Eichstätt
Jugendamt massiv unterbesetzt

Externe Studie bescheinigt dem Landkreis Eichstätt deutlichen Nachholbedarf

21.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:11 Uhr

Stress in den Familien - immer mehr Arbeit fürs Jugendamt. Doch die Behörde im Eichstätter Landratsamt ist personell unterbesetzt. - Foto: Thinkstock

Eichstätt (EK) Das war eine faustdicke Überraschung in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses: Das Jugendamt des Landkreises Eichstätt ist massiv unterbesetzt. Über den Daumen gepeilt um acht volle Stellen. Das hat eine aufwendige externe Studie ergeben.

Seit Mai vergangenen Jahres hatte Sabine Wißdorf (Foto) vom Institut für Sozialplanung und Organisationsentwicklung (Essen und Wessobrunn) im Auftrag des Landkreises das Eichstätter Jugendamt auf Herz und Nieren untersucht. Wißdorf hat jede Menge Erfahrung, ihr Institut hat schon rund 40 bayerische Jugendämter unter die Lupe genommen. Untersucht wurde dabei nach einem klar vorgegebenen Schema, wie die einzelnen Aufgaben bewältigt werden, wie viel Zeit für welchen Arbeitsschritt benötigt wird, wo es Probleme oder Überschneidungen bei Zuständigkeiten gibt – und schließlich, wie viel Personal für welche Tätigkeitsfelder benötigt wird. Jugendamtsleiter Siegmund Hammel ahnte schon im Vorfeld, wohin die Reise gehen würde, aber jetzt hat er es schriftlich. Das größte Personalproblem hat sein Amt im Allgemeinen Sozialen Dienst: Da hat er bisher 6,3 rechnerische Vollzeitstellen – die anfallende Arbeit würde aber ziemlich genau fünf zusätzliche Stellen erfordern. Auch im Arbeitsfeld Kindertagesbetreuung sind zwei fehlende Stellen errechnet worden. In etlichen anderen Bereichen gibt es dagegen einen kleinen Überhang: „Wenn wir mit unserem System kommen, errechnen wir nicht immer einen Stellenbedarf“, machte Wißdorf klar.

Im Ausschuss herrschte daraufhin Einigkeit, dass das Jugendamt personell umgehend aufgestockt werden muss. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen jährlich fortgeschrieben werden. Dem Kreistag empfahl der Ausschuss einstimmig, die Empfehlungen aus Wißdorfs Analyse umzusetzen.

Ausschussmitglied Martin Ruffertshöfer (Diakonie) stellte in der Diskussion die naheliegende Frage an Jugendamtsleiter Siegmund Hammel: „Wie war denn die Qualität bisher zu vertreten, wenn so viele Stellen fehlten? Ich hatte immer den Eindruck, die Qualität der Arbeit im Jugendamt hat gepasst.“ Hammel meinte darauf, die deutliche Arbeitssteigerung sei erst in jüngerer Zeit aufs Jugendamt zugekommen: „Die Dynamik der letzten Jahre hat uns überrollt. Das ist auch an den Überstunden zu sehen“, es gebe bei den Mitarbeitern „auch Überlastungssignale“. Die Studie, daraus machte Hammel keinen Hehl, hält er für den argumentativen Befreiungsschlag: „Wir hätten’s wohl nicht mehr lange durchgestanden, muss ich schon sagen.“ Die viele Arbeit sei zwar dank der Erfahrung und des großen Engagements der Mitarbeiter bewältigt worden. Allerdings: Der personelle Mehrbedarf „hat uns von der Menge her schon punktuell überrascht.“ Abteilungsleiterin Maria Seitz erklärte: „Die Mitarbeiter haben Unmengen von Überstunden, aber die Stimmung hat immer noch gepasst. Die Mitarbeiter wussten, dass ihre Arbeit sachgemäß überprüft wird, und das hat motivierend gewirkt. Die wussten auch: Das Ergebnis wird von der Leitung nicht schöngeredet.“

So räumte Hammel auch ein, die Unterbesetzung im Tätigkeitsfeld Kindertagesbetreuung habe dazu geführt, dass die allerorts entstehenden Krippen-Neubauten nur stichprobenartig untersucht werden konnten. „Wir haben uns auch auf Vieles verlassen.“

Über den Allgemeinen Sozialen Dienst, den Bereich mit dem größten Personalmangel, sagte Forscherin Wißdorf: „Die Kollegen sind alle motiviert, viele Erfahrene nehmen die Jungen mit. Aber das ist sehr auf Kante genäht. Wenn mal was Schlimmeres passiert, dann ist, wie man so sagt, ,Holland in Not’.“

Landrat Anton Knapp betonte im Anschluss an die Sitzung: „Das ist jetzt einfach die Bewertung, und auf die werden wir reagieren. Man darf das nicht fehlinterpretieren in mangelnde Qualität.“ Auslöser sei der Anstieg der Fallzahlen, und es habe in der Vergangenheit bereits eine Diskussion über die vielen Überstunden gegeben. Jetzt gelte es, zusätzliches Personal zu rekrutieren, was gar nicht so einfach sei und in der erforderlichen Zahl nicht von einem Tag auf den anderen gehe: „Mit vier, fünf Stellen kommen wir weiter.“

Jugendamtsleiter Hammel sagte, die Untersuchung sei nicht nur wegen der Aussagen über die Mitarbeiterzahl wichtig. Sie lege zudem genau fest: „Was ist wann von wem zu leisten, und welchen Zeitrahmen erhält er dafür“ Für die Leitung des Jugendamts werde das in Zukunft viel Sicherheit bedeuten.