Eichstätt (EK) Er ist ein buntes Potpourri zur Geschichte der Diözese Eichstätt: Der neue Jahresband 2014
Welsche Baumeister, musizierende Fürstbischöfe

Der zweite Band der "Eichstätter Diözesangeschichtsblätter" gibt Einblicke in Geschichte und Gegenwart der Diözese

18.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Foto: Dagmar Kusche

Eichstätt (EK) Er ist ein buntes Potpourri zur Geschichte der Diözese Eichstätt: Der neue Jahresband 2014/15, herausgegeben vom Eichstätter Diözesangeschichtsverein, verschreibt sich dem Ziel, die Geschichte des Glaubens und der Kirche im ehemaligen Hochstift und in der Diözese zu erforschen.

Der Band enthält acht interessante und lesenswerte Beiträge, die von der Volksfrömmigkeit im frühen 16. Jahrhundert über Altargemälde des 17. Jahrhunderts und das nach der Säkularisation neu gegründete Fürstentum Eichstätt bis zur Tätigkeit des heutigen Diözesanrats reichen.

Bereits der erste Beitrag des Domvikars Marco Benini skizziert ein wichtiges Kapitel Volksfrömmigkeit: Benini untersuchte in seiner Dissertation das Ingolstädter Pfarrbuch des Luthergegners Johannes Eck und erhielt dafür den Kardinal-Wetter-Preis. Hier stellt er neben dieser Quelle auch die Pfarrbücher aus Hilpoltstein (1511), Pappenheim (ebenfalls 1511), Eitensheim (1700) und Buxheim (1693 und 1825) vor und erlaubt damit einen interessanten Einblick in den pastoralen Alltag dieser Pfarreien. In den - anfangs durchwegs lateinischen - Pfarrbüchern äußerte sich der jeweilige Pfarrer über finanzielle Belange der Pfarrei, Aufgaben des Personals, Patrone, Kirchweihen und ortseigene Traditionen bei Prozessionen und Wallfahrten. Kurioses ereignete sich beispielsweise zu Himmelfahrt in Pappenheim, wo eine Auferstandenenfigur durch ein "Himmelloch" nach oben gezogen wurde, damit sich die Gläubigen dieses christliche Mysterium besser vorstellen konnten.

Rembrant Fiedler, Oberkonservator am Bayerischen Amt für Denkmalpflege, wirft einen Blick auf den Wiederaufbau des zerstörten Eichstätter Hochstifts nach dem Dreißigjährigen Krieg. Dabei kam dem fürstbischöflichen Baumeister Jakob Engel (1632 - 1714), der aus dem Misoxtal im italienischen Graubünden einwanderte, eine Schlüsselrolle zu. Er prägte 50 Jahre lang das Baugeschehen im gesamten Hochstift und bekam erst ab 1699 Konkurrenz durch seinen Landsmann Gabriel de Gabrieli.

Durch die Hand Engels und seiner eingespielten Bautrupps erhielten zahlreiche Gebäude ihr bis heute unverkennbar prächtiges barockes Gewand, etwa der Ulmer Domherrnhof, der Westflügel der Eichstätter Residenz, die Spitalkirche, das Jagdschloss in Greding oder das Kloster Plankstetten. Interessanter als viele Kirchenbesucher wohl annehmen, sind auch die beiden Altargemälde der Abtei Sankt Walburg, welche Johann Heinrich Schönfeld 1676 vollendete. Gernot Lorenz, Fachreferent an der Eichstätter Universitätsbibliothek und Kunsthistoriker, bewertet die beiden Seitenaltargemälde "Kreuzigung" und "Maria in der Glorie" neu und sieht in ihnen zwei künstlerisch herausragende Werke eines der besten Maler seiner Zeit. Trotz ihres schlechten Erhaltungszustands stünden sie qualitativ keineswegs hinter dem monumentalen Altarbild in der Mitte zurück, das Joachim Sandrat 1664 anfertigte. Vielmehr seien die drei Altargemälde zusammen als kunsthistorisch einmaliges Ensemble zu betrachten, von dem auch Johann Evangelist Holzer tief beeindruckt war und sich für seine Altargemälde in der Schutzengelkirche inspirieren ließ.

Einen humorvollen Blick auf Fürstbischof Josef I. von Stubenberg wirft der Musikhistoriker Dieter Kirsch, der die Frage stellt, ob der letzte weltliche Fürstbischof in den Jahren zwischen 1792 und 1802 tatsächlich Mandora spielte. Die Mandora gehört zur Familie der Lauten, besaß aber nur sechs Saitenchöre und war damit einfacher zu spielen als die 13-chörige Barocklaute. Sie erfreute sich daher bei sogenannten "Dilettanten" großer Beliebtheit und war offenbar in Eichstätt eine Art Kultinstrument, wie die weltweit größte Notensammlung beweist, die heute in der Universitätsbibliothek aufbewahrt wird. Kirsch weist nach, dass der musikliebende Fürstbischof eine spezielle Vorliebe für dieses heute fast vergessene Instrument pflegte und wohl auch selbst in die Saiten griff - etwa zur launigen Unterhaltung seiner Hofgesellschaft.

Als wirtschaftlichen und politischen Misserfolg muss man schließlich das 1817 neu gegründete Fürstentum Eichstätt werten, wie Leo Hintermayr in seinem Beitrag zu den Herzögen von Leuchtenberg resümiert. Zwar ernannte der bayerische König nach den dunklen Zeiten der Säkularisation, durch die Eichstätt fast in der Bedeutungslosigkeit versank, keinen Geringeren als Eugène Beauharnais, ehemaliger Vizekönig Italiens und Stiefsohn Napoleons, zum Herrscher über ein territorial neu gegründetes laikales Fürstentum, doch erfüllten sich die Hoffnungen der Eichstätter auf bessere Zeiten trotz der Wohltätigkeit des volksnahen Adeligen nicht. Er konnte seinem Fürstentum keine ökonomischen Impulse geben und verstarb zudem bereits 1824. Seine Gattin und Nachkommen kehrten dann der ungeliebten Residenzstadt immer öfter den Rücken und verbrauchten ihr Geld in München und Europa, was die Lage für Eichstätt immer prekärer werden ließ, bis schließlich der bayerische König selbst eingreifen musste.

Insgesamt legen die Herausgeber mit dem zweiten Jahresband der Eichstätter Diözesangeschichtsblätter eine facettenreiche Aufsatzsammlung vor, deren Beiträge allesamt von ausgewiesenen Kennern verfasst wurden. Dass diese Forscher eine allgemein verständliche Sprache wählen, die das Buch auch für interessierte Laien lesbar macht, muss als großes Verdienst der Herausgeber und Autoren gewertet werden.

 

Eichstätter Diözesangeschichtsblätter, Band 2: Jahrgang 2014/15, herausgegeben von Franz Heiler, Klaus Littger und Erich Naab, erschienen im EOS-2016, 30,-. Erhältlich auch über die Geschäftsstelle des Eichstätter Diözesangeschichtsvereins e.V.