Hofstetten
Gläserne Geschichte

Ausstellung im Jura-Bauernhofmuseum Hofstetten über einst bedeutende Industrie im Urdonautal

26.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:03 Uhr

Foto: DK

Hofstetten (EK) Glanzvoll präsentieren sich die verschiedenen Ausformungen der Konsteiner Glaskunst im Hofstettener Jura-Bauernhofmuseum: Dort wurde an Christi Himmelfahrt von Landrat Anton Knapp und Kreisheimatpfleger Dominik Harrer die Ausstellung "Glück und Glas" eröffnet.

Wer kennt sie nicht, die Tortenplatte, das Salatschüsselchen oder die Veilchenvase aus Kristallglas? Bei Landrat Anton Knapp wecken diese Exponate Erinnerungen an seine Großeltern, Kreisheimatpfleger Dominik Harrer hatte erst vor Kurzem in einem Gasthaus ein Déjà-vu mit einem Schüsselchen, welches identisch mit einem der Ausstellungsstücke war - was bedeutet, dass beide aus der Glashütte Konstein (Gemeinde Wellheim) stammen. Denn die Ausstellung "Glück und Glas" zeigt Relikte aus 400 Jahren Glasindustrie in Konstein - insbesondere aus der Zeit ab 1945, als sich die Phönix-Glashütte im Urdonautal ansiedelte.

Harrer, der auf sehr anschauliche Weise den Eröffnungsvortrag hielt, ließ den Aufstieg und Niedergang der Glashütte vor dem geistigen Auge erstehen. Die Familie Meißner, die bis zum Zweiten Weltkrieg die Phönix-Glashütte im schlesischen Penzig betrieb, gelangte noch während des Krieges über Marktleuthen in Oberfranken schließlich nach Konstein, wo sie die stillgelegte Glashütte der Schweizer Firma Chiodera übernahm. Mit einem kleinen Pferdegespann soll die schlesische Unternehmerfamilie damals nur mit dem allerwichtigsten Werkzeug nach Bayern gekommen sein. Weitere Utensilien, beispielsweise Formen verschiedenster Art, seien später in einer Nacht- und Nebelaktion von einer kleinen Arbeitergruppe aus dem ehemaligen Betriebsgelände in Schlesien geholt worden. Über Schleichwege hätten diese Leute das bereits mitten im Frontgebiet liegende Penzig erreicht und letztendlich einen Eisenbahnwaggon voller Gerätschaften trotz feindlichen Beschusses über Prag nach Bayern gebracht. Als Erstes wurden in der Konsteiner Phönix-Glashütte Konservengläser gefertigt, die sehr wertvoll waren, weil man diese gut als Tauschmaterial einsetzen konnte. In der Festschrift zum 15-jährigen Bestehen bezeichnete 1961 der damalige Landrat Hans Pappenberger die Phönix-Glashütte als größten Betrieb im Landkreis. Bis zu 650 Beschäftigte sollen dort gearbeitet haben.

Im Gegensatz zur Glashütte in Grösdorf-Kipfenberg, die bis zum heutigen Tag medizinisch-pharmazeutische Gläser herstellt, waren es bei der Phönix-Glashütte Gebrauchsgegenstände wie Geschirr, Aschenbecher und Lampenschirme, weshalb die Hütte auch in der Bevölkerung einen höheren Bekanntheitsgrad besaß. Einheimische kauften die Produkte ebenso wie die amerikanischen Soldaten. Es gab auch einen regen Export in die USA, wovon die ausgestellten Christbaumglocken und -kugeln mit englischer Aufschrift zeugen. Für das Eichstätter Volksfest im Jahr 1950 wurde eigens ein Bierglas mit einem speziellen Emblem produziert. Den Stempel dazu gibt es noch, aber Kreisheimatpfleger Harrer ist weiterhin auf der Suche nach einem solchen Bierglas-Exemplar, das bisher nicht aufgetaucht ist.

Zu ihren besten Zeiten habe die Phönix einen Umsatz von bis zu 30 Millionen Mark verzeichnet, erzählte Harrer weiter. Namhafte Firmen wie WMF seien die Hauptabnehmer gewesen. 1979 zogen dann dunkle Wolken auf, die nichts Gutes erwarten ließen: Damals hätte es beinahe kein Weihnachtsgeld für die Mitarbeiter gegeben, schließlich wurde es auf Veranlassung des Betriebsrates hin - auf drei Raten verteilt - doch ausgezahlt. Außerdem stellte die Firma zu dieser Zeit mehrere Stundungsanträge bei der Gemeinde. Ein Jahr später wendete man die Insolvenz gerade noch ab, 1986 gingen dann für immer die Lichter aus. Als Gründe dafür nannte Harrer fehlende Investitionen sowie die billigere Konkurrenz aus Osteuropa.

Am Ende seines Vortrags bedankte sich der Kreisheimatpfleger bei Landrat Anton Knapp, seinem Kollegen Karl Heinz Rieder, Ulrich Bohr und Zenta Schermer für die Unterstützung bei der Ausstellungsvorbereitung sowie bei Rudi Hager für das Bildmaterial. Den Heimatkundler Dietmar Schröter aus Wellheim hob er besonders heraus, da dieser mit seinen Sammlerstücken rund um die Phönix-Glashütte die Ausstellung erst möglich gemacht hatte.

Die Ausstellung "Glück und Glas" kann bis zum 15. Oktober dienstags bis freitags von 14 bis 16 Uhr und an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen von 14 bis 17 Uhr im Jura-Bauernhofmuseum in Hofstetten besichtigt werden.