Eichstätt
Tausende beten im Kerzenschein

"Nacht der Lichter" im Eichstätter Dom

22.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:31 Uhr

Foto: Marco Schneider

Eichstätt (EK) Die fünfte „Nacht der Lichter“ im Eichstätter Dom zog erneut viele Menschen an: Rund 2500 Besucher zählten die Organisatoren bei der vierstündigen Gebetsnacht am Freitagabend.

„Adoramus te, Domine..., wir beten dich an, Herr...“ Immer wieder der gleiche Text, begleitet von leisem Orgelspiel. Eine Stimme spricht in dieses Mantra hinein, spricht einen kurzen Gebetsvers, der im hohen Deckengewölbe des Eichstätter Doms widerhallt. Es ist kalt. Man möchte auf dem Steinboden ein Feuerchen entzünden, um sich daran zu wärmen. Es ist dunkel. Elektrisches Licht ist nahezu aus, gedimmte Scheinwerfer tauchen die fast 20 Meter hohen Säulen in ein warmes Licht. Im Mittelgang, an den Seitenaltären, auf den barocken Grabmälern der Fürstbischöfe brennen Teelichte. Tausende. Vor dem Bischofsthron hängen Stoffbahnen herunter. Vor dem schlicht behauenen Stein steht ein strahlend hell erleuchtetes Kreuz im Stil russischer Ikonen. Es ist kurz nach 20 Uhr. Die kleine Holztür, die den Willibaldschor mit dem Langhaus des Doms verbindet, geht im Sekundentakt auf und zu. Der Dom ist bis auf den letzten Platz besetzt. So, als wäre Weihnachten. Ist es aber noch nicht. Es ist „Nacht der Lichter“. Die fünfte. „Das müsste der Bischof jetzt sehen“, sagt einer. Eine Form des Gottesdienstes, die anzieht.

„Hier bin ich Gott nahe, bin ich geborgen“, sagt Martha Gottschalk. Die Referentin für Frauenseelsorge beim Bistum ist – zusammen mit Religionslehrerin Beate Trampert – eine der Initiatorinnen der Nacht der Lichter. Fünf Jahren ist das jetzt her. Der Eichstätter Dom war damals die letzte Kathedrale in Bayern, in der es noch keine Lichter-Nacht im Stil der Bruderschaft des 2005 ermordeten Priors Roger Schutz gegeben hat. Dass es richtig war, zu diesem Gebet einzuladen, zeigt der Besucherandrang: 2500 Gläubige, von Jung bis Alt, geben sich am Freitagabend die Klinke in die Hand. „Alle, die einmal da waren, kommen wieder“, sagt Sonja Wagner aus Freystadt. Sie steht vor dem Willibaldschor und verteilt Liedheftchen mit den Liedern aus Taizé. Die 25-Jährige war schon oft in dem französischen Ort: „Dort wird man von der Gemeinschaft getragen.“ Das ist es auch, was Martha Gottschalk an dieser Form des Gottesdienstes so fasziniert: „Man erfährt Stärkung in der Gemeinschaft des Gebetes.“ Und wer sich dazwischen aufwärmen und stärken möchte, geht kurz in die Batzenstube des Dompfarrheims, wo es eine warme Suppe und Tee gibt. Dort sitzen gerade die Firmlinge aus Roth und tauschen sich über das Erlebnis aus. „Die Stille, die Musik, das Mitsingen mit dem Chor ist einfach einmalig“, sagen Justin, Tom und Lukas.

Die Jugendkantorei des Eichstätter Doms, die Maria-Ward-Realschule, das Collegium Orientale, die Liturgiewerkstatt des Eichstätter Gabrieli-Gymnasiums und die Katholische Hochschulgemeinde haben sich in den letzten Wochen intensiv auf die Gebetsstunden vorbereitet, tragen die Texte und Lieder vor, zeichnen verantwortlich für die einzelnen Abschnitte. Feuerwehrleute aus Buxheim und Denkendorf sorgen für die nötige Sicherheit, sieben Malteser-Einsatzkräfte sind da. Auch Asylsuchende haben sich unter die Besucher gemischt. Frère Timothée hat in einer Grußbotschaft, die verlesen wird, ausdrücklich auf die Fluchtbewegung hingewiesen: „Wir denken heute vor allem an jene, die unfreiwilliger Weise unterwegs sind.“ Man wolle sie ins Gebet einschließen. „Gott stärkt uns, einander an- und aufzunehmen“, schreibt Frère Timothée von den Taizé-Brüdern.

In Decken gehüllt sitzen die Menschen nicht nur auf den Holzbänken, sondern auch dicht gedrängt auf den Steintreppen am Rand, zu Füßen der Sitzfigur des heiligen Willibald, vor den Bänken am Boden. Monika Bauch aus Preith sitzt mit ihrer Tochter Julia (7) vor der ersten Bank unterhalb der Kanzel. „Mich hat das schon immer so fasziniert“, sagt Bauch. „Ich möchte dieses Gefühl, diese Atmosphäre mit meiner Tochter teilen.“ Und Julia? „Die vielen Kerzen, das ist toll.“ Sie will an diesem Abend nicht nach Hause. Und nächstes Jahr auf jeden Fall wiederkommen.