Gungolding
Behinderten Menschen Freude schenken

Für die Weihnachtsfeier der Lebenshilfe-Werkstätten in Gungolding ging Karl Riedlmeier vor 35 Jahren von Haus zu Haus

11.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:19 Uhr

Heuer sind die Behinderten der Lebenshilfe-Werkstätten zum 35. Mal zur Weihnachtsfeier nach Gungolding eingeladen. Zu sehen, welche Freude das Fest seinen Gäste macht (Bild oben von 2011), ist die größte Motivation für den Initiator Karl Riedlmeier (unten). - Fotos: mf/chl

Gungolding (EK) Die Weihnachtsfeier in Gungolding ist ein alle Jahre wieder ein besonderes Glanzlicht für Hunderte behinderten Menschen der Lebenshilfe-Werkstätten der Region. Heuer wird zum 35. Mal gefeiert. Initiator ist keine große Institution, sondern ein einziger Mann: Karl Riedlmeier.

Der 76-jährige Gungoldinger ist längst weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt. Unermüdlich gewinnt er neben zuverlässigen Geldgebern auch prominente Besucher und Musikgruppen für diese Weihnachtsfeiern; zum 35. Fest wird am Sonntag, 15. Dezember, im Grünen Baum in Gungol-ding auch Landtagspräsidentin Barbara Stamm erwartet. Dabei geht es dem Rentner, der sein Arbeitsleben als Stapler- und Lastwagenfahrer verbracht hat, ganz und gar nicht nicht um seine Person. Er verweist auf das Team von knapp 30 Ehrenamtlichen, das ihm inzwischen zur Seite steht, und erklärt im Interview mit Redakteurin Eva Chloupek, es gehe einzig und allein darum, den Behinderten mit dem Fest eine Freude zu machen – das ist ihm ein echtes Herzensanliegen.

Herr Riedlmeier, was veranlasste Sie, vor nun über 35 Jahren die ersten Weihnachtsfeiern für die Lebenshilfe zu organisieren?

Karl Riedlmeier: In Rennertshofen habe ich damals eine Weihnachtsfeier miterlebt, die keine gescheite war. Da war ein grüner Baum gestanden, ein Kassettenrekorder hat ,Oh du fröhliche’ gespielt, dann gab es noch ein paar Wiener und ein ganz kurzes Grußwort, das war’s. Auf der Fahrt heim nach Gungolding habe ich zu meiner Frau gesagt: „Mutter, so geht das nicht, so können wir mit unseren Behinderten nicht umgehen. Da muss ich mir ’was einfallen lassen.“

Wie waren Sie auf diese Feier nach Rennertshofen gekommen?

Riedlmeier: Ich habe einen behinderten Sohn, der damals in Oberhaunstadt (1974 die erste Lebenshilfe-Einrichtung in der Region, Anm. d. Red.) war, und die dortige Einrichtung hatte die Feier damals organisiert. Die hatten das sicher gut gemeint, aber zur Wirtschaft ging es 17 Treppen den ersten Stock hinauf. Da mussten wir die Rollstuhlfahrer tragen, das konnte so nicht weitergehen.

Also haben Sie das Heft in die Hand genommen.

Riedlmeier: Ja, mein erster Ansprechpartner war damals unser Bürgermeister Matthias Schroll, ihn habe ich gefragt, was er davon hält, wenn ich von Haus zu Haus gehe, um Spenden für eine Weihnachtsfeier zu erbitten. Weil ohne Geld ja gar nichts geht. Und er hat gesagt: Das machst du, das schaffst du. Und dann haben mich auch die Leute in den Gungoldinger Vereinen unterstützt. Die Trachtler haben Theater für die Behinderten gespielt, wir hatten eine Tombola veranstaltet und so weiter und so fort.

Aber, wie Sie schon sagten: Ohne Geld geht nichts. Sie sind dann gut zehn Jahre lang alleine in zehn Ortschaften zum Sammeln von Haus zu Haus gegangen. Welche Erfahrungen machten sie dabei?

Riedlmeier: Die Anfangszeiten waren nicht einfach. Da bin ich schon an Häuser gekommen, die kein gutes Wort für mich hatten. Manchmal hat man auch gesehen, wie der Vorhang wackelt, aber aufgemacht hat niemand.

Und wie ist das heute?

Riedlmeier: Ganz anders, sehr gut. Mittlerweile warten die Leute auf meine Sammler – ich selber kann nicht mehr laufen. Heute ist meistens das Geld schon hergerichtet. Wir haben für jeden Spender eine Kerze von der Zieherei der Lebenshilfe-Werkstätte mit dabei, die Kerzen sind sehr gefragt. Und ich habe ein gutes Team, auf das ich mich hundertprozentig verlassen kann, ansonsten könnte ich das nicht mehr stemmen.

Wieviel Geld sammeln Sie in der Regel, und wofür verwenden Sie es?

Riedlmeier: Es ist wirklich alles absolut zweckgebunden zugunsten der Lebenshilfe. Die Geschenke und das Essen, die Auslagen für die Feier, das geht schon in die Tausende. Dann übergeben wir meistens auf dem Fest selber noch zwischen 9000 und 12 000 Euro an die Lebenshilfe.

Was geschieht mit diesem Geld? Können Sie einige Beispiele nennen?

Riedlmeier: Davon wurde zum Beispiel ein Kerzenzieh-Ofen für die Werkstatt gekauft, der hat 11 000 Euro gekostet, wegen der besonderen Sicherheitsmaßnahmen, damit die Behinderten nicht versehentlich ins Wachs greifen können. Wir haben auch schon ein Pferd für die Reittherapie und ein Bällebad für die Bewegung bezahlt; oder auch mal einen Kicker, solche Dinge eben, die Freude machen und sinnvoll sind.

Sie arbeiten alle ehrenamtlich. Was ist Ihre Motivation? Was macht diese Weihnachtsfeier seit 35 Jahren so besonders?

Riedlmeier: Unser aller Streben und Arbeiten ist es, den Behinderten eine Freude zu machen. Zu sehen, wie unsere Gäste sich freuen, wenn der Nikolaus kommt und jeder sein Päckchen kriegt, das ist unglaublich, das ist das Schönste, das ist der schönste Dank. Mir tut es manchmal wirklich leid, dass ich die Leute, die spenden, nicht mit in die Feier einladen kann, aber das geht halt nicht, weil der Platz nicht reicht, die bringe ich leider nicht unter. Und inzwischen gehört die Lebenshilfe-Weihnachtsfeier einfach zu Gungolding.

Wieviel Gäste bewirten und beschenken Sie?

Riedlmeier: Wir hatten schon über 400, heuer rechne ich sicher mit 200. Zum 35-Jährigen gibt es diesmal zunächst einen Gottesdienst, dann Mittagessen und ab 14 Uhr beginnt dann die offizielle Weihnachtsfeier mit Programm und Prominenz.

Man spürt, dass die Lebenshilfe und speziell die Feier ein echtes Herzensanliegen für Sie sind. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Riedlmeier: Zunächst einmal bin ich meinem Team und der Bevölkerung, die mich 35 Jahre unterstützt, sehr dankbar. Ich bedanke mich auch bei den Firmen, die spenden und besonders bei den beiden Gungol-dinger Wirtschaften. Denn, wenn Behinderte kommen, ist das nicht so einfach wie bei anderen Gästen: Die Wirtsleute und Bedienungen brauchen da mehr Zeit und Verständnis, da sind beide Wirtshäuser hervorragend. Und natürlich bei einem ganz besonderen Gönner, den kürzlich verstorbenen Eduard Schöpfel. Was ich mir wünsche, ist, dass ich möglichst lange gesund bleibe, damit ich das noch lange machen kann. Und da möchte ich mich auch ganz besonders bei meiner Frau bedanken, die mir seit 35 Jahren auch die Zeit dafür zur Verfügung stellt. Mein letzter Wunsch heißt: Weitermachen mit dieser Weihnachtsfeier, auch wenn ich einmal nicht mehr bin.