Werkstatt in die Lehre und arbeitete nach den Wanderjahren wieder zu Hause. 1849 starb im Januar die Mutter, im Mai bekam er vom Vater das Geschäft für 2800 Gulden überschrieben und heiratete im Juni Anna Bullinger aus Obereichstätt.

1855 verkaufte er dieses Anwesen und die Werkstatt an einen Schwager, da nicht ausreichend Verdienstmöglichkeiten neben seinem 13 Jahre älteren Bruder Max bestanden, der eine Schreiner- und Orgelbauwerkstätte betrieb.

Finanzielle Not

Die Verlegung der Orgelbauwerkstätte 1855 nach Eichstätt war mit Hindernissen verbunden. Obwohl die Witwe Eckerle offiziell auf die Konzession verzichtete. war es für Joseph zunächst nicht möglich, diese zu übernehmen, denn die Stadt Eichstätt verweigerte die Zulassung in Anbetracht der finanziellen Nöte der Familie Eckerle.

Daher wohnte zunächst Joseph Bittner in Miete, bis er im Dezember das Anwesen D 394 (heute Westenstraße 53) kaufen konnte "samt realer Bierwirthschaft und Sudelgerechtsame zum goldenen Kreuz". Verschiedene Klagen bewirkten endlich im April 1856 die Zulassung als Orgelbauer.

Da die alljährlichen Hochwasser mehrfach seine Holzvorräte unbrauchbar machten, kaufte sich Joseph 1865 das Anwesen A 49 (= Widmanngasse 4), in den 70er Jahren wohnte er in C 240 (= Luitpoldstraße 8).

1879 nahm er seinen ältesten Sohn Josef "en comp." im Betrieb auf. Im selben Jahr bot sich die Möglichkeit, die Orgelbauwerkstatt des verstorbenen Vetters Augustin Bittner in Nürnberg zu übernehmen. Vater und Sohn arbeiteten vier Jahre dort zusammen mit den Kenntnissen der neuen Orgelbautechnik, der Kegellade, die der Sohn gründlich auf Wanderschaft erlernt hatte.

1883 verlegte Joseph seinen Arbeitssitz wieder nach Eichstätt und führte hauptsächlich Reparaturen durch, bei Neubauten wurden Orgelteile aus Nürnberg geliefert. 1885 bis 1892 arbeitete der jüngere Sohn Karl mit in der Werkstätte. 1889 verstarb seine Frau Anna, und der Haushalt wurde von den jüngeren ledigen Töchtern bestritten, bis er später zur Familie seiner Tochter Emilie zog.

1897 verlegte der Sohn Josef sein Geschäft von Nürnberg nach Eichstätt und erbaute 1900 das große Anwesen in der Antonigasse E 166 (heute Hausnummer 59). Hier verbrachte der Vater seine letzten Lebensjahre. Am 14. April 1908 starb er und wurde am Gründonnerstag im Familiengrab beigesetzt.

Seine ersten Orgeln erbaute Joseph Bittner in der Gegend seiner Frau, in Breitenfurt 1850 und Dollnstein 1854. In der neuen Heimatstadt konnte er folgende größere Orgelarbeiten durchführen: Für die Orgel der Seminarkirche Peter & Paul lieferte er 1866 drei neue Blasbälge und zwei neue Register für 409 Gulden und 48 Kreuzer, die Orgel der Jesuitenkirche baute er für 655 Gulden um. Neue kleinere Orgeln erbaute er für die Kapuzinerkirche 1877 und die Frauenbergkapelle 1879.

Evangelischer Konkurrent

Große Verstimmung und Enttäuschung erzeugte die Auftragsvergabe zum Bau einer neuen Orgel für die Kloster- und Pfarrkirche St.Walburg in Eichstätt an den evangelischen Orgelbauer Steinmeyer in Öttingen. Die Familie Bittner hatte schließlich in der Pfarrei gewohnt, die Töchter gingen dort zur Schule.

Für Eichstätt wurde 1887 noch eine kleine Orgel in die Mariahilfkapelle in der Westen gebaut, die bis heute erhalten ist. Bis 1896 sind noch Orgelreparaturen belegt. Die Eichstätter Orgelbautradition wurde in drei weiteren Generationen, von Josef (1852 – 1915), August Wilhelm senior (1880 – 1937) und August Wilhelm junior (1914 – 1990) in Gemeinschaft mit seinem Bruder Franz (1916 – 1996) bis 1990 fortgesetzt.