Untermässing
Frohbotschaft oder Drohbotschaft?

Saulus und Paulus in einer Person: Hiesige Gläubige erinnern sich sehr unterschiedlich an Pfarrer Zawilak

29.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Rund 13 Jahre war Norbert Zawilak Pfarrer in Gredinger Dörfern, wie hier in Schutzendorf. Dort ist er mitunter auch schon angeeckt – doch haben ihn auch viele Gläubige in guter Erinnerung - Foto: Walter

Untermässing/Obermässing (EK) Seit August 2013 weilt er nicht mehr im Pfarrhaus in Untermässing, sondern im oberpfälzischen Deining – und seit dieser Woche findet er sich in den Schlagzeilen wieder: Pfarrer Norbert Zawilak. Ob zurecht, darüber gehen die Meinungen in seinem alten Wirkungskreis weit auseinander.

Mit seiner Neujahrsansprache hatte Pfarrer Norbert Zawilak für großen Wirbel und viel Ärger gesorgt. Jetzt hat der 47-Jährige – nach einer Unterredung mit dem Eichstätter Generalvikar Isidor Vollnhals – in einer Erklärung sein Bedauern ausgedrückt. Zawilak hatte beim Neujahrsempfang der Gemeinde Deining am 9. Januar nach Aussagen von geladenen Gästen zu einem Rundumschlag ausgeholt. So soll er unter anderem auf Politik und Presse heftig geschimpft und die zunehmende Islamisierung kritisiert haben. Auch Homosexuelle soll der 47-Jährige in seiner Rede ins Visier genommen haben. Unter anderem der Neumarkter Bundestagsabgeordnete Alois Karl (CSU) machte seinem Ärger über die Rede über die Medien Luft. Im Bayernteil hat unsere Zeitung zuletzt ausführlich über den Fall berichtet.

Wolfgang Fürst, Kirchenpfleger in Deining, wurde in einer Stellungnahme in der Mittelbayerischen Zeitung deutlich: „Er hat sich als deutlich Rechtsradikaler geoutet.“ Ein harter Vorwurf. Doch deckt er sich mit Beobachtungen, die auch in seiner ehemaligen Pfarrei mit den Orten Unter- und Obermässing sowie Großhöbing zu hören sind. Doch eher vereinzelt. Wirklich offen über den ehemaligen Pfarrer reden will kaum jemand. Zumindest nicht negativ. Die Anekdoten, die kursieren, haben es allerdings in sich.

Derartige Ausfälle des Pfarrers waren in Obermässing „schon lange ein Thema“, sagt ein Geschäftsmann. An die Öffentlichkeit zu gehen, dazu habe aber nicht nur ihm der Mut gefehlt, schließlich handelt es sich um einen Kirchenmann – der auch an der Schule unterrichtet. „Der Mann ist keinem Kind zuzumuten“, sagt er, „wir sind alle erschüttert darüber, was da abgeht.“ So habe der Geistliche Kindern gesagt, es sei eine Todsünde, wenn sie ihre Eltern einmal nackt sähen. Sie müssten das beichten – oder dürften nicht zur Kommunion. Er selbst habe genügend „Hetzpredigten gegen Andersdenkende“ angehört. Die Geburt eines Kindes im Ort habe Zawilak mit den Worten kommentiert: „Wenigstens ist es kein Moslem.“ Und der Pfarrer habe nicht hinter dem Berg gehalten, wes Geistes Kind er ist, wenn er erzählte, er gehe mindestens einmal im Jahr zu einem Schlesiertreffen, weil man dort noch „vernünftige Lieder“ singen dürfe. Nämlich das Horst-Wessel-Lied, das Kampflied der SA. Und alle drei Strophen des Deutschlandliedes, wie eine Frau die Schilderung ergänzt, das habe ihm gefallen.

Alexander Ochsenkühn aus Obermässing hat in einem Leserbrief an die Mittelbayerische Zeitung derartige Vorwürfe untermauert. Er kenne den Pfarrer aus seiner Zeit als Kirchenratsmitglied „leider nur zu gut“, schreibt er da. Die Rede auf dem Neujahrsempfang sei „sicherlich kein Ausrutscher“ gewesen, sondern gäben „die Grundeinstellung dieses Menschen“ wider. Im Bistum Eichstätt sei das längst bekannt, spielt Ochsenkühn auf den Umstand an, dass einige Leute aus den Gredinger Dörfern in den 13 Jahren, die Zawilak hier gewesen sei, Beschwerdebriefe an die Bistumsleitung geschrieben hätten.

Von derlei Briefen wisse zumindest er nichts, sagt Franz Mendl, der Vorsitzende des Obermässinger Pfarrgemeinderats. Im Großen und Ganzen habe das Gremium in all der Zeit gut mit dem Pfarrer Zawilak zusammengearbeitet, „Probleme gibt es in jeder Pfarrei einmal“. Auf der anderen Seite habe der Geistliche dem Pfarrgemeinderat bei dessen Aktivitäten „größtmögliche Selbstständigkeit“ eingeräumt, sich nur wenig eingemischt oder autoritär verfügt.

So sind auch dem Ortssprecher keine großen Ausfälle des Pfarrers in Erinnerung: Harald Gerngroß sitzt für die SPD im Gredinger Gemeinderat – und als einfacher Bürger am Stammtisch. Ja, dass Norbert Zawilak die Großwildjagd als Hobby betreibe, darüber sei schon mal gesprochen worden, schließlich ist es eine eher ungewöhnliche Leidenschaft. Aber eine handfeste Beschwerde von Gläubigen, ein rechtsradikaler Ausrutscher? Zumindest habe es nichts gegeben, das so spektakulär war, dass in Obermässing darüber gesprochen worden sei.

Mitunter wusste wohl auch nur ein kleiner Kreis von einer Auslassung Zawilaks: In der Obermässinger Pfarrbücherei soll er einmal ein neues Buch über den berühmten Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki – ein Deutsch-Pole jüdischen Glaubens – wutentbrannt in die Ecke geworfen haben. Ein Werk über solch einen Juden dürfe man nicht verleihen. Dabei verbindet Zawilak mit dem Literaturpapst zumindest seine Herkunft: Er stammt aus Krappitz (Krapkowice) in Schlesien, wurde 1992 für die Diözese Oppeln in Polen zum Priester geweiht. Dass er Pole sei, verneint der Pfarrer jedoch vehement, einmal auch in einem Gespräch mit dem Hilpoltsteiner Kurier. Er sei Schlesier, beharrt er. Für eine aktuelle Stellungnahme war Zawilak übrigens nicht zu erreichen.

Die Schlussfolgerung für all jene, die derlei Geschichten über den Pfarrer erzählen, bringt eine Frau auf den Punkt: Ihrer Einschätzung nach sei Norbert Zawilak mehr oder weniger offen „rechtsradikal. „So einer darf keine Kinder unterrichten“.

So weit geht Wolfram Osgyan nicht. Mittlerweile ist er Pensionär, hat aber die letzten zehn Jahre seines Wirkens als Schulleiter in Obermässing viele Berührungspunkte mit dem Pfarrer und Religionslehrer gehabt. „Dass er etwas ,extra’ war, das war bekannt“, sagt Osgyan. Bestimmte Ansichten habe der Pfarrer wohl vertreten, bleibt er im Ungefähren, „aber das hat man eben nicht weiter vertieft“. Insbesondere, weil ihm vonseiten der Eltern „nie etwas zu Ohren gekommen“ sei, zumindest nichts aus solch einer Richtung. „Ich war über manches überrascht, was da jetzt geschrieben wurde.“ Ja, am Anfang seiner Zeit, als Zawilak noch Pfarradministrator gewesen ist, da habe es ein paar Beschwerden gegeben – doch die handelten davon, dass der gestrenge Religionslehrer die Grundschüler zu viel und zu lange habe schreiben lassen. Das habe er abgestellt.

Im privaten Umgang sei der Geistliche vielmehr aufgeschlossen und freundlich gewesen, erzählt Osgyan. „Ich habe ihn mal gefragt, wie er das Jägerlatein und die zehn Gebote miteinander vereinbaren kann – da hat er gelacht.“

Freilich, in kirchlichen Dingen sei Zawilak erzkonservativ, für einen ökumenischen Gottesdienst zum Schuljahresanfang etwa sei er nicht zu haben gewesen. Mehr noch, ergänzt eine Frau, die früher im Jugendchor gesungen hat: „Fremdartige Rhythmen oder Lieder in englischer Sprache hatten für ihn im Gottesdienst nichts zu suchen.“

Andere können über Zawilak nur Gutes berichten. Richard Meier etwa, der Pfarrgemeinderatsvorsitzende von Schutzendorf, sagt, er kenne die Stimmung im Dorf gut. Sie decke sich mit seiner eigenen Meinung: „Wir waren immer zufrieden mit ihm.“