Obereichstätt
Böllerfreunde im Landsknechtstil

Gruppe seit 2012 als Sparte des Schützenvereins aktiv – Jetzt haben sie sich neu eingekleidet

27.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Die Böllerfreunde Hüttenwerk Obereichstätt (von links): Johannes Rußer, Dieter Vetter, Robert Reimann, Dominik Bittl, Anton Rußer, Tobias Renn, Sabine Vetter, Robert Vetter und Willi Lanzl. - Foto: Worsch

Obereichstätt (EK) Die Obereichstätter Böllerfreunde haben sich neu eingekleidet: Stehen sie künftig an ihren Kanonen, tun sie das nicht mehr in Jeans, sondern im Landsknechtstil.

Wenn gewaltige Schläge durch das Tal hallen und weithin hörbar sind, dann ist ein besonderer Festtag. Im Gau Eichstätt gestalten fünf Gruppen den Jahreskreislauf und verleihen den Festen ihren eigenen Charakter: Edelweiß Gammersfeld, Bergschlag Seuversholz, Jura-Schwarzach Euerwang, Enzian Ochsenfeld und – seit zwei Jahren – auch die Böllerfreunde Hüttenwerk Obereichstätt. Sie alle sind an Neujahr, am Volkstrauertag, zu besonderen Festen und Jubiläen mit ihren Böllern und Kanonen aktiv.

Die Obereichstätter Böllerfreunde haben sich nun ein neues Gewand im Landsknechtstil zugelegt. Dabei wurden sie von der Näherin Rosmarie Jobst unterstützt. In historischer Uniform vermitteln sie bei ihren Auftritten jetzt noch mehr Originalität und Tradition.

Seit 2012 gibt es die Obereichstätter Böllerschützen. Die Idee, dieses Brauchtum auch in Obereichstätt zu pflegen, hatte Robert Vetter. Als 1996 das Schützenfest des Obereichstätter Schützenvereins Gut Heil und das Gauschießen im Ort stattfanden, beantragte der Schützenverein beim Landratsamt, an besonderen Festtagen und Ereignissen mit der Kanone schießen zu dürfen. Robert Vetter war der erste Kanonier. 2009 scharten sich um den Initiator mit Anton Rußer und Dieter Vetter zwei weitere Böllerfreunde. Im Jahr 2012 vervollständigte sich die Gruppe und es wurde die Sparte „Böllerfreunde Hüttenwerk Obereichstätt“ des Schützenvereins gegründet.

Eine alte Kanone, die schon in Vergessenheit geraten war, wurde im Feuerwehrgerätehaus neben einer altertümlichen Spritze entdeckt. Gebaut wurde die Kanone 1910 im niederbayerischen Pocking. Der Katholische Arbeiterverein von Obereichstätt hatte sie für seine Fahnenweihe in Auftrag gegeben. Die Kanone mit dem großen Schalltrichter imponierte Dieter Vetter. Er fuhr zur Herstellerfirma Josef Wenninger nach Niederbayern.

Dort konnten Mitarbeiter die Papiere und Pläne aus dem Jahr 1910 noch ausfindig machen. Vor fünf Jahren brachte Vetter die Kanone auf Vordermann. Immer, wenn die Böllerfreunde ihre Geräte in Stand halten, finden sie bei Werkzeugbau Bernd Neuber große Unterstützung. Seit der Restaurierung kommt die Kanone bei jedem Auftritt zum Einsatz.

Die Böllerfreunde halten einen uralten Brauch am Leben. Seit Jahrhunderten wird nachweislich im gesamten deutschen Sprachraum geböllert. Ursprünglich hatte der Böllerschlag viele verschiedene Aufgaben. Mit dem Krach wollte man die bösen Geister und Dämonen abwehren, die bevorstehende Zeit mit guten Vorzeichen beginnen und die Natur erwecken. Das Böllern sollte auch die Lebensfreude zeigen, was die Böllerschützen heute noch bei derartigen Anlässen zum Ausdruck bringen. Es galt als sehr hoher Achtungserweis, wenn Herrscher und Könige zu Besuch kamen und mit Böllerschüssen empfangen wurden. Auch um rasche und zuverlässige Warnungen zu verbreiten, wurde geböllert. So war es in Alpenländern noch Anfang des 20. Jahrhunderts üblich, bei Feuer, Krieg und sonstiger Gefahr von den abgelegenen Gehöften der Bergbauern aus durch das Böllern auf sich aufmerksam zu machen.

In Bayern gibt es derzeit gut 700 Böllergruppen mit etwa 5500 Böllerschützinnen und Böllerschützen, die die Tradition aufrechterhalten. Damit das Schießen nicht zu einer Gefahr für Mensch und Umwelt wird, muss jeder Schütze die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen und durch eine Prüfung beim Gewerbeaufsichtsamt nachweisen. Die Böllerfreunde von Obereichstätt haben das „Hüttenwerk“ in ihrem Namen. In diesem mittlerweile nicht mehr existenten Betrieb wurden auch Kanonen und Böller hergestellt. In Obereichstätt ist Robert Vetter Spartenleiter, Robert Reimann gibt beim Schießen das Kommando. Zur Gruppe gehören weiter Johannes Rußer, Dieter Vetter, Dominik Bittl, Anton Rußer, Tobias Renn, Sabine Vetter und Willi Lanzl.

Für Xaver Wagner aus Ochsenfeld, den Gau-, Bezirks- und Landesreferenten, ist das Böllerschießen ein guter Brauch: „Die Böllerschützen sind ein Aushängeschild der uralten bayerischen Tradition. Sie verleihen den Festen Farbe und Originalität.“