Eichstätt
Unterschiedliche Wege

Bei einer Diskussion der BLLV zur Zukunft der Bildung stellen Landtagskandidaten ihre Visionen vor

18.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:01 Uhr

Diskutierten über die Zukunft der Bildung im Landkreis Eichstätt (von links): Reinhard Hornberger (Republikaner), Janina Baier (Piraten), Thomas Knott (Bündnis 90/Grüne), Siegfried Bauer (FDP), Tanja Schorer-Dremel (CSU), Moderator Stefan Straßer, Eva Gottstein (FW), Werner Widuckel (SPD), Willi Reinbold (ÖDP) und Manfred Lindner (Die Linke) - Foto: zba

Eichstätt (EK) Die Zukunft der Bildung im Landkreis Eichstätt war das Thema einer Podiumsdiskussion in der Aula der Universität, zu der der BLLV-Kreisverband eingeladen hatte. Diesem Thema stellten sich in einer Mammutdiskussionsrunde neun Landtagskandidaten.

Neben Lehrern waren auch Eltern und Bürgermeister gekommen. Moderator war Stefan Straßer vom Bayerischen Rundfunk. Nach der Begrüßung durch den BLLV-Kreisvorsitzenden Florian Rieß gaben die Diskussionsteilnehmer in Statements ihre Visionen für den Landkreis Eichstätt ab, bei denen es auch um den Bestand kleiner Grundschulen ging.

Eva Gottstein von den Freien Wählern setzte sich für das dreigliedrige Schulsystem ein und attestierte, dass in Bayern viel geleistet werde und durch den Bestandschutz mit 26 Schülern Grundschulen lange erhalten bleiben können. Vehement forderte sie die Ausweitung der frühkindlichen Förderung, noch besser qualifizierte Lehrer, die Zuweisung von mehr Lehrerstunden und die Verbesserung der Rahmenbedingungen.

Tanja Schorer-Dremel, CSU, wünscht sich in ihrer Vision weiterhin politische Entscheidungsträger, die mit offenem Blick Bildungseinrichtungen von der frühkindlichen Erziehung bis hin zur Universität unterstützen, in denen auch hervorragend ausgebildete Lehrer und Fachkräfte auf allen Ebenen ein breit gefächertes Bildungsangebot mit Leben füllen. Ferner plädierte Schorer-Dremel für eine wohnortnahe Auswahlmöglichkeit.

Siegfried Bauer, FDP, sprach sich gegen eine einheitliche Lösung aus und machte sich für eine Verlagerung der Verantwortung in die Gemeinden stark.

Die Vision der Piratenpartei ist nach Janina Baier die Umgestaltung der Schulen von bloßen Lernorten zu echten Lern- und Lebensräumen. Sie wünscht sich, dass besonders in den ersten Schuljahren nicht die Anpassung der Kinder an das Schulsystem das Ziel sei. Kleine Schulstandorte müssten erhalten bleiben und die wohnortnahe Betreuung soll ausgebaut werden. Um den Leistungsdruck besonders in der Grundschule abzubauen, fordert die Piratenpartei gemeinsames Lernen mit Kurssystem ab der fünften Klasse und verstärkt individuelle Förderung.

Bündnis 90/Die Grünen setzen sich nach den Ausführungen von Thomas Knott für die frühkindliche Bildung ein durch den quantitativen Ausbau und die qualitative Verbesserung aller Angebote und Einrichtungen, um dem Anspruch auf gleiche Chancen zu gewährleisten. Weiter favorisieren sie Ganztags- und Gemeinschaftsschulen. Die Gemeinschaftsschule solle nicht das vorhandene System von heute auf morgen ersetzen, sondern eine zusätzliche Alternative bieten.

Für die SPD sprach Professor Werner Widuckel. Er forderte eine Veränderung von Unterrichtsformen und Inhalten zur Stärkung der Förderung und der Persönlichkeitsentwicklung, Ganztagsangebote und Verbesserung sozialer Betreuung (Inklusion statt Selektion), Zulassung von Gemeinschaftsschulen nach Elternwillen und die Verbesserung der finanziellen Ausstattung.

Reinhard Hornberger von den Republikanern verlangte die generelle Aufnahmeprüfung nach der fünften Klasse und die Reduzierung der Abiturienten auf 20 Prozent. Er sprach sich für die Ganztagsschule, das G 9 und für eine verbindliche Stundenzahl bei den Hausaufgaben aus.

Eines der schulpolitischen Ziele der Partei Die Linke ist Inklusion statt Auslese. Die Schulen brauchen nach den Worten von Manfred Lindner eine neue Philosophie: fördern statt Auslese. Seine weitere Argumentation: Eine Schule für alle Kinder erreicht durch individuelle Förderung Chancengleichheit und Leistungsfähigkeit. Dazu verlangte er ganztägige Bildung und Betreuung von Anfang an und mehr Geld für die Bildung.

Die ÖDP, so Willi Reinbold, erwartet für den Landkreis Eichstätt den Verbleib der Grundschule am Ort, eine zweite pädagogische Kraft in jeder Grundschulklasse, Aufstiegschancen in allen Schulzweigen, keine Klassen über 25 Kinder, Schulen am Lebensort der Kinder, eine längere gemeinsame Schulzeit und für jede Schule einen Sozialpädagogen.

Den Vorwurf von Hornberger von den Republikanern, das Schulsystem habe versagt, konterte ein Pädagoge aus dem Publikum. Er drückte gleichzeitig seine Enttäuschung aus, dass bekannte Standpunkte „runtergespult“ werden.

Die Durchlässigkeit des bayerischen Schulsystems war ein weiterer Diskussionspunkt. Eva Gottstein bewertete die Durchlässigkeit sehr positiv, forderte aber die Verbesserung der Schnittstellen und mehr Beratungslehrkräfte, um das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt zu rücken. Die Beratungslehrkräfte, so der Beitrag einer Mutter aus dem Publikum, seien „Gold wert“. Schorer-Dremel brachte als Beispiele für die Durchlässigkeit Kolleginnen und Kollegen, die über die Mittelschule den Aufstieg geschafft haben.

Widuckel wies auf die ungleichen Startbedingungen im Bildungssystem hin, die durch Förderung ausgeglichen werden müssten. Eine „Schule mit Perspektive“ bereite auf das lebenslange Lernen vor. Deshalb müsse eine übergreifende Bildungspolitik sowohl die berufliche Erstausbildung und Förderung wie auch die Weiterbildung im Blick haben.

Thomas Knott von den Grünen führte die Probleme der Rückläufer im „bayerischen Wunderland“, bedingt durch die zu frühe Spezialisierung, an. Für Lindner, Die Linke, ist das bayerische Schulsystem sehr durchlässig, aber von oben nach unten.

Ein Zuhörer empfahl, das Denkendorfer Modell als 17. Weg in der bayerischen Schullandschaft zu ermöglichen.