Eichstätt
Wenn Barrieren fallen sollen

Bei Tun.Starthilfe engagieren sich Studenten für Flüchtlinge im Landkreis Eichstätt

16.12.2013 | Stand 31.01.2017, 17:16 Uhr

Jede Woche sind Studenten unterwegs im Landkreis, um den Flüchtlingen – wie hier in Eichstätt – Deutschunterricht zu erteilen. - Foto: Riksen

Eichstätt (EK) Flüchtlinge in Deutschland werden nicht weniger. Und so auch nicht im Landkreis. Bis zum Ende des Jahres sollen es über 270 hier sein. Um ihre Betreuung kümmern sich nicht nur die Caritas-Sozialarbeiter. Mit „Tun.Starthilfe“ engagieren sich auch Studenten in der Arbeit mit Flüchtlingen.

Es sind Studenten wie Anna Peschke. Karolina Albrecht. Erika Riksen. Oder Johanna Kreß. Sie kümmern sich – neben etwa 60 anderen jungen Leuten – in ihrer Freizeit um Flüchtlinge, die im Landkreis Eichstätt untergekommen sind.

Die Initiative geht auf Anna Peschke zurück. Die 21-jährige Politikwissenschaftsstudentin war es, die vor inzwischen eineinhalb Jahren die ersten Kontakte zu Flüchtlingen aufgenommen hat. Sie – es war damals eine Familie, die im Waltinger Ortsteil Pfünz untergekommen war – wollten damals Deutsch lernen, um sich in diesem Land besser integrieren zu können. Keine 14 Tage hat es gedauert, bis Anna Peschke mit ihrem Freund Christopher Knoll und Deborah Foth Unterrichtsangebote organisiert hatte. Heute läuft das fast automatisch – in elf Gemeinden im Landkreis Eichstätt.

Woche für Woche sind Zweier-Teams aus Studenten unterwegs in Eichstätt, Dollnstein, Gaimersheim, Neuenhinzenhausen, Obereichstätt, Pfünz, Schelldorf, Stammham, Titting, Wettstetten und Zell a. d. Speck, um den Flüchtlingen dort die deutsche Sprache näherzubringen. Denn nur so können diese Menschen, die aus den unterschiedlichsten Ländern kommen, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.

So steht es im Leitbild von „Tun.Starthilfe“, das sich die studentische Initiative vor einigen Wochen gegeben hat, sagt Anna Peschke. „Grundbedingung für gesellschaftliche Teilhabe ist die Sprache. Daher wollen wir jedem Zugang zu Deutschunterricht ermöglichen.“ An einem anderen Tag kommen noch einmal Studenten zu den Menschen in den Dörfern. Sie gehen mit den Leuten einkaufen, spielen mit den Kindern oder sind einfach da. „Die Flüchtlinge sollen Hilfe bekommen, sich im Alltag hier bei uns in einer für sie fremden Kultur zurechtzufinden.“ Außerdem sollen Barrieren fallen: „Wir wollen Flüchtlingen und Dorfbewohnern zeigen, dass sie keine Angst voreinander haben müssen.“ Dabei verstehen sich die Studenten auch als „Netzwerker“.

So stehen etwa die Materialien für den Deutschunterricht unentgeltlich auf der neu eingerichteten Homepage (www.tun-starthilfe.de) bereit: „Vielleicht finden sich so ja auch Leute in den Dörfern, die in Eigeninitiative Deutschunterricht anbieten.“ Damit die Menschen aus den Krisengebieten, die hier Zuflucht finden wollen, aber auch einmal ein wenig rauskommen – gerade, wenn sie in abgelegeneren Orten wie etwa Neuenhinzenhausen wohnen – will „Tun.Starthilfe“ immer wieder nach Eichstätt einladen.

Im August waren es über 50, die zur „Tun-Sommerschule“ gekommen waren: damit der Deutschunterricht auch während der Ferien nicht abreißt und zum gemeinsamen Austausch in der Freizeit. Gerade für die, die in eher abgelegenen Orten wohnen, eine willkommene Abwechslung. Es laufen bereits Planungen, eine ähnliche „Schule“ im Frühjahr zu veranstalten. Aber das geht ins Geld. Zwei Wochen lang waren die Flüchtlinge im Sommer in Eichstätt, sind zumeist jeden Tag von ihren Unterkünften geholt und wieder gebracht worden. Die Fahrtkosten für die Studenten zu den Flüchtlingen summieren sich. Dennoch: „Es macht einfach Spaß“, sagt Erika Riksen aus der Erfahrung der letzten Wochen.

Ein wenig Geld in der Rückhand zu haben, um den Menschen dann auch wirklich helfen zu können, tut der Initiative gut. Deswegen haben sie sich im Sommer dem Eichstätter Verein Live for Life angeschlossen. So können sie Spenden annehmen – und daraus etwa die Ausgaben für die Sommerschule bestreiten. Denn: Material, Essen und alle anderen Angebote waren für die Flüchtlinge hier kostenlos und sollen es auch bleiben.

Bei dieser Arbeit der Studenten läge das Augenmerk nicht auf dem Status ,Flüchtling‘, sondern vielmehr „auf der menschlich-sozialen Ebene“, wie Johanna Kreß erklärt. Man wolle den Einwohnern in den Gemeinden zeigen, dass es „normale Menschen“ seien, und anders herum den Flüchtlingen zeigen, dass es manchmal Zeit braucht, bis sich Hemmschwellen abgebaut haben. Karolina Albrecht sieht für sich nicht nur einen Gewinn für ihr Studium. Es bedeutet für sie viel mehr: „Andere gehen ins Ausland, um andere Kulturen kennenzulernen, wir können sie hier vor unserer Haustüre erleben.“