Intelligenter als die infantilen Originale

Stefan Leonhardsberger begeisterte das Gutmann-Publikum mit "Da Billi Jean is ned mei Bua"

30.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:03 Uhr

Stefan Leonhardsberger auf der Eichstätter Gutmann-Bühne, begleitet von Martin Schmid an der Gitarre: ein herrlicher Liederabend - Foto: buk

Eichstätt (wbu) Als wäre dieses Lied für diesen Tag getextet worden! „Ich hab den Sommerzeit-, Sommerzeit-Jetlag“ stöhnt Stefan Leonhardsberger ins Mikro, und das Publikum johlt: Denn just am Sonntag gab es wieder die Zeitumstellung, wenn auch nun umgekehrt hin zur Winterzeit: Mit seinem Programm „Da Billi Jean is net mei Bua“ gastierte der aus Österreich stammende Schauspieler und Sänger, der zum Ingolstädter Ensemble gehört, im Wirtshaus Zum Gutmann vor einem proppenvollen Saal.

Mit fulminanten Arrangements auf der Gitarre begleitet wurde er dabei von Martin Schmid; zusammen mit drei weiteren Schauspieler-Musikern spielen beide gemeinsam auch in dem Quintett „Austria 4 Plus“. Das Programm „Da Billi Jean is ned mei Bua“, angekündigt als „eine Reise durch die Geschichte des Pop“, ist ein irrwitzig komischer Liederabend, der darin besteht, Hits der Popmusik kongenial mit neuen Texten auszustatten, die Leonhardsberger in Zusammenarbeit mit dem Autor Paul Klambauer, einem Schulfreund aus dem österreichischen Freistadt, in Austria-Slang verfasste. Klambauer war an diesem Abend in Eichstätt präsent und wurde daher auch auf die Bühne geholt. Überrascht stellt man fest: Die mit reichlich Schmäh und viel klugem Witz ausgestatteten neuen Texte dieser Balladen sind nicht selten intelligenter als die oft infantilen Inhalte der Originale. Dazu gelingen Reime, wie man sie so noch nie gehört hat: „I sag Tschüss zu meine Leit / meiner Mama installier i Skype...“ Auch österreichische Selbstironie nimmt man wahr, wenn Wien beschrieben wird: „Es gibt 17 Sorten Brot / und die Leit reden nur vom Tod...“

Beim Umschreiben der Texte begnügten sich die Autoren keineswegs mit der Darbietung bloßer Kontrafakturen (inklusive zweier Zugaben waren es 17 an der Zahl – „aber jetzt ist unser Repertoire ehrlich erschöpft!“), sondern ersannen auch eine Rahmenhandlung, die sich um den ungewollt produzierten Billi Jean und seinen Vater Tonic dreht. Im Lauf der Lieder wächst Billi heran und verliebt sich in seine Lehrerin, die sich dann aber Tonic als bekannter Womanizer selber schnappt, so dass Billi schließlich in die Welt hinausziehen muss.

Das Material für diese Story bieten Songs von Rihanna und Lady Gaga über Michael Jackson und Robbie Williams bis hin zu Lana del Rey und Tina Turner, eingebunden werden solch unterschiedliche Musikstile wie Rock von Bruce Springsteen („Wir fahrn affi zum Almsee“), Country von Johnny Cash oder der Rapper 50 Cent. Bruno Mars’ „Lazy Song“ hört sich dann eingangs so an: „I geh’s heit amal a wenig ruhig an...“, gefolgt von der autobiografisch angehauchten Elegie „Des bin halt I“ frei nach Robbie Williams.

Leonhardsberger und Schmid haben nicht nur mit souliger Stimme und fetzigen Riffs auf der Gitarre musikalisch einiges zu bieten, sondern auch die schauspielerische Professionalität schimmert in szenischen Partien durch; zudem erweist sich Leonhardsberger als vorzüglicher Tänzer, dessen Breakdance-Einlage vom Gutmann-Publikum frenetisch bejubelt wird.

Als Vorlagen herhalten können Texte von Eros Ramazzotti („Es is haaß in der Sahel-Zone / und die Leit fressen Melone...“), Rihannas „Umbrella“ findet sich wieder in dem umwerfend komischen Song „Finger weg vo mei’m Teller, -eller -eller“. Asaf Avidans „Reckoning Song“ bleibt ein Song über das Altern, doch stellt sich nun die Frage, „Was maanst, wer dann die Heizung zohlt..“. Zum Schluss fällt „Purpur-Regen“, und Tina Turners „Private Dancer“ bewegt sich im Vollrausch über den Tanzboden.

Ein herrlicher Liederabend, erweitert um neue Songs!