Eichstätt
Klinik-Mitarbeiter machen "Pause"

Verdi-Aktionstag: Beschäftigte der Krankenhäuser weisen auf ihre chronische Überlastung hin

21.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:37 Uhr

Ruf nach Belastungsausgleich: Auch an der Klinik Kösching haben die Beschäftigten für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. - Foto: Wittmann

Eichstätt (EK) Stress und wenig Pausen: Rund 50 Mitarbeiter der Klinik Eichstätt haben gestern mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen gefordert. Dem bundesweiten "Aktionstag Pause" der Gewerkschaft Verdi folgten auch die Belegschaften in Ingolstadt und Kösching.

Patienten- und Telefonanrufe, Fahrten zu Operationen und Angehörigenbesuche - unbehelligte Pausen sind selten im Klinikalltag. "Kaffee gibt es nur in halben Tassen, sonst wird er kalt", lacht Krankenschwester und Verdi-Mitglied Evi Gebel. Das Drei-Schichtsystem "ist ja an sich schon eine Belastung", sagt Gebel, "da kommt dann die mangelhafte Personalsituation noch verstärkend hinzu." Besonders schwierig werde es, wenn Mitarbeiter - auch aus Überlastung - krank würden. Dann gebe es keine verbindlichen Dienstpläne mehr.

"Auch in Eichstätt müssten etwa 20 zusätzliche Stellen geschaffen werden, um die Arbeitsbedingungen spürbar zu verbessern", sagt Betriebsratsvorsitzender Werner Glossner. Seit Jahren steigende Patientenzahlen sorgen im Krankenhaus für eine größer werdende Arbeitsbelastung. Davon können die drei Krankenschwestern, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, ein Lied singen. "Man wird dem Anspruch, den man an den Beruf hat, selbst nicht mehr gerecht", sagt eine von ihnen, das baue Stress auf. "Selbst das normale Patientengespräch geht unter", dabei habe man eigentlich das Ziel, den Kranken etwas Gutes zu tun. Die höhere Bettenauslastung führe zwangsweise zu einem Platzproblem, wirft die zweite Krankenschwester ein, "die Zimmer sind eigentlich für zwei Personen vorgesehen, wir müssen aber einen dritten Patienten dort unterbringen." Das habe Auswirkungen auf die Arbeitssicherheit, "und auch die Hygiene leidet".

Das sieht ihre Kollegin ähnlich, hält aber nicht nur die höheren Patientenzahlen für das Problem. "Früher hatte man eine bessere Durchmischung, da waren auf einer Station vielleicht 40 Prozent der Patienten mobil", jene würden heute oft ambulant betreut. Auf der Station habe man nun mehr Vollpflegefälle und damit auch einen höheren Aufwand.

Die Verursacher des wirtschaftlichen Drucks benennt Werner Glossner in seiner Ansprache an die Mitarbeiter. Schuld sei zum einen das seit 2004 praktizierte DRG-System - das Klassifikationssystem, nachdem die Krankenkassen die Klinikaufenthalte der Patienten abrechnen. Die Erlöse aus den Fallpauschalen würden nicht alle anfallenden Betriebs- und Personalkosten decken, selbst wenn man weiterhin die Patientenzahlen steigere. "Als Strafe müssen die Kliniken erwirtschaftete Mehrerlöse an die Krankenkassen zurückerstatten, das ist ein einziger Unsinn."

Das zweite Problem nennt Pfleger und Verdi-Mitglied Fritz Kirchdorfer "Baustellen statt Planstellen". Seit Jahren kämen die Bundesländer nicht mehr ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach, die Investitionen, also Gebäude- und Medizintechnik, in ausreichendem Maße zu fördern. Also müsse man Geld, das eigentlich für Personal gedacht war, aus Eigenmitteln zur Deckung von Investitionen heranziehen. "Bis 2003 belief sich die Krankenhausförderung in Bayern auf über 600 Millionen Euro im Jahr." Dann sank das Budget auf 500 Millionen im Jahr, 2012 sogar auf 430 Millionen." Investieren müsse man aber weiterhin, um auf dem neusten Stand zu bleiben.

Bis auf Symbolpolitik, sagt Werner Glosser, sei bisher nicht viel passiert. Ende Januar habe man gemeinsam mit der Geschäftsführung, der Pflegedienstleitung, den Betriebsdirektoren und Verdi das Gespräch mit der Landtagsabgeordneten Tanja Schorer-Dremel und Landrat Anton Knapp gesucht. Man habe deutlich gemacht, dass "dringender Handlungsbedarf besteht, da die Patienten zum Teil nicht mehr sicher zu versorgen sind", sagt der Betriebsratsvorsitzende. "Es ist derzeit noch nicht absehbar", ob man Unterstützung bekommen werde.

"Wir haben ein grundsätzliches Problem, was die Finanzierung der Leistungen abgeht", sagt der Betriebsdirektor der Klinik Eichstätt, Marco Fürsich. Man befinde sich im ständigen Gespräch mit dem Betriebsrat, "denn es ist ja unser gemeinsames Interesse, dass die Patienten gut versorgt werden können." Man habe nicht nur mit den steigenden Patientenzahlen zu kämpfen, sondern auch "mit der Arbeitsmarktlage", das sei in anderen Krankenhäusern genau so.

Bis zur Bundestagswahl im Herbst soll der Druck auf die Politik mit regelmäßigen Aktionen stetig erhöht werden, betont Fritz Kirchdorfer. Als nächsten Schritt wolle man Unterschriften sammeln, außerdem könne man, etwa mit einem Stand auf dem Markt, das Gespräch mit den Bürgern suchen, denn: "Es bringt nichts, wenn wir ein generalsaniertes Krankenhaus haben, aber zu wenig Personal, um es zu betreiben."