Eichstätt
Die Räuber vom Bermuda-Dreieck

In der Altmühl gibt es viel zu viele Aale – Jetzt machen die Angler gezielt Jagd auf den Laichfresser

28.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:38 Uhr

Eichstätt (EK) In der Altmühl gibt es viel zu viele Aale, reklamiert das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt. Das biologische Gleichgewicht sei gestört. Der Anglerverein Eichstätt, zuständig für rund 30 Flusskilometer, sieht das inzwischen ähnlich und reagiert mit einer gezielten Fangaktion.

Seit dem 17. Dezember 2011 weiß auch der Nicht-Angler im Raum Eichstätt, dass es in der Altmühl massenhaft Aale gibt. Damals hatte am Realschulzentrum Rebdorf ein neues Wasserkraftwerk den Betrieb aufgenommen – mehrere hundert Aale wurden in das Sperrwerk gezogen und verfingen sich darin. Das Massensterben machte damals Schlagzeilen. Inzwischen hat es der Eichstätter Anglerverein unter Vorsitz von Max Pfuhler (Foto: gfs) auch amtlich, dass sich in der Altmühl zu viele Aale tummeln. „Wir sind vom Wasserwirtschaftsamt mehrfach darauf aufmerksam gemacht worden, dass bei uns die Aalpopulation unverhältnismäßig hoch ist.“

Wie bereits kurz gemeldet, startet der Verein deswegen eine gezielte Jagd auf Aale. Am Freitag, 6. Juni, findet extra ein vereinsinternes Aalfischen statt. Danach können die erfolgreichen Angler ihre Beute im Vereinsheim abgeben, wo sie in Gewürzsud eingelegt und später geräuchert werden – so wird der Fisch zur Delikatesse.

Aal ist schmackhaft – und das ist der einzige Grund, warum er überhaupt in der Altmühl lebt. Eigentlich ist diese Fischart nämlich im gesamten Flusssystem der Donau nicht heimisch und kann sich dort auch nicht fortpflanzen. Der Aal, dieser geheimnisumwobene Wanderer zwischen Süß- und Salzwasser, hat seine Laichplätze in der Sargassosee beim berüchtigten Bermudadreieck in der Nähe der Karibik, und aus irgendeinem Grund schwimmen die Jungfische grundsätzlich nicht ins Schwarze Meer – und folglich auch nicht in die Altmühl.

Dass es dennoch massenhaft Aale gibt, liegt daran, dass die Fischer seit jeher ganz junge Aale, die sogenannten „Blankaale“, von Händlern an der Küste kaufen und in die Altmühl einsetzen. Der Anglerverein hat das zuletzt vor drei oder vier Jahren gemacht, erinnert sich Pfuhler. Ohne Neubesatz wäre die Altmühl irgendwann wieder weitgehend frei von Aalen.

In der Altmühl finden die Aale anscheinend paradiesische Lebensverhältnisse vor. „Der Aal ist ein enormer Laich-Räuber“, sagt Pfuhler, „die Altmühl ist ein ideales Laichwasser“, und gerade in Altwassern wie dem „Stark-Altwasser“ beim Eichstätter Göpfert-Steg kennen große Aale mit dem Nachwuchs der anderen Fischarten kein Pardon und geraten, so Pfuhler, „regelrecht in einen Fressrausch“. Die Alttiere werden dabei immer stattlicher. „Früher hast du beim Aalfischen ,Schuhbandl’ gefangen“, erinnert sich Pfuhler an buchstäblich schmale und magere Beute. Heute ist das anders: „Ich hab grade vier Stück in der Gefriertruhe – von denen ist keiner unter 80 Zentimetern.“ Erst neulich habe ein Freund einen Aal mit vier Pfund und 97 Zentimetern aus der Altmühl gezogen – für einen Nichtangler, der seinerzeit Schlöndorffs ,Blechtrommel’ im Kino gesehen hat, eher eine gruslige Vorstellung. Aber Angler sehen das naturgemäß anders: „Der Aal wird gerne gefischt und ist ein guter Speisefisch“, sagt Pfuhler.

So schlagen denn zwei Herzen in der Brust des hiesigen Anglers: Ohne Aale geht's den anderen Fischen besser. Mit Aalen ist das Angeln spannender. „Wir können mit beidem leben“, versichert Pfuhler – und erst einmal gehe es nur darum, den Bestand auf ein vernünftiges Maß zurückzubringen. Ob eines Tages wieder junge Aale eingesetzt werden, hängt auch vom Europäischen Parlament ab: Das befasst sich grade mit der Frage, ob der Einsatz von solchen nichtheimischen Tieren nicht ganz verboten werden soll. Das wäre in absehbarer Zeit das Aus für die Altmühl-Aale.

Andererseits könnten die Angler dann ein spannendes Projekt anpacken, das einer echten, einheimischen Art auf die Beine hilft: den Flusskrebsen. Die Altmühl war einst ein legendär guter Lebensraum für Krebse – bis in den 1880er Jahren eine eingeschleppte Krankheit den Bestand fast in ganz Europa auslöschte. Pfuhler sagt nun: „Wir haben darüber nachgedacht, ob man bei uns nicht wieder Krebse einsetzt. Aber momentan würden die Aale da rigoros ausräumen. Das wäre rausgeschmissenes Geld.“