Kösching
OP-Raum statt 14 Tage Urlaub

Johann Lang gibt in Freizeit Brandopfern ein würdiges Leben zurück

21.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Kösching (mbl) Einmal im Jahr reist Johann Lang in Gebiete der Welt, in denen Not und Leid auf der Tagesordnung stehen, professionelle medizinische Hilfe jedoch keine Selbstverständlichkeit ist. Lang ist Oberarzt und Anästhesist an der Klinik Kösching.

Sein jüngster Einsatzort lag in Tansania, Ostafrika. Dort trug Lang (Foto: Brandl) mit seiner Arbeit im Rahmen des ärztlichen Hilfswerks Interplast Germany dazu bei, dass Menschen mit schweren Verbrennungen oder Fehlbildungen an Gesicht und Gliedmaßen kostenlos Linderung und Heilung erfahren. „Ich kann nichts dafür, dass ich in einem hoch entwickelten Land lebe. Eben sowenig können die Menschen dort etwas dafür, dass sie nicht so leben“, sagt der 57-jährige Familienvater, den allein der humanitäre Gedanke zum guten Werk antreibt. „Uns geht es gut. Ich möchte etwas davon abgeben“, ergänzt er.

Lang opfert für den ehrenamtlichen Einsatz jedes Jahr 14 Tage Urlaub, nimmt etliche Strapazen und Belastungen wie Schutzimpfungen und wochenlange Malariaprophylaxe auf sich. Nicht immer eine Leichtigkeit, wie er zugibt. Auch die Anreise zu den Einsatzorten gestaltet sich meist wenig komfortabel. Mit dem Flugzeug geht es auf die stundenlange Reise. Vor Ort dauert es dann meistens noch einen Tag, bis das oft abgelegene Ziel über unwegsames Gelände und mit 18 Kilogramm medizinischen Materials im Gepäck erreicht ist. Geholfen hat Lang schon im Jemen, in Ruanda und in Nepal. Zuletzt – im März dieses Jahres und zusammen mit der Krankenschwester Helene Bast aus Kösching – in Puma, einem Ort mit 5000 Einwohnern und einer Ordensstation deutscher Missionsschwestern mit Krankenhaus in Tansania.

73 Narkosen hat Johann Lang in zwei Wochen für die Chirurgen durchgeführt, damit Missbildungen wie Gaumenspalten oder doppelt angelegte Daumen operieren können. Häufig kämpfen die Operateure auch gegen die Spätfolgen von schweren Brandverletzungen. Diese entstehen, weil sich die Einheimischen – mangels Tonöfen in den Hütten und Häusern – nicht anders zu helfen wissen, als mit Kerosinkochern ihr Essen zuzubereiten. „Funkenflug und Explosionen führen dann zu den schlimmen Verletzungen“, berichtet Lang. Zur Häufigkeit solcher Unfälle kann er nichts sagen. Er weiß nur: „Wenn wir ankommen, stehen bis zu 200 Familien vor dem Krankenhaus, die gehört haben, dass Spezialisten aus Deutschland angereist sind.“ Dann stehen seine Kollegen und er an zehn Arbeitstagen bis zu zwölf Stunden täglich im OP-Raum und helfen, wo sie können.

Zum ersten Mal mit dabei war Langs Mitarbeiterin im Köschinger Krankenhaus, Helene Bast. Die Erfahrung war für sie beeindruckend. „Wir schätzen gar nicht mehr, wie gut es uns geht“, lautet das Fazit der 60-jährigen Markträtin, für die stete Hilfe am Mitmenschen eine Selbstverständlichkeit ist. Auch aus medizinischer Sicht war der Aufenthalt eine Art Offenbarung für sie: „Man wird mit Missbildungen konfrontiert, die man in Europa gar nicht sieht“, sagt sie und zeigt Bildern von Kindern mit entstellten Unterkiefern und Gaumenspalten. Auch seelisch sei dies oft ein großes Problem, denn die Familien derart entstellter Kinder werden oft geächtet, berichtet Lang.

Der Anästhesist ist sich bewusst, dass seine Hilfe nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“ ist. „Wenn ein Entwicklungsland eine schlechte medizinische Versorgung aufweist, kann man nicht Millionen von Einwohnern in kurzer Zeit helfen. Aber man kann 50 oder 60 Leuten wieder ein menschenwürdiges Leben ermöglichen“, sagt der Köschinger.