Eichstätt
Westliche Waffenexporte beenden

Patriarch der syrisch-katholischen Kirche beklagt opportunistische Haltung Europas und der USA

30.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:14 Uhr

Der Patriarch Ignatius Youssef III. Younan der syrisch-katholischen Kirche mit Sitz in Beirut/Libanon war zu Gast im Realschulzentrum Rebdorf und berichtete Schülerinnen und Schülern dort von der dramatischen Situation der Christen im Nahen Osten. Nach dem Vortrag in der Aula suchte er, begleitet von Flüchtlingsseelsorger Andreas Thiermeyer, das Gespräch mit Schülerinnen und Schülern. - Foto: Kusche

Eichstätt (EK) Das Oberhaupt der syrisch-katholischen Kirche, Patriarch Ignatius Youssef III. Younan von Antiochien, geht mit der europäischen und amerikanischen Nahostpolitik hart ins Gericht. Bei einem Pressegespräch in Eichstätt nahm der in Beirut (Libanon) lebende Patriarch kein Blatt vor den Mund.

Angesichts des im Irak bereits seit 2003 und in Syrien seit 2011 anhaltenden Konflikts ohne Aussicht auf Frieden befänden sich Christen und andere religiöse Minderheiten in einer katastrophalen Lage: "Die Christen sind überall auf der Flucht, leben in humanitärem Notstand, ihre Moral schwindet", beklagte der Patriarch.

Auf die Frage, was er sich vom Westen erhoffe, fand der Patriarch deutlich Worte: "Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Unterstützung für die verfolgten Christen." Die Presse zeichne zumeist ein verzerrtes und irreales Bild der Situation in Syrien, wenn sie das Assad-Regime als Monster- und Mörderregime darstelle. "Für mich bedeutet der erste ehrliche Schritt vonseiten der westlichen Welt die Beendigung der Waffenexporte und die Einstellung jeder Unterstützung der Rebellen", betonte der Patriarch. Es sei eine Fantasievorstellung, von den Rebellen Reformbemühungen zu erwarten: "Sie kennen nur Gewalt."

Den Westen interessieren seiner Ansicht nach "Erdöl und Waffengeschäfte mehr als der Frieden und das Wohl der verfolgten religiösen Minderheiten wie der Christen". Sowohl die USA als auch Deutschland setzten ihre milliardenschweren Waffenexporte mit ihren besten Verbündeten, Saudi-Arabien und den Golfstaaten, fort - Staaten, die zugleich die fundamentalistischsten Regime der Geschichte darstellten, klagte der Patriarch: "All diese Geschäfte beeinflussen den Krieg und den Terrorismus; die Opfer sind die Christen in Syrien und die Jesiden im Irak."

Die Hoffnung auf Frieden in der Region wolle er dennoch nicht aufgeben. "Was wir brauchen, ist die Einsicht, dass es keinen anderen Weg für die Entwicklung des Landes geben kann als Dialog."

Für die Zukunft Syriens setzt der Patriarch auf eine reformbereite, berechenbare Diktatur, welche auf Gesetzen und Bürgerrechten aufbaue: "Das wäre 1000-mal besser als ein islamischer Totalitarismus, der jeden Bereich durchdringt."