Eichstätt
Warum nicht Optiker oder Mechanikerin?

Am Girls’ und Boys’ Day erkundeten Eichstätter Schüler Berufe, die mit Rollenklischees behaftet sind

23.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:23 Uhr

Foto: Alexandra Burgstaller

Eichstätt (EK) Schluss mit Rollenklischees bei der Berufswahl – das fordert nicht nur die Regierung. Auch die Eichstätter Betriebe Weitner und Haugg nutzten den gestrigen bundesweiten Girls’ und Boys’ Day, um Schülern zu zeigen, dass die Wahl des Berufs nicht an das Geschlecht gebunden ist.

„Unglaublich, wie die Maschinen hier arbeiten“, sagt Joline Schuhmann, als sie dabei zu sieht, wie vor ihren Augen aus einem zylindrischen Alublock langsam ein perfekt geformter Diamant entsteht. Joline ist eine von acht Achtklässlerinnen der Maria-Ward-Realschule und der Schottenau, die sich am Girls’ Day bewusst für den Besuch in der Firma Weitner entschieden haben.

Weitner stellt erfolgreich Spezialwerkzeug her, bis nach China liefert die Firma ihre Produkte. Dafür, dass das so reibungslos läuft, geben täglich 270 Mitarbeiter ihr Bestes – auch Frauen. Derzeit beschäftigt der Betrieb 22 Lehrlinge in der Fertigung, drei davon sind weiblich. „Viele glauben, ein Job bei uns in der Werkstatt ist dreckig und körperlich anstrengend“, sagt Christian Bittl, Ausbildungsleiter der Weitner GmbH. „Das ist ein Irrtum“, stellt er klar. Der 34-Jährige ist selbst Feinwerkmechanikermeister und weiß, wovon er spricht. Damals, als die Technik noch nicht so weit entwickelt war, da habe die Sache noch ganz anders ausgesehen. „Da mussten unsere Hydraulikpumpen noch von Hand getestet werden. Heute geht das ganz einfach mit einer Maschine.“ So wie tatsächlich das meiste im Betrieb.

Das wurde auch den 13- und 14-jährigen Schülerinnen schnell klar. Von ihrem Ausflug in die Berufswelt eines Feinwerkmechanikers nahmen sie einen Ring und den diamantförmigen Briefbeschwerer mit. Sich die Hände schmutzig zu machen, war da kaum nötig, lediglich das Absägen des Aluminiums und das Abschmirgeln erinnerte noch daran, dass sie gerade in einen handwerklichen Beruf schnuppern. Der Rest – alles maschinell. „Deswegen macht auch den größten Teil der Arbeit das Denken und Planen aus“, erklärt Bittl. Jede Maschine müsse genauest eingestellt werden, schon kleinste Fehler würden die gute Qualität der Produkte gefährden. „Wer also technisches Geschick mitbringt, der kann hier arbeiten, egal ob weiblich oder männlich.“

Ähnlich ist es auch im Beruf des Eichstätters Oliver Haugg. Er ist leidenschaftlicher Optiker und versuchte gestern, einen Teil seiner Leidenschaft an die beiden Siebtklässler Niklas Geyer und Nico Meier weiterzugeben. Dass sein Beruf eher Frauen begeistert, erklärt er sich so: „Man hat viel mit Kunden zu tun, muss viel sprechen und immer offen und freundlich sein. Das scheint Frauen besser zu liegen.“ Und tatsächlich sind auch bei ihm die meisten Mitarbeiter weiblich.

Dabei ist gerade er ein gutes Beispiel dafür, dass auch Männer ihren Platz im Brillenbusiness finden können. Niklas und Nico hingegen sind noch skeptisch. Schüchtern machen sie ihre ersten Versuche an der Schleifmaschine und staunen, als Oliver Haugg mit Hilfe einer Ventilette – ein Gerät, das heiße Luft produziert – ein Brillengestell wie weiches Wachs in seinen Händen verformt. Obwohl Hauggs Wissen die Schüler beeindruckt, Optiker ist nicht der Traumjob der beiden. „Wir haben schon Probleme, Azubis zu finden“, sagt Haugg. Viele wüssten nicht, dass ein Optiker nicht nur Brillen verkauft, sondern auch viel in der Werkstatt zu tun hat und etwa Gläser selbst macht, vermutet Haugg. Der Girls’ und Boys’ Day sei eine gute Sache, aber um langfristig Denken zu verändern, reiche er nicht aus. Da sei es nicht verwunderlich, dass der 13-jährige Niklas erklärt, er könne sich einen typischen Frauenberuf wie etwa Friseurin für sich nicht vorstellen. Und Nico meint: „Ich würde nirgends arbeiten wollen, wo nur Frauen sind. Wenigstens einen Kumpel möchte ich bei der Arbeit schon haben.“

Dabei gibt es ein unschlagbares Argument, um Optiker zu werden – das findet zumindest Hauggs derzeitiger Azubi Luis Hausmann. „Optiker wird man immer brauchen.“ Ihm sei es egal, ob sein Beruf als typisch weiblich gilt oder nicht, „Hauptsache mir gefällt’s“.

Eine Aussage, die die Mädels beim Besuch der Firma Weitner sofort unterschreiben würden. „Mir ist nur wichtig, dass mir meine Arbeit Spaß macht“, sagt Sandra Mayinger, und Franziska Habich verrät, dass sie sogar mit der Polizeiausbildung liebäugelt – obwohl auch Polizist immer noch als klassischer Männerberuf gilt. Auch nach dem Besuch bei Weitner sind nicht alle vom Berufsfeld Mechaniker überzeugt, dass sie aber die Möglichkeit hatten, das herauszufinden, halten alle für gut.