Kipfenberg
100 Seiten regeln den Interessenkonflikt

Naturschutzkonzept für den Forstbetrieb Kipfenberg vorgelegt – Wald schützen und zugleich nutzen

27.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:59 Uhr

Das Naturschutzkonzept für den Forstbetrieb Kipfenberg der Bayerischen Staatsforsten ist fertiggestellt. Am Mittwoch stellten Betriebsleiter Walter Erl (rechts) und seine Mitarbeiter das Projekt Verbänden, Institutionen und der Öffentlichkeit vor. - Foto: mme

Kipfenberg (EK) Das Naturschutzkonzept für den Forstbetrieb Kipfenberg der Bayerischen Staatsforsten ist fertiggestellt. Jetzt stellten Betriebsleiter Walter Erl und seine Mitarbeiter das Projekt Verbänden, Institutionen und der Öffentlichkeit vor. Der Waldnaturschutz sei zentraler Bestandteil von nachhaltiger, naturnaher Waldbewirtschaftung, so Erl.

Vorrangige Ziele der Naturschutzarbeit seien die Erhaltung der vorhandenen naturnahen Laubwaldgesellschaften sowie der Umbau von Nadelholzbeständen in strukturreiche Mischbestände.

Rund 30 Prozent der Fläche des Landkreises Eichstätt seien Wälder, sagte die stellvertretende Landrätin, Rita Böhm. Wiederum etwa 30 Prozent davon seien im Staatsbesitz. Für den Tourismus sei der Wald von hoher Bedeutung. Sie hoffe auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit den Bayerischen Staatsforsten besonders auch bei der Sichtbarmachung von Bodendenkmälern.

Alle Waldfunktionen im Staatsforst in guter Art und Weise zu erfüllen, das sei das Ziel, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer. Aus reiner Selbstlosigkeit kümmerten sich die Staatsforsten aber nicht um den Naturschutz, so Neumeyer. Dieser sei gesetzlich festgeschrieben. „Wir wollen das Naturschutzprojekt voranbringen, aber den Wald auch nachhaltig nutzen. Wir sind aber ein Wirtschaftsbetrieb, der vom Holz lebt und davon seine Mitarbeiter bezahlt“, so Neumeyer.

Knapp 100 Seiten stark ist das Naturschutzkonzept des Forstbetriebs Kipfenberg. Ausgedehnte Buchenwälder und Mischbestände aus Fichte und Buche prägen die Waldgebiete im Bereich des Forstbetriebes. Auf etwa 30 Prozent der Holzbodenfläche stehen naturnah zusammengesetzte Laubholzbestände. Die Waldbestände sind in vier Klassen unterteilt. Von rund 16 400 Hektar entfallen 24 Hektar auf Klasse 1 Wälder. Dazu zählen Buchen- und Eichenbestände, die älter als 180 Jahre sind. 309 Hektar gehören zur Klasse 2, sind also Bestände, die älter als 140 Jahre sind. Etwa 4750 Hektar gehören zur Klasse 3, Bestände, die um die 100 Jahre alt sind. Zur Klasse 4, Bestände mit überwiegend Nadelholz, gehören fast 11 000 Hektar.

Buchen- und Eichenbestände, die 180 Jahre oder älter sind, werden aus der Nutzung genommen, betonte Erl. In der Klasse will man 40 Festmeter Totholz und zehn Biotopbäume je Hektar, in Klasse 3 20 Festmeter Totholz und zehn Biotopbäume je Hektar belassen. Der Interessenkonflikt zwischen Holzproduktion und Bewahrung des Naturerbes lasse sich mit konsequenter naturnaher Waldbewirtschaftung am besten lösen, so Erl. Der derzeitige Buchenanteil soll in den kommenden Jahrzehnten zulasten der Nadelbaumarten erhöht und dadurch der natürlichen Vegetation weiter angenähert werden.

Sogenannte Methusalem-Bäume, uralte Bäume also, umgestürzte Bäume, tote Baumkronen und stehendes Totholz, das vor sich hin rotten darf, seien wichtige „Trittsteine“ für seltene Tier- und Pflanzenarten, erklärte Erl. Tausende Käfer- und Pilzarten seien auf den Lebensraum im absterbenden Holz spezialisiert. Die Vogel- und Fledermauswelt sei daneben auf ein ausreichendes Angebot an natürlichen Nisthöhlen angewiesen.

Das Felsprojekt „Jura“ stellte Ernst Geyer, der stellvertretende Betriebsleiter, vor. Landschaftsprägende frei stehende Schwammriffe und Dolomitfelsen entlang der Altmühl und ihrer Nebentäler seien Rückzugsgebiete einer großen Zahl selten gewordener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. Viele der Felsen seien in den letzten Jahrzehnten stark zugewachsen. Der Lebensraum dieser licht- und wärmebedürftigen Arten drohe vielerorts verloren zu gehen. Das Felsprojekt „Jura“ des Forstbetriebs Kipfenberg soll durch Auflichtungs-, Freistellungs- und Pflegemaßnahmen in ausgewählten Felsbereichen diese Lebensräume wieder herstellen, aufwerten und auf Dauer sichern.