Eichstätt
Wackelige Einheimischenmodelle

Stadt sieht sich aber bei der Vergabe der Baugrundstücke auf der sicheren Seite

29.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:15 Uhr

Im Baugebiet Weinleite-West sind schon die ersten Häuslebauer am Werk. Die insgesamt 71 Grundstücke sind zum allergrößten Teil vergeben - die meisten über ein Punkteverfahren. Dabei mussten die Bewerber unter anderem angeben, wie lange sie schon in Eichstätt wohnen oder arbeiten und wie viele Kinder sie haben. Genauso wird es auch beim Neubaugebiet Landershofen-Nord laufen - Foto: Hager/Hoedt

Eichstätt (EK) Die landauf, landab üblichen Einheimischenmodelle, die Ortsansässigen günstigen Baugrund garantieren sollen, sind ins Visier der EU-Kommission geraten. Diese hält sie für eine Diskriminierung Auswärtiger.

Die Stadt Eichstätt sieht sich mit ihrer Vergabepraxis auf der sicheren Seite. Die Kommission der Europäischen Union bemängelt, dass Ortsansässige durch solche Einheimischenmodelle bevorzugt werden und Auswärtige somit benachteiligt sind. Sie hat daher ein exemplarisches Vertragsverletzungsverfahren gegen mehrere Kommunen angestrengt – unter anderem gegen Vohburg. Bis zu einer Entscheidung lautet die Losung: Nichts Genaues weiß man nicht.

In Eichstätt sind derzeit zwei größere Baugebiete möglicherweise von der unsicheren Rechtslage betroffen: Weinleite-West und Landershofen-Nord. Bei beiden galt oder gilt: Punktesammeln für den Bauplatz. Die Stadt hatte die Vergabekriterien Mitte 2013 festgelegt. Demnach entscheidet über den Zuschlag für den Bewerber, wie lange er schon in Eichstätt lebt oder arbeitet, und wie viele Kinder er hat. Je mehr Kinder, umso mehr Punkte.

In der Weinleite ist das Verfahren soeben abgeschlossen worden: Etwa 45 der insgesamt 71 Bauplätze wurden über diese Punktewertung vergeben. Der Rest ging auf den „freien Markt“, nur noch zwei Parzellen sind hier nach Auskunft der Stadt zu haben. In Landershofen-Nord ist die Vergabe gerade angelaufen: Hier sind 29 Grundstücke zur Verfügung. Die Bewerber stehen Schlange: Knapp 80 hätten „starkes Interesse“ angemeldet, so Dieter Vogl vom Liegenschaftsamt.

Die Befürchtung, dass ihre Vergabepraxis unter dem europarechtlichen Druck ins Wanken geraten könnte, haben weder Vogl noch Oberbürgermeister Andreas Steppberger: Es handle sich um „kein reines Einheimischenmodell“, so Steppberger. Vielmehr seien hier auch soziale Komponenten wie der Familienstand der Bewerber eingebaut. Sprich: Ein Auswärtiger mit entsprechend vielen Kindern kann einen Einheimischen mit weniger Nachwuchs in der Punktetabelle hinter sich lassen. Es dürfe keine Zugangsbeschränkung für Auswärtige geben, bekräftigt Dieter Vogl. „Mit diesem Katalog sind wir auf der sicheren Seite“, ergänzt Steppberger. Dieser halte sich auch an die Empfehlungen des Städte- und Gemeindetags.

Von einer „Rechtsunsicherheit für alle“ spricht die Kommunalaufsicht des Landratsamts: Momentan sei es schwierig, Gemeinden in dieser Angelegenheit zuverlässig zu beraten, räumt Jürgen Graf ein. Sämtliche Modelle, „egal, was man da reinschreibt“, seien „in der Schwebe“. Um sich abzusichern, müssten die Kommunen bei der Zuteilung eines Grundstücks einen Bescheid samt Rechtsbehelfsbelehrung erlassen. In der Fachsprache nennt sich das begünstigender Verwaltungsakt. Nach einem Monat sei der Bescheid dann bestandskräftig, und es herrsche somit Rechtsicherheit.

Bei der Stadt Eichstätt ist ein solcher Bescheid nicht vorgesehen: „Keine Kommune macht so etwas“, wie Kämmerer Herbert Rehm betont. Hier bekommen die Bauwerber eine Mitteilung über die Kaufzusage – ohne Rechtsbehelfsbelehrung. Beim Baugebiet Weinleite-West sei mit dieser Praxis alles glatt gelaufen, so OB Andreas Steppberger. Alles andere wäre eine „Verbürokratisierung des Verfahrens“. Wenn sich jemand in ein bereits vergebenes Grundstück hineinklagen wolle, müsse er zuerst einmal den Schaden nachweisen, der ihm durch die Nichtberücksichtigung entstanden sei. Und solche Ansprüche gegenüber der Stadt „sind nur sehr schwer zu begründen“, ist Jurist Steppberger überzeugt.